Juni 2013 - IHK Berlin
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INTERVIEW DES MONATS<br />
„Bürokratische Hürden<br />
sind viel zu hoch“<br />
Abris Lelbach, Inhaber der Lelbach-Holding, gehört unter den Arbeitgebern zu<br />
den Top 100 der Stadt. Dabei haben beide Standbeine, Elpro und GIP, dasselbe<br />
Problem: Sie brauchen die Fachkräfte, die zu den Mangelberufen zählen<br />
FOTOS: KIELMANN<br />
<strong>Berlin</strong>er Wirtschaft: Die Lelbach-<br />
Gruppe ist mit 935 Mitarbeitern in <strong>Berlin</strong><br />
einer der größten Arbeitgeber der<br />
Stadt. Aber viel ist über Ihr Unternehmen<br />
nicht bekannt – abgesehen von<br />
der Elpro, die ja ein Ostberliner Traditionsunternehmen<br />
ist. Welche Firmen<br />
haben Sie in der Holding zusammengeführt?<br />
Abris Lelbach: Wir haben zwei wesentliche<br />
Standbeine: Die Elpro GmbH; die<br />
sich mit der Errichtung von Elektro- und<br />
Automatisierungsanlagen in den Bereichen<br />
Energie, Gas, Verkehr und Bergbau<br />
beschäftigt und die GIP Gesellschaft<br />
für medizinische Intensivpflege mbH.<br />
Die GIP ist ein hochspezialisiertes, medizinisches<br />
Dienstleistungsunternehmen<br />
im Bereich der häuslichen Intensivpflege<br />
mit Schwerpunkt der Versorgung<br />
beatmungspflichtiger Kinder und<br />
Erwachsener.<br />
Das sind ja zwei ganz unterschiedliche<br />
Welten. Warum führen Sie so verschiedene<br />
Geschäftsbereiche in einer Holding<br />
zusammen?<br />
Wir haben nun einmal diese beiden Firmen<br />
und die Zusammenführung unter<br />
ein Dach hat Vorteile. So unterschiedlich<br />
die beiden Themen auch klingen mögen,<br />
beides hat viel mit Logistik sowie Projektund<br />
Prozessmanagement zu tun. Die<br />
Grundprinzipien sind in beiden Branchen<br />
die gleichen: Prozesse müssen verstanden<br />
und organisiert werden. Wir verkaufen<br />
Qualität, ob in der Intensivkrankenpflege<br />
oder im Elektroanlagenbau.<br />
Auf beiden Gebieten sind wir hochgradig<br />
spezialisiert. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit:<br />
In beiden Firmen sind wir<br />
auf Mangelberufe angewiesen. Für die<br />
Elpro suchen wir Ingenieure und Facharbeiter,<br />
für die GIP suchen wir staatlich<br />
examiniertes Pflegepersonal. Letzteres<br />
ist noch schwieriger zu finden.<br />
Wie schaffen Sie es, den Fachkraftbedarf<br />
zu decken?<br />
Wer sagt denn, dass wir es schaffen?<br />
Nein, im Ernst: Ingenieure für die Elpro<br />
zu finden, ist noch möglich. Dabei<br />
kommt uns zugute, dass in <strong>Berlin</strong> von<br />
den Hochschulen auch viele gute Ingenieure<br />
hier am Standort ausgebildet werden.<br />
Aber wir haben bei der GIP leider bei<br />
Weitem nicht so viele Krankenschwestern,<br />
wie wir gern hätten. Insgesamt haben<br />
wir in der gesamten Firmengruppe<br />
bundesweit 300 offene Stellen, im Wesentlichen<br />
im Gesundheitsbereich.<br />
Warum bilden Sie denn nicht selbst<br />
aus, oder finden Sie auch keine Azubis?<br />
Das würden wir gern im Pflegebereich<br />
machen. Aber das geht nicht. Wir brauchen<br />
examinierte Pflegekräfte, und die<br />
können nur in Krankenhäusern ausgebildet<br />
werden. In der medizinischen Intensivpflege<br />
ermöglichen wir zum Beispiel<br />
maschinell beatmeten Menschen<br />
ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen<br />
vier Wänden. Wir verlagern also<br />
die Intensivstation der Krankenhäuser<br />
in ein häusliches Umfeld und sorgen<br />
für professionelle Betreuung rund<br />
um die Uhr. Wir brauchen also wirklich<br />
sehr gut ausgebildetes Fachpersonal. Es<br />
geht nicht um die allgemeine Krankenpflege,<br />
sondern Pflegedienstleistungen<br />
in einer spezialisierten Nische für ausgewählte<br />
schwierige Krankheitsbilder. Das<br />
kann nicht jeder.<br />
Dann ist Ihre Gruppe also Spezialist für<br />
Recruiting in Mangelberufen?<br />
Wir sind auf jeden Fall darauf angewiesen.<br />
Weniger als 0,5 Prozent unserer Angestellten<br />
sind nicht qualifiziert. Beunruhigend<br />
ist vor allem: Es wird ja noch<br />
schlimmer, wenn wir uns die demografische<br />
Entwicklung ansehen. Im Gesundheitsbereich<br />
brennt es schon jetzt richtig.<br />
Was kann man tun?<br />
Die Politik müsste mehr tun. Es wäre<br />
schön, wenn wir ausbilden könnten. Wir<br />
haben auch begonnen, qualifizierte Pflegekräfte<br />
aus dem Ausland zu holen – aus<br />
Spanien, Portugal und Griechenland.<br />
Wir haben bereits 100 Fachkräfte aus<br />
den genannten Ländern erfolgreich in<br />
unsere Gruppe integriert, Tendenz steigend.<br />
Das war nicht leicht, aber immerhin<br />
eine Möglichkeit, durch Eigeninitiative<br />
vor Ort erfolgreich tätig zu sein. Die<br />
bürokratischen Hürden sind dennoch<br />
viel zu hoch.<br />
Was ist so schwierig?<br />
Um in Deutschland arbeiten zu können,<br />
müssen gerade die qualifizierten Pflegekräfte<br />
neben Fachkenntnissen auch<br />
Deutschkenntnisse auf einem Niveau<br />
nachweisen, das meiner Meinung ▶<br />
„ Wir haben<br />
begonnen, qualifizierte<br />
Pflegekräfte<br />
aus dem Ausland<br />
zu holen – aus<br />
Spanien, Portugal<br />
und Griechenland.<br />
“<br />
<strong>Berlin</strong>er Wirtschaft 06-13 I 55