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extra<br />

Fotos: Uli Deck, Caroline Seidel (beide dpa/picture-alliance), imago stock & people, privat<br />

„Viele kennen ihre Rechte<br />

heute viel besser“<br />

Wer mit Entscheidungen der<br />

Rentenkasse nicht einverstanden<br />

ist, sollte dies immer<br />

prüfen lassen, rät der Rentenberater<br />

Johann L. Walter.<br />

Gerade im Rentenrecht werden<br />

ständig neue Urteile veröffentlicht.<br />

Kann man als Rentner oder<br />

Arbeitnehmer überhaupt alle wichtige<br />

Urteile überblicken?<br />

WALTER Nein, das ist nicht möglich.<br />

Aber auffällig ist auch, dass heute<br />

viel mehr Menschen viel informierter<br />

sind als früher, gerade im<br />

Rentenrecht.<br />

Wann sollte man sich als Rentner<br />

oder Arbeitnehmer gezielt selbst<br />

informieren?<br />

WALTER Immer dann, wenn man<br />

mit einer Entscheidung der Rentenkasse<br />

nicht zufrieden ist – ganz egal<br />

ob es das Anerkennen von Zeiten<br />

im Versicherungsverlauf oder der<br />

eigentliche Rentenbescheid ist. Ist<br />

man nicht einverstanden, sollte<br />

man sich professionell beraten lassen<br />

– von einem spezialisierten Anwalt<br />

oder einem privaten Rentenberater.<br />

Aber oft ist man mit einer Entscheidung<br />

der Rentenkasse nicht<br />

zufrieden, kennt aber kein passendes<br />

Gerichtsurteil.<br />

WALTER Gerade deshalb sollte man<br />

immer auf dem Laufenden bleiben.<br />

Es gibt immer Musterverfahren.<br />

Entweder man hängt sich dort<br />

dran und hat dann gute Chancen,<br />

weil man quasi „ein eigenes Urteil“<br />

erhält. Oder man weist die Rentenkasse<br />

auf das Musterverfahren hin,<br />

um dessen Ausgang abzuwarten.<br />

Und, ganz wichtig: Gegen eine Entscheidung<br />

der Rentenkasse, die sich<br />

später als falsch herausstellt, kann<br />

man mit einem Überprüfungsantrag<br />

vorgehen. Damit stellt man sicher,<br />

dass man immer nach dem aktuellen<br />

Rechtsstand beurteilt wird.<br />

Urteile bei Erwerbsminderung<br />

● Arbeitnehmer, die<br />

Rente wegen teilweiser<br />

Erwerbsminderung<br />

erhalten, bekommen<br />

eine volle<br />

Rente, wenn sie keine<br />

Beschäftigungschance<br />

haben.<br />

LSG Saarland,<br />

Az. L 7 RJ 64/04<br />

➞ Tipp: Der Rentenkasse<br />

die Bemühungen<br />

um einen Job nachweisen<br />

(Bewerbungen,<br />

Absagen) und über<br />

die Arbeitsagentur die<br />

Unvermittelbarkeit<br />

bescheinigen lassen.<br />

● Bezieher von Hartz<br />

IV, die wegen gesundheitlicher<br />

Einschränkungen<br />

für nicht<br />

mehr vermittelbar gehalten<br />

werden, haben<br />

dennoch nicht automatisch<br />

Anspruch<br />

auf Rente wegen Erwerbsminderung.<br />

SG Mainz,<br />

Az. S 10 R 489/10<br />

➞ Wichtig: Aussicht auf<br />

EM-Rente besteht nur,<br />

wenn man dem Antrag<br />

auch ärztliche Atteste<br />

beilegt. Die Arbeitsunfähigkeit<br />

immer genau<br />

dokumentieren.<br />

● Eine befristete Rente<br />

wegen Erwerbsminderung<br />

