Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr. A. S. 5 e lt 111 t ur <strong>Lehre</strong> vorn Urkirndenbewoise. 6<br />
nicht der Bewisführär die tattgelsabe Begebung der Urkunde<br />
an ihn und die Umstände, durch welche die Urkunde<br />
wieder in den Besitz des Schreibers zurückgelangt sei u. s. w.,<br />
behauptete und unter Beweis stellte. Es ist eben nicht<br />
die Existenz der Urkunde, sondern ihre Begebung, welche<br />
die Willenserklärung ist, und weiche daher bewiesen werden<br />
muss von dem, der die Willenserklärung behauptet.<br />
Bei der Führung dieses Beweises kommt nun aber im<br />
Gegensatze zum altdeutschen formalen Beweisrechte das heute<br />
geltende Princip der freien Beweiswürdigung dem Behauptenden<br />
erleichternd zu Hilfe, nach welchem jedes Indiz für die<br />
.stattgehabte Begebung zulässig und beweiswirksain ist.<br />
Das einfachste Indiz für dieselbe ist der Besitz der<br />
Urkunde durch den Destinatär. Zwar gibt es keine .Rcchtsvermuthung<br />
in dieser Beziehung, wie sie mit der früheren<br />
Legaltheorie auch heute wohl noch behauptet wird ' 2"), aber<br />
auch nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wird dieses<br />
Indiz regelmässig, nämlich dann, wenn der Gegner zu dessen<br />
Entkräftung in der contradietorischen Verhandlung nichts anzuführen<br />
und zu beweisen vermag, ausreichen. 122)<br />
- Dass aber auch der Besitz kein nothwen(liges Indiz der<br />
stattgehabten Abgabe der Wilienserldärung ist, zeigt sieh<br />
sofort, wenn etwa Jemand sich auf einen gefundenen Schuldschein<br />
oder auf einen ihm von einem Dritten übermi(telten,<br />
<strong>vom</strong> Aussteller nicht abgesandten Brief beriefe. Auf der anderen<br />
Seite kann freilich auch positive Gesetzesvorschrift an den<br />
blossen Besitz einer Urkunde die Rechtsvermuthnng nicht nur<br />
der stattgehabten Begebung derselben, sondern im öffentlichen<br />
Interesse eine darüber noch hinausgehende Rechtsvermuthung<br />
knüpfen. 115)<br />
• Auch andere Indizien können für die stattgehabte Begebung<br />
hinzutreten, wie etwa der Posttempel der Aufgabe<br />
und Ausgabe eines . Briefes, ja, sie können den fehlenden Besitz<br />
122)<br />
Z. B. Bähr, Urk.-Bew.47.— Dag. CPO. §250 a.E.G. z. OPO. . 14, 1.<br />
III') Richtig, wenn nach nicht ganz scharf formulirt das Erkcnntniss des<br />
Oberlandesgerichtes Dresden, in Seuffs Arch., »cl. XX, Nr. 117.<br />
128) So beweist der blosse Bbsitz einer vollstreckbaren Urkundenausfcrtigong<br />
durch den Gerichtsvollzieher den uneingeschränkten Aoftrag zur Zwangsvollstreckung.<br />
C1'O. §. 676.. ... .<br />
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