Teil D - Hans Joss
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neuroplastische Umbauprozesse die Bildung neuer Synapsen angeregt werden. Um<br />
dies zu erreichen , brauchen Kinder und Jugendliche schwierige Aufgaben, damit sie<br />
daran wachsen und reifen können (Eigenverantwortlichkeit 54 ). Ich stelle meinen<br />
Schülern also Herausforderungen und mache Belohnungen möglich.<br />
- Unser Gehirn ist ein Sozialorgan. Es kommt nach neun Monaten Schwangerschaft<br />
unfertig zur Welt und ist auf nichts so sehr angelegt als darauf, lernen zu können. Um<br />
sich an seine Umwelt optimal anzupassen lernt das Kind zuerst v.a. sozio-emotional,<br />
dann erst mental. Es ist mit Spiegelneuronen ausgestattet, um am Modell lernen zu<br />
können. Das heißt, Lernen ist auch ein gruppendynamisch komplexer Vorgang, es<br />
kommt dabei auf die soziale Kommunikation an. Diese hat nur Aussicht auf Erfolg bei<br />
gegenseitiger Wertschätzung und Respekt 55 . Für mich als Pädagogin heißt das, dass<br />
der Erfolg meiner Arbeit davon abhängt, ob es mir gelingt, die Lerninhalte nicht nur zu<br />
präsentieren, sondern auch Modell zu sein, wie mit diesen umgegangen werden kann.<br />
Bin ich von dem Stoff, den ich vermittle, begeistert, kann ich auch meine Schüler<br />
begeistern (Echtheit, persönliche Authentizität 56 ).<br />
- Dies gilt umso mehr für meine fächerspezifischen Inhalte. Wenn es in meinem Fach<br />
Religionslehre um Werteerziehung, um Leitbilder und Orientierungswissen sowie um<br />
ethisches Urteilen und Handeln geht, so wissen wir aus der Neurobiologie, dass die<br />
Zeit der Pubertät eine lernsensible Phase („neuronales Fenster“) dafür ist, da sich die<br />
dafür verantwortlichen neuronalen Netzwerke des praefrontalen Cortex gerade erst<br />
richtig entwickelt haben. Werte lassen sich nicht einfach „eintrichtern“ und werden auch<br />
nicht besonders schnell gelernt. Für Werte-Lernen und für die Entwicklung sozialer<br />
Kompetenz müssen Inhalte aus dem episodischen Gedächtnis (autobiographische<br />
Erlebnisse, bildhafte Vorstellungen, Erfahrungen und damit verbundene Emotionen)<br />
zur Verfügung stehen. Mit Hilfe dieser Erfahrungsbestände lassen sich<br />
Zusammenhänge zwischen eigenen und fremden sozialen und situativen Kontexten<br />
54 s. ebd. S. 86<br />
55 s. ebd. S. 86<br />
56 s. ebd. S. 86