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Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />
Anfang der 90er-Jahre setzten die SBB planmäßig Pendelzüge mit Elloks Re 4/4 I im Seetal ein. Vorzugsweise verwendeten sie rote Maschinen,<br />
die für die Autofahrer „nebenan“ auffälliger waren (Bild mit Zug 6028 bei Birrwil, Juli 1991)<br />
Dr. Dietmar Beckmann<br />
sogar Schnellzüge (Wildegg – Luzern) auf die<br />
Strecke. Die bedeutendste Innovation war aber<br />
die Elektrifizierung der Strecke im Jahre 1910,<br />
und zwar nicht mit dem damals für Nebenbahnen<br />
üblichen Gleichstrom oder dem von<br />
der Firma BBC favorisierten Drehstrom mit<br />
zweiphasiger Oberleitung, sondern bereits mit<br />
dem noch kaum erprobten, aber zukunftsweisenden<br />
Einphasenwechselstrom (5.500 V,<br />
25 Hz). Neben Holzmasten wurden moderne<br />
Stahlmasten aufgestellt, die teils über 100 Jahre<br />
(bis 2011 in Boniswil) in Betrieb blieben.<br />
Zahlreiche kleine Industriebetriebe siedelten<br />
sich entlang der Strecke an, so dass die <strong>Bahn</strong> mit<br />
ihren geringen Betriebskosten zur rentabelsten Eisenbahn<br />
der <strong>Schweiz</strong> aufstieg. Infolge der Kohleknappheit<br />
im Ersten Weltkrieg fuhren sogar<br />
Durchgangsgüterzüge durchs Seetal. Das ungewöhnliche<br />
Konzept war zumindest in wirtschaftlicher<br />
Hinsicht voll aufgegangen, hatte allerdings<br />
aber auch zur Folge, dass die <strong>Schweiz</strong>erischen<br />
Bundesbahnen (SBB) von ihrem Rückkaufrecht<br />
Gebrauch machten und die Strecke zum 1. Januar<br />
1922 ihrem Netz einverleibten.<br />
Die Elektrifizierung der Seetalbahn geschah 1910 mit abenteuerlich aufgerüsteten Personenund<br />
Güterwagen. Den Bauzug bespannte die Dampflok E 3/3 51, die von der BBC als Wiedergutmachung<br />
für Planungsverzögerungen ins Seetal entsandt wurde<br />
Slg. Daniel Amman<br />
nach Wildegg zur Anbindung an die Hauptbahn<br />
Zürich – Bern. Zudem verschaffte die<br />
SThB den Zügen ein hochmodernes Image, indem<br />
sie beispielsweise erstmals in Europa ihre<br />
Dampfloks mit elektrischen Lampen ausrüstete.<br />
Sie kaufte darüber hinaus vierachsige Großraum-Drehgestellwagen,<br />
Speisewagen (1904),<br />
einen Salonwagen (1913) und schickte ab 1913<br />
Krokodile und Gepäcktriebwagen<br />
Um das zunehmende Güteraufkommen zu bewältigen,<br />
brauchte die Seetalbahn nun neue Lokomotiven,<br />
die eine hohe Zugkraft und zugleich<br />
eine gute Kurvengängigkeit aufweisen mussten.<br />
Das Anforderungsprofil entsprach im Prinzip<br />
demjenigen der berühmten Gotthard-Krokodile,<br />
allerdings auf deutlich geringerem Niveau. So<br />
entstanden im Jahre 1926 als kleine Schwestern<br />
der großen, 130 Tonnen schweren „Reptile“ drei<br />
kleine, nur 73 Tonnen schwere „Krokodilchen“<br />
der Serie De 6/6, deren Vorbauten in antriebstechnischer<br />
Hinsicht je einer Rangierlok der<br />
Baureihe Ee 3/3 entsprachen. Sie waren bereits<br />
für die 1930 durchgeführte Umstellung der Seetalbahn<br />
auf die übliche Fahrdrahtspannung von<br />
15.000 V bei 16 Hz vorbereitet. 57 Jahre lang,<br />
bis 1983, blieben die kleinen Krokodile der See-<br />
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