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Zur Lehre vom Urkundenbeweise

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76 Prof. Dr. Ä. S. S c u t 0: <strong>Zur</strong> <strong>Lehre</strong> vorn <strong>Urkundenbeweise</strong>.<br />

Notar oder sonst in besonders feierlicher Form abgegeben ist.<br />

Soweit solche Indizien ausreichend vorhanden sind, hat der<br />

Gegner sie natürlich durch Gegenbeweis zu entkräften. Aber<br />

alle diese Indicien können auch von vorneherein fehlen. Wenn<br />

Jemand ein Papier producirt, auf welchem ein Schuldschein,<br />

eine Wechsel- oder Connossementserklärung zu lesen ist, welches<br />

sich augenscheinlich als Ausschnitt aus einem Schreibebuche,<br />

oder aus einem Uebungsbuche eines Fortbildungsschülers darstellt,<br />

kenntlich etwa an der auf der Rückseite stehenden anderweiten<br />

Schrift, den mit rother Tinte corrigirten orthographischen<br />

Fehlern ii. s. w., oder welches sich äusserlich sofort als eine<br />

Seminararbeit erkennen lässt, so sind der Besitz der Urkuide,<br />

ihr verständiger Inhalt, die Unterschrift u. s. w. keine Indicien<br />

dafür, dass der Schreiber ein Schuldbekenntniss, eine Wechseloder<br />

Connossementserklärung habe abgeben wollen, und der Richter<br />

wird trotz aller jener Umstande der Urkunde weiter nichts<br />

entnehmen, als dass der Schreiber und Unterschreiber diese<br />

Schriftzüge zu Papier gebracht hat,, sofern ihm nicht andere<br />

Umstände dargethan werden, welche auf eine stattgehabte<br />

Willenserklärung schliessen lassen. Und zwar wird der Richter<br />

dieses auch im Versäumnissverfahren thun, wo ja von einer<br />

Gegenbeweisführung nicht die Rede ist.<br />

Auch hier zeigt sieh also, dass die Schrift und ihre blosse<br />

Existenz keineswegs immer, d. h. nicht an und für sieh beweisen,<br />

dass ihr Inhalt der Ausdruck eines rechtsbegritndenden<br />

Willens war, sondern dass auch dieses nur aus begleitenden<br />

Umständen geschlossen werden kann, wenn auch diese Umstände<br />

in den häufigsten Fällen schon durch den Besitz und die Produetion<br />

der Urkunde an die Hand gegeben werden.,<br />

Aelinlich wie bei Willenserklärungen verhält sich das<br />

Ausgeführte aber auch bei allen übrigen schriftlichen<br />

Erklärungen, mögen sie logisch in die Kategorie der Zeugnisse,<br />

Geständnisse oder sonstigen Indizien (vgl. dazu die Beispiele<br />

oben S. 12) gehören. Auch hier beweist die Schrift als<br />

solche und auch die Unterschrift immer nur, dass der Schreiber<br />

die Gedanken zu Papier gebracht, aber nicht, dass er eine Erklärung<br />

abgegeben habe, und ebenso wenig die Ernstlichkeit<br />

derselben. Auf Beides kann auch hier nur aus anderen, ausserhalb<br />

der schriftlichen Aeusserung selbst liegenden Umständen<br />

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