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Juni 2013 - IHK Berlin

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INTERVIEW DES MONATS<br />

nach zu hoch ist. Aber werden nicht alle<br />

Abschlüsse anerkannt, dann müssen<br />

die Prüfungen noch einmal abgelegt<br />

werden. So lange können sie nicht arbeiten.<br />

Wir sind aber auf ihre Hilfe angewiesen.<br />

Deutschland braucht Facharbeiter,<br />

um die hoch entwickelte Infrastruktur<br />

aufrecht zu erhalten. Für mich ist jeder<br />

willkommen, der die Grundverfassung<br />

unseres Landes anerkennt und hier seinen<br />

Beitrag leisten will. Wir brauchen eine<br />

kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften.<br />

Bei Elpro haben Sie das Problem nicht?<br />

Nicht in dem Ausmaß. Aber auch hier<br />

merken wir Beschaffungsprobleme, gerade<br />

im Bereich der Facharbeiter. Ingenieure<br />

kommen immer gern zu uns – auch<br />

weil wir in <strong>Berlin</strong> sitzen.<br />

<strong>Berlin</strong> ist also ein Standortvorteil für<br />

Sie?<br />

<strong>Berlin</strong> ist eine sehr junge und attraktive<br />

Stadt, die Menschen aus aller Welt anzieht.<br />

Aber die Stadt muss auch investieren,<br />

um sich als Industriestandort interessanter<br />

zu machen. Nur von Kunst,<br />

Kultur und Tourismus kann eine Stadt in<br />

der Größenordnung nicht leben.<br />

<strong>Berlin</strong> hat auch eine ausgeprägte<br />

Hochschullandschaft. Profitieren Sie<br />

davon?<br />

Wir arbeiten eng mit der Hochschule<br />

für Technik und Wirtschaft, der HTW,<br />

zusammen und bieten den Studenten<br />

an, bei uns ihre Masterarbeit zu schreiben.<br />

Die Nähe zum akademischen Nachwuchs<br />

wissen wir zu schätzen.<br />

Elpro ist ja ursprünglich der in Ostberlin<br />

beheimatete Teil der AEG gewesen<br />

und ein echtes Traditionsunternehmen.<br />

Früher waren Sie der größte Ausbilder<br />

in Ostberlin. Was ist davon übrig<br />

geblieben?<br />

Bei der GIP können wir ja nur im kaufmännischen<br />

Bereich ausbilden. Bei der<br />

Elpro bilden wir für unseren eigenen Bedarf<br />

an Facharbeitern aus. Derzeit haben<br />

wir dort drei Auszubildende. Noch<br />

bis vor ungefähr zehn Jahren haben wir<br />

über Bedarf ausgebildet. Vor dem Mauerfall<br />

haben tatsächlich 400 junge Leute<br />

bei der Elpro gelernt. Aber jetzt sind wir<br />

ein klassischer Mittelständler und können<br />

das in dieser Dimension nicht mehr<br />

leisten.<br />

„ <strong>Berlin</strong> ist eine sehr junge<br />

und attraktive Stadt.<br />

Aber sie muss auch investieren,<br />

um sich als Industriestandort<br />

interessanter<br />

zu machen.<br />

“<br />

Die Elpro hatte Anfang der Neunzigerjahre<br />

noch 5800 Mitarbeiter. 1996 haben<br />

Sie das Unternehmen übernommen<br />

und saniert. Die Firma hat aber<br />

nicht einmal mehr zehn Prozent der<br />

ehemaligen Belegschaftsstärke. Ist die<br />

Zukunft der Firma dafür aber jetzt gesichert?<br />

Es war nicht leicht damals, das Unternehmen<br />

wieder auf Kurs zu bringen. Wir<br />

mussten es weitestgehend umstrukturieren.<br />

Einige Geschäftsbereiche wurden<br />

abgewickelt, andere verkauft. Man<br />