darf nicht<br />

wegen nachträglichen<br />

Weihnachts- oder<br />

Urlaubsgeldes gekürzt<br />

werden. Entscheidend:<br />

Der EM-<br />

Rentner geht keiner<br />

Beschäftigung nach,<br />

erhält kein Entgelt<br />

und keine Weisung.<br />

BSG Kassel, Az. B 13<br />

R 81/11 R<br />

➞ Wichtig für Erwerbsgeminderte,<br />

die<br />

kurz in Rente sind: Oft<br />

gibt es noch Anspruch<br />

aus dem alten Job.<br />

Grundsätzlich müssen<br />

Extrazahlungen, die<br />

noch aus dem alten<br />

Job stammen, der<br />

Rentenkasse nicht<br />

gemeldet werden.<br />

● Ein von seiner Ehefrau<br />

getrennt lebender<br />

Rentner, der Trennungsunterhalt<br />

zahlt,<br />

kann Betrag anrechnen,<br />

der für eigene<br />

Pflege aufgewendet<br />

wird. Kosten für eine<br />

Haushaltshilfe gelten<br />

bei zu 80 % behinderten<br />

und pflegebedürftigen<br />

Rentnern als<br />

„krankheitsbedingter<br />

Mehraufwand“.<br />

OLG Saarland,<br />

Az. 6 UF 35/07<br />

➞ Wichtig: Der Antrag<br />

auf Befreiung muss<br />

ans Familiengericht<br />

gerichtet werden.<br />

Dort muss auch die<br />

Pflegebedürftigkeit<br />

nachgewiesen werden.<br />

Bescheinigungen über<br />

Schwerbehinderung<br />

helfen auch.<br />

● Eine Rente wegen<br />

voller Erwerbsminderung<br />

ist nicht befristet,<br />

sondern auf Dauer<br />

zu zahlen, wenn<br />

alle Behandlungen<br />

ausgeschöpft sind,<br />

es unwahrscheinlich<br />

ist, dass die Erwerbsfähigkeit<br />

behoben<br />

werden kann.<br />

SG Stuttgart,<br />

Az. S 9 R 7935/09<br />

➞ Wichtig: Rechtzeitig<br />

bei der Rentenkasse<br />

um Entfristung der<br />

EM-Rente bemühen.<br />

● Wer aus gesundheitlichen<br />

Gründen nur begrenzte<br />

Wege zurücklegen<br />

kann, erhält keine<br />

Rente wegen Erwerbsminderung,<br />

wenn die<br />

Rentenkasse die Fahrtkosten<br />

übernimmt.<br />

Hessisches LSG,<br />

Az. L 5 R 28/09<br />

➞ Wichtig: Wer noch<br />

eine gewisse Stundenzahl<br />

arbeiten kann,<br />

sollte zuerst auf eine<br />

teilweise EM-Rente<br />

setzen. Die ist unabhängig<br />

davon, wer die<br />

Fahrtkosten zahlt. Eine<br />

Teil-Rente lässt sich<br />

schneller in eine volle<br />

Rente umwandeln.<br />

● Wer nach schwerer<br />

Krankheit in das<br />

Erwerbsleben zurückkehrt,<br />

hat auch<br />

Anspruch auf Rente<br />

wegen Erwerbsminderung,<br />

wenn man<br />

nach der Wiedereingliederung<br />

nur wenige<br />

Wochen voll gearbeitet<br />

hat.<br />

SG Düsseldorf, Az.<br />

S 52 (10) R 191/10<br />

➞ Wichtig: Der Beginn<br />

der Krankheit gilt dann<br />

als Termin für den Eintritt<br />

der Erwerbsunfähigkeit,<br />

wenn man diese<br />

rückwirkend anerkennen<br />

lässt. Der Trick: In den<br />

letzten fünf Jahren vor<br />

Eintritt benötigt man<br />

nur mindestens drei<br />

Jahre Pflichtbeiträge;<br />

viele Langzeit-Kranke<br />

haben sonst mit dieser<br />

Frist Probleme.<br />

1 / 2013<br />

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