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DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Zur Frage des Konservativismus 825<br />

legungen zeigt sich die Tragfähigkeit des Untersuchungsansatzes von<br />

Greiffenhagen, der — innerhalb des explizit nicht ausgeführten<br />

Rahmens der bürgerlichen Gesellschaft — durch den Versuch, dem<br />

Konservatismus gewissermaßen post festum eine <strong>Theorie</strong> anzumessen,<br />

die Bedingungen des möglichen, weil immanent denkbar gewordenen<br />

Endes des konservativen Denkens aufzeigt. Die Kritik von<br />

Westarp und Winckler an der bewußten methodischen Beschränkung<br />

auf die Ideengeschichte verkennt die Bedeutung dieses Ergebnisses.<br />

Auch die Rezension von Winckler in dieser Zeitschrift über meine<br />

Kritik des konservativen Demokratieverständnisses 6 richtet sich im<br />

wesentlichen gegen die „methodologischen Voraussetzungen" und die<br />

„gesellschaftstheoretischen Implikate" meiner ideologie-<strong>kritische</strong>n<br />

Darstellung 10 . Die in dieser Beziehung festgestellten Defizite veranlassen<br />

meinen Rezensenten, den „gesellschaftlichen Ertrag" meiner<br />

Kritik am Konservatismus in der Bundesrepublik nach 1945 in Frage<br />

zu stellen.<br />

Die <strong>Theorie</strong>-Anforderung, auf die solche <strong>kritische</strong>n Feststellungen<br />

zielen, ist, die Geschichte und Kritik des Konservatismus als eine<br />

Variante der Geschichte und Kritik der kapitalistischen Produktionsweise<br />

darzustellen mit der in den Ansatz eingebauten Zielprojektion,<br />

einmal mehr die Notwendigkeit und die Möglichkeit ihrer Überwindung<br />

auszuweisen. Dies wäre freilich eine normative Anforderung,<br />

die sich keineswegs, wie ich meine, mit einer doch wohl beabsichtigten<br />

Berufung auf Marxsche Kategorien vertragen würde. Ich<br />

jedenfalls halte eine kohärente, das soziale Ganze umfassende „richtige"<br />

<strong>Theorie</strong> für einen uneingelösten Anspruch und vermag deshalb<br />

noch nicht einmal hypothetisch den Totalentwurf einer solchen <strong>Theorie</strong><br />

für Richtung und Anordnung einer Untersuchung und zur Abstützung<br />

der'Kritik und Evidenz der Schlüsse zu verwenden. Damit<br />

könnte doch bloß das angeblich erst noch Auszuweisende als das bereits<br />

schon Vorgegebene „erklärt" werden. Genausowenig kann es<br />

wohl darum gehen, Ideologie-Kritik mißzuverstehen als die Aufforderung,<br />

eine als „falsch" identifizierte Ideologie durch eine als<br />

„richtig" erkannte zu ersetzen.<br />

Die Kritik der bürgerlichen Gesellschaft als Antizipation der nachbürgerlichen<br />

Gesellschaft zu betreiben, bedeutet das unausgesetzte<br />

Abarbeