Download ( PDF | 4649 KB ) - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Download ( PDF | 4649 KB ) - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Download ( PDF | 4649 KB ) - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
E u r o p a<br />
Menschen sind als Deutschland Einwohner<br />
hat“, sagte Ilves. „Und dieser Prozentsatz wird<br />
steigen. Die Frage ist, wo wir in 20 Jahren sein<br />
werden.“ Das gegenwärtige Denken in <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union darüber, wohin Europa gehen<br />
werde, sei kein Grund für Optimismus. „Aus<br />
zwei Gründen“, führte <strong>der</strong> Staatspräsident Estlands<br />
aus: „Ein Grund ist das Scheitern <strong>der</strong> EU<br />
beim Erreichen <strong>der</strong> Lissabon-Ziele, also bei <strong>der</strong><br />
Weiterentwicklung von Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Und zweitens entwickelt die<br />
EU einen gefährlichen Hang zu Protektionismus<br />
– und zwar nach außen und nach innen.“<br />
Ilves verdeutlichte in diesem Zusammenhang<br />
die Situation Estlands. Das Land habe mit Blick<br />
auf die eigene Infrastruktur binnen kürzester<br />
Zeit nach <strong>der</strong> Sowjetherrschaft bis Mitte <strong>der</strong><br />
Neunziger Jahre eine Infrastruktur aufgebaut,<br />
die deutlich über dem Durchschnitt <strong>der</strong> EU-<br />
Län<strong>der</strong> liege. Im Bankensektor habe Estland bis<br />
zur Jahrtausendwende sogar ein Niveau erreicht,<br />
das nur wenige Län<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union erreichten. Große Fortschritte habe<br />
Estland auch hinsichtlich <strong>der</strong> Versorgung<br />
mit Internetanschlüssen gemacht. Im kom -<br />
men den Jahr werde in jedem Winkel des Landes<br />
<strong>der</strong> Zugang zum World Wide Web möglich<br />
sein, berichtete Ilves. Aber die Fortschritte, die<br />
sein Land gemacht habe, machten nicht jeden<br />
glücklich. Die hohe Effizienz etwa im Bankensektor<br />
habe dazu geführt, dass weniger Mit -<br />
arbeiter benötigt würden. „97 Prozent aller<br />
Banktransaktionen finden bei uns inzwischen<br />
im Internet statt – natürlich braucht man dann<br />
weniger Mitarbeiter an den Bankschaltern.“<br />
Auch eine große Zahl von Arbeitern sei durch<br />
technologische Innovationen überflüssig geworden.<br />
Dies könne bei jährlichen Wachstumsraten<br />
von acht bis zehn Prozent zwar noch kompensiert<br />
werden. Das Problem <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />
sei dank <strong>der</strong> hohen Wachstumsraten relativ<br />
gering ausgeprägt. „Aber nichtsdestotrotz<br />
ist dies ein Problem für Län<strong>der</strong>, die bereits eine<br />
hohe Arbeitslosigkeit haben und ihre Effizienz<br />
nicht weiter steigern wollen“, betonte Ilves.<br />
„Estland aber hat durch die starke Betonung<br />
<strong>der</strong> Informationstechnologie wirtschaftlich<br />
schneller aufholen können als ohne.<br />
funktioniere heute nicht mehr, weil <strong>der</strong> Kostenvorteil<br />
inzwischen nicht mehr so groß sei. „Wir<br />
müssen neue Technologien erfinden, wir müssen<br />
innovativ sein.“ Und um dieses Ziel zu erreichen,<br />
benötige auch Estland mehr technische<br />
Intelligenz und Wissen. „Ja, wir haben Skype erfunden.<br />
Aber mein Land fällt – wie die ganze<br />
Europäische Union – in Sachen Innovationen<br />
und Wissenschaft zurück“, mahnte Ilves. „Technische<br />
Innovationen kommen vor allem aus<br />
den Vereinigten Staaten von Amerika. Und die<br />
USA sind selbst darauf angewiesen, den Brain<br />
Drain von Europa, China und Indien zu nutzen,<br />
um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.“<br />
Ilves erinnerte daran, dass die Situation vor 150<br />
Wir müssen viele Probleme auf<br />
europäischer Ebene lösen<br />
Jahren eine völlig an<strong>der</strong>e gewesen sei. „Es war<br />
Deutschland, das die großen Physiker und Ingenieure<br />
und auch die großen Erfindungen und<br />
Innovationen hervorgebracht hat. Europa war<br />
<strong>der</strong> Innovator.“ Dies sei heute an<strong>der</strong>s. Nicht nur,<br />
weil die Europäer sich aus diesen Fel<strong>der</strong>n zurückgezogen<br />
hätten, son<strong>der</strong>n weil die jungen<br />
Wissenschaftler in die Vereinigten Staaten gingen.<br />
„Die klügsten Köpfe verlassen Europa –<br />
und zugleich sperren wir uns gegen Einwan<strong>der</strong>er“,<br />
kritisierte Ilves.<br />
Der estnische Staatspräsident machte deutlich,<br />
dass Europa sich mit Blick auf den Wettbewerb<br />
als einheitlichen Wirtschaftsraum begreifen<br />
müsse. „Da gibt es kein altes und kein neues<br />
Europa – wir konkurrieren als Europa. Und das<br />
bedeutet, dass wir viele Probleme auf europäischer<br />
Ebene lösen müssen.“ Wenn die Qualität<br />
von Dienstleistungen und Innovationen nicht in<br />
ganz Europa verbessert würde, sei dies ein Pro-<br />
In jedem Winkel<br />
des Landes Zugriff auf<br />
das World Wide Web<br />
„Aber das reicht nicht mehr“, sagte Ilves. „Wir<br />
müssen jetzt beginnen, selber Innovationen zu<br />
entwickeln, weil auch Estland nicht länger da -<br />
rauf setzen kann, einfach nur niedrigere<br />
Arbeitskosten zu haben, um wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben.“ Was vor 15 Jahren geklappt habe,<br />
III/2007 trend<br />
13