Zur Lehre vom Urkundenbeweise
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Prof. Dr. A -5. Schultz e: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> vöiü Urkundenheweise. 81<br />
Die „Materia1in" des Gesetzes zunächst, wenn sie auch<br />
keinen authentischen Aufschluss über.seinen Sinn geben können,<br />
sind doch in einem Falle, wo der Ausdruck des letzteren so<br />
anerkannt unglücklich ist und so verschieden gedeutet wird<br />
wie hier, für das, was der Gesetzgeber hat sagen wollen, nicht<br />
ohne Bedeutung. In der Begründung des Entwurfes wird in<br />
Uebereinstimmung mit der von der CPO. in der ganzen Materie<br />
des <strong>Urkundenbeweise</strong>s befolgten Tendenz hervorgehoben; dass<br />
nur die formelle Beweiskraft, d. h. der Echtheitsbeweis und<br />
nicht die materielle Beweiskraft der Urkunden (mit Ausnahme<br />
der öffentlichen Zeugnisse) gesetzlich geregelt, und vor Allem<br />
jegliche Berührung privatrechtlicher Sätze über das Zustaiidbkommen<br />
und die Wirksamkeit von Willenserklärungen vei4<br />
-mieden werden solle. Rücksichtlich des §. 381 wird noch besonders<br />
betont, dass auch er nur die formelle Beweiskraft :der<br />
.Privaturkunden (welche ihre Echtheit ist) betreffe, und zu seiner<br />
Motivirung angeführt (Begr. S. 265): es entspreche dem wirklichen<br />
Hergang, dass die Perfection •der U k iinde (nicht etwa<br />
die Perfection einer Erklärung oder eines Rechtsgeschäftes) mit<br />
der Unterschrift abgeschlossen werde. Die Motive wollen also<br />
sagen: da die Unterschrift regelmässig zuletzt auf's Papier gesetzt<br />
wird, so rechtfertigt es sich, dass der Unterzeichner in<br />
allen Fällen den über seiner Unterschrift stehenden Text als<br />
von sich herrührend gelten lassen müsse - also lediglich ein<br />
Grund für die Echtheit der in der Urkunde zu lesenden<br />
-Aeusserung und nicht eine Verniuthung dafür, dass diese<br />
-Aeusserung auch begeben und dadurch zum Inhalte einer abgegebenen<br />
Erklärung gemacht sei. In der Debatte der Reichstagseommission<br />
wies dann der Abgeordnete BäWr mit Recht<br />
auf die Zweideutigkeit des Ausdruckes hin. Solle das: die Er-<br />
-klärung 0abgeben" bedeuten „niedergeschrieben', dann sei das<br />
sehr richtig, aber überflüssig auszusprechen (wegen §. 405,<br />
-Abs. 2). Solle das abgegeben" aber im rechtlichen Sinn verstanden<br />
werden, dann sei die Regel in dieser Allgemeinheit<br />
unrichtig, da bei vielen Urkunden, namentlich bei allen einseitig<br />
ausgestellten, noch hinzukommen müsse, dass die Urkunde<br />
„abgegeben" werde. Der Regierungs-Commissär hob darauf hervor,<br />
dass der Paragraph sich mit der rechtlichen Bedeutung<br />
der Urkunde gar nicht befassen wolle, und äusserte sich über<br />
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