muss sich von den Teilen trennen, die<br />

für uns als Mittelständler nicht zukunftsfähig<br />

waren, auch wenn es ein schmerzhafter<br />

Prozess ist. Aber sonst wäre das<br />

gesamte Unternehmen gefährdet gewesen.<br />

Heute können wir sagen: Die Restrukturierung<br />

hat funktioniert. Wir haben<br />

damals eine große Bürgschaft vom<br />

Bund und vom Land <strong>Berlin</strong> bekommen.<br />

Vor fünf Jahren konnten wir diese vorzeitig<br />

und unbeschädigt zurückgeben, weil<br />

wir ein Wachstumsunternehmen geworden<br />

sind.<br />

Mit welchen Raten wächst der Umsatz?<br />

Für 2012 konnten wir in der Gruppe unseren<br />

bisher höchsten Umsatz verbuchen<br />

– 163 Millionen Euro. Wir werden<br />

diese Zahl in diesem Jahr aber nicht halten<br />

können. Im Anlagenbau gibt es nun<br />

einmal Umsatzschwankungen aufgrund<br />

der langen Projektzeiträume und Abrechnungsperioden.<br />

Wir sind aber sehr<br />

zufrieden. Wir sind unbeschadet durch<br />

die Krise gekommen und rechnen langfristig<br />

weiterhin mit einem Wachstum<br />

zwischen drei und fünf Prozent. Ende des<br />

Jahres planen wir über 3000 Mitarbeiter<br />

in der Gruppe zu beschäftigen.<br />

Das klingt solide.<br />

Ja, die Elpro ist schließlich auch in<br />

wachstumsträchtigen Geschäftsgebieten<br />

tätig, in der Energieerzeugung, der Energieverteilung,<br />

der Bahnstromversorgung,<br />

bei Gas und im Bergbau. Wir haben ein<br />

schönes Portfolio an sehr interessanten<br />

Betätigungsfeldern.<br />

Wie erfolgreich sind Sie im Ausland?<br />

Wir sind ein mittelständisches Unternehmen,<br />

für das in erster Linie Deutschland<br />

sehr wichtig ist. Allerdings ist der<br />

heimische Markt schon sehr reif und gesättigt.<br />

Wachstum erwarten wir daher in<br />

den kommenden Jahren eher im Ausland.<br />

In welchen Regionen sind Sie aktiv?<br />

Unternehmen unserer Größe haben<br />

nicht die Kraft mal eben nach Südamerika,<br />

China und Indien zu gehen. Wir konzentrieren<br />

uns auf den ehemaligen GUS-<br />

Raum. Der ist für uns sehr interessant.<br />

In Moskau haben wir vor einigen Jahren<br />

eine Firma gekauft, um näher an unseren<br />

dortigen Kunden zu sein. Dort sitzen<br />

jetzt 35 Mitarbeiter. Auch in Kasachstan<br />

haben wir eine Vertretung. Und<br />

derzeit engagieren wir uns stark in Aserbaidschan.<br />

In Dubai und in Baku sind wir<br />

ebenfalls vertreten, von hier aus betreuen<br />

wir die Golfregion und Zentralasien.<br />

Warum ausgerechnet diese Länder?<br />

Dort besteht ein erheblicher Bedarf. Der<br />

industrielle und der energetische Ausrüstungsstandard<br />

ist in Russland zum Beispiel<br />

wesentlich niedriger als in Deutschland.<br />

Und wir kennen uns mit der russischen<br />

Basistechnologie sehr gut aus.<br />

Außerdem schätzen unsere Kunden dort<br />

die hochwertige deutsche Ingenieurskunst<br />

und die deutschen Tugenden. Daran<br />

haben auch die Schwierigkeiten um<br />

den <strong>Berlin</strong>er Flughafen nichts geändert.<br />

Interview: Katharina Lehmann<br />

und Michael Gneuss<br />

FOTO: KIELMANN<br />

56 I <strong>Berlin</strong>er Wirtschaft 06-13

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