Buch Magazin Oktober 2013
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BELLETRISTIK<br />
DIE WAHRHEIT ÜBER<br />
DEN FALL HARRY<br />
QUEBERT<br />
Es ist der Aufmacher jeder Nachrichtensendung.<br />
Im Garten des<br />
hochangesehenen Schriftstellers<br />
Harry Quebert wurde eine Leiche<br />
entdeckt. Und in einer Ledertasche<br />
direkt daneben: das Originalmanuskript<br />
des Romans, mit<br />
dem er berühmt wurde.<br />
Als sich herausstellt, dass es sich<br />
bei der Leiche um die sterblichen<br />
Überreste der vor 33 Jahren verschollenen<br />
Nola handelt und<br />
Quebert auch noch zugibt, ein<br />
Verhältnis mit ihr gehabt zu<br />
haben, ist der Skandal perfekt.<br />
Quebert wird verhaftet und des<br />
Mordes angeklagt. Der einzige,<br />
der noch zu ihm hält, ist sein ehemaliger<br />
Schüler und Freund<br />
Marcus Goldman, inzwischen<br />
selbst ein erfolgreicher Schriftsteller.<br />
Überzeugt von der Unschuld seines<br />
Mentors - und auf der Suche<br />
nach einer Inspiration für seinen<br />
nächsten Roman - fährt Goldman<br />
nach Aurora und beginnt auf<br />
eigene Faust im Fall Nola zu<br />
ermitteln ...<br />
Autor: Joël Dicker<br />
736 Seiten, gebunden<br />
Piper<br />
Euro 22,99 (D)<br />
Euro 23,70 (A)<br />
sFr 32,90 (UVP)<br />
ISBN 978-3-492-05600-7<br />
GESICHTER<br />
Familienurlaub auf einer griechischen<br />
Insel. Auf der Rückreise wird<br />
der Neurologe Gabor Lorenz am<br />
Hafen von Patras<br />
Zeuge, wie ein<br />
junger Mann auf<br />
einen Lastwagen<br />
springt, um unbemerkt<br />
auf die<br />
Fähre zu gelangen,<br />
mit der auch<br />
Lorenz und seine<br />
Familie nach<br />
Italien übersetzen.<br />
Das Bild lässt Lorenz nicht mehr<br />
los. Während der Überfahrt sucht er<br />
den Mann und wirft eine Tüte mit<br />
Lebensmitteln in den Laster, in dem<br />
der Fremde sich versteckt. Zu spät<br />
fällt ihm ein, dass sich darin auch<br />
Postkarten mit seiner Berliner Anschrift<br />
befinden. Es dauert eine<br />
Woche, bis die erste dieser Karten<br />
bei Familie Lorenz ankommt, abgestempelt<br />
in Modena.<br />
Kurze Zeit später die zweite – mit<br />
Münchner Poststempel. Da weiß<br />
Lorenz, dass der Flüchtling näher<br />
kommt, dass er auf dem Weg ist zu<br />
ihm. Ein diffuses Gefühl von Bedrohung<br />
schleicht sich in Lorenz’<br />
Alltag, das sich als Misstrauen in<br />
alle Lebensbereiche frisst.<br />
Autor: Andreas Schäfer<br />
240 Seiten, gebunden<br />
Dumont<br />
Euro 19,99 (D)<br />
ISBN 978-3-832-19664-6<br />
CLARABOIA ODER WO<br />
DAS LICHT EINFÄLLT<br />
Um „Claraboia oder Wo das Licht<br />
einfällt“ rankt sich eine besondere<br />
Legende, die sicherlich auch marketingtechnische<br />
Gründe hat. So<br />
war dieser Roman angeblich das<br />
Debüt des Literaturnobelpreisträgers<br />
José Saramago. Als er es<br />
1958 veröffentlichen wollten,<br />
hatten die Verlage kein Interesse.<br />
Angeblich verschwand das Manuskript<br />
und geriet in Vergessenheit.<br />
Erst 1999 wurde es wiederentdeckt,<br />
jedoch ließ sich José<br />
Saramago Zeit mit der<br />
Entscheidung, ob sein vergessenes<br />
Erstlingswerk veröffentlicht<br />
werden sollte. Als er 2010 starb,<br />
war die Frage immer noch ungeklärt.<br />
Inzwischen wurde dieses verschollen<br />
gegangene Debüt veröffentlicht,<br />
welches beweist, dass<br />
Saramago schon in jungen Jahren<br />
außergewöhnlich talentiert war.<br />
Bereits das Wort „Claraboia“, das<br />
übersetzt „Dachfenster“ heißt,<br />
lässt Rückschlüsse auf den besonderen<br />
Stil des <strong>Buch</strong>es zu. So<br />
scheint es, als würde man als<br />
Leser selbst durch die Dachfenster<br />
eines Lissaboners Mehrfamilienhauses<br />
des 50er-Jahre schauen<br />
und auf diese Weise intime Einblicke<br />
in die Welt der Protagonisten<br />
erhalten. Es hat etwas fast<br />
Voyeuristisches, wie der Leser<br />
unentdeckt den verschiedensten<br />
Situationen beiwohnen kann.<br />
Aber genau dieser Blick durch<br />
das Schlüsselloch<br />
macht den<br />
Reiz von diesem<br />
Roman<br />
aus.<br />
Nach und nach<br />
lernt der Leser<br />
auf diese<br />
Weise unter<br />
anderem den<br />
klugen Schuster<br />
Silvestre, der<br />
mit seinem Untermieter Abel philosophische<br />
Gespräche führt, die<br />
Prostituierte Lidia und das unglückliche<br />
Ehepaar Emilio und<br />
Carmen kennen. Saramago ist es<br />
gelungen, Figuren zu entwickeln,<br />
die in Erinnerung bleiben und<br />
deren Probleme und Sorgen sich<br />
auch auf heute übertragen lassen.<br />
Gerade diese Allgemeingültigkeit<br />
von Saramagos Geschichte in<br />
Kombination mit einer poetischen<br />
Sprache, die vor dem inneren<br />
Auge des Lesers einen beeindruckenden<br />
Mikrokosmos entstehen<br />
lässt, zeichnet meiner<br />
Meinung nach große Literatur<br />
aus, die über Generationen hinweg<br />
begeistern kann.<br />
Noelle (roterdorn.de)<br />
Autor: José Saramago<br />
352 Seiten, gebunden<br />
Hoffmann und Campe<br />
Euro 22,99 (D)<br />
Euro 23,60 (A)<br />
sFr 36,90 (UVP)<br />
ISBN 978-3-455-40439-5<br />
BUCH-MAGAZIN | 15