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<strong>Schweiz</strong>er Lokindustrie<br />
Die C 5/6, der „Elefant“, war die größte Dampflok in der <strong>Schweiz</strong>. In<br />
den 60er-Jahren fuhr sie nurmehr in untergeordneten Diensten. Die abgebildete<br />
C 5/6 2978 zog auch am 30. November 1968 den letzten<br />
Dampfzug der SBB; sie blieb betriebsfähig erhalten Slg. Andreas Knipping<br />
Die 1.000. Lok der SLM im Jahr 1896 war eine elegante dreizylindrige<br />
Verbund-Schnellzuglok für die Jura-Simplonbahn (JS). Mit 147 Exemplaren<br />
war die B 3/4 die größte Dampflokserie der SBB, das letzte<br />
Exemplar kam erst 1945 aufs Abstellgleis Slg. Dr. Daniel Hörnemann<br />
Slg. Toni Burger<br />
elektrische Ausrüstung in<br />
Drehstromtechnik (Dreiphasenwechselstrom)<br />
für bedeutende<br />
Bergbahnen jener Zeit,<br />
wie die Gornergrat- und die<br />
Jungfraubahn (1898) sowie<br />
die Stansstad–Engelberg-<br />
<strong>Bahn</strong> (1899).<br />
Inzwischen war es dem<br />
technischen Direktor der<br />
MFO, Hans Behn-Eschenburg,<br />
gelungen, einen Einphasen-Motor<br />
zu entwickeln,<br />
der direkt mit<br />
Wechselstrom betrieben<br />
werden konnte. Die MFO rüstete in den Jahren<br />
1905 und 1906 ihre Versuchslokomotiven „Eva“<br />
und „Marianne“ damit aus und elektrifizierte<br />
1907 die an ihre Werkstätten angrenzende Strecke<br />
von Seebach nach Wettingen mit Einphasen-<br />
Wechselstrom. Dort konnte sie unter kritischer<br />
Beobachtung der internationalen Fachwelt beweisen,<br />
dass ein elektrischer Zugbetrieb auch mit<br />
einer wesentlich einfacheren einphasigen Oberleitung<br />
möglich ist.<br />
Während die MFO nun den Wechselstrom<br />
favorisierte, hielt die BBC weiterhin am Drehstrom<br />
fest und elektrifizierte bis 1906 auf eigene<br />
Kosten die Strecke von Brig nach Iselle<br />
durch den 20 km langen Simplontunnel mit<br />
der zweiphasigen Oberleitung (3,3 kV,<br />
16 2/3 Hz). Zum Einsatz kamen dort allerdings<br />
keine Lokomotiven von BBC, sondern<br />
bei den SBB als Fb 3/5 bezeichnete Stangenloks<br />
des ungarischen Herstellers Ganz&Cie.<br />
Während die SBB nicht unter Zeitdruck<br />
standen, musste die Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong><br />
(BLS) recht kurzfristig ein Stromsystem<br />
für die Lötschbergstrecke auswählen,<br />
die 1913 in Betrieb gehen sollte. Die aus heutiger<br />
Sicht vollkommen richtige Entscheidung<br />
fiel zugunsten der einpoligen Oberleitung aus,<br />
und die MFO erhielt 1911 gemeinsam mit der<br />
SLM den Auftrag zum Bau einer 13 Lokomotiven<br />
umfassenden Serie Fb 5/7 (später<br />
Be 5/7), die mit ihrer Leistung von 1.838 kW<br />
als die damals stärksten Loks der Welt galten.<br />
Aus terminlichen Gründen wurde auch die<br />
BBC mit der Lieferung elektrischer Komponenten<br />
in die Fertigung mit einbezogen. Im<br />
Betrieb bewährten sich die Lokomotiven be-<br />
Die ersten beiden elektrischen Vollbahnlokomotiven der Welt lieferte BBC im Jahre 1899 als<br />
D 2/2 an die Burgdorf-Thun-<strong>Bahn</strong>. Die Loks leisteten 200 kW; man konnte sie nur in zwei im<br />
Stand einzustellenden Geschwindigkeitsstufen (17,5 und 35 km/h) betreiben Slg. Marcus Niedt<br />
reits im ersten Betriebsjahr so gut, dass sich die<br />
SBB, forciert durch die Kohleknappheit im<br />
Ersten Weltkrieg, für die Elektrifizierung der<br />
Gotthardbahn entschieden, wobei auch das<br />
Wechselstromsystem verwendet werden sollte.<br />
Die BBC schwenkte nun ebenfalls um, so<br />
dass die Drehstromepoche auf den <strong>Schweiz</strong>er<br />
Gleisen mit der Elektrifizierung der letzten<br />
Strecke von Brig nach Sion 1919 ihr Ende<br />
fand. Fast alle Strecken mit zweipoliger Oberleitung<br />
wurden in den 30er-Jahren umelektrifiziert,<br />
die Jungfrau- und die Gornergratbahn<br />
sind aber noch heute Zeugen der<br />
Drehstromepoche in der <strong>Schweiz</strong>.<br />
Für die nächsten Jahrzehnte bestimmten<br />
vier große <strong>Schweiz</strong>er Unternehmen den Bau<br />
der einheimischen Lokomotiven. Die SLM<br />
war stets alleine für den mechanischen Teil verantwortlich,<br />
während die MFO, die BBC und<br />
die ab 1924 eigenständige ehemalige BBC-<br />
Tochter Société Anonyme des Ateliers de Sécheron<br />
(SAAS) aus Genf den elektrischen Teil<br />
übernahmen. Dabei standen die drei Hersteller<br />
der elektrischen Komponenten nicht unbedingt<br />
miteinander in einem direkten Wettbewerb,<br />
sondern teilten den großen Kuchen<br />
oftmals unter sich auf. Auf dem Wagensektor<br />
wurde 1899 die <strong>Schweiz</strong>erische Waggonfabrik<br />
Schlieren gegründet. Ab 1903 erteilten die<br />
SBB große Aufträge zum Bau einheitlicher Personenwagen<br />
an die „Wagi“, wie sie im Volksmund<br />
in Anlehnung an die „Loki“ (SLM) genannt<br />
wurde. 1906 konnte der 1000., 1909<br />
der 2000. Wagen geliefert werden.<br />
Pionierleistungen im Ellok-Bau<br />
Die größte Herausforderung an die Lokomotivindustrie<br />
war der Bau der Lokomotiven für<br />
die Gotthardbahn in einer Leistungsklasse, die<br />
es auf der Welt bis dahin noch nicht gegeben<br />
hatte. Pünktlich zum Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten<br />
im Jahre 1920 standen die<br />
ersten Loks der neuen Serien betriebsbereit auf<br />
den Schienen. Für den schnellen Personenverkehr<br />
baute die SLM gemeinsam mit der<br />
BBC 40 Exemplare der Serie Be 4/6, während<br />
die insgesamt 51 weltberühmten Krokodile<br />
(Serien Ce 6/8 II und Ce 6/8 III ) für Güterzüge<br />
von SLM und MFO hergestellt wurden.<br />
Noch während diese großen Elloks mit Stangenantrieb<br />
in den Fertigungshallen standen, hatte<br />
der <strong>Schweiz</strong>er Jakob Buchli als Oberingenieur<br />
<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />
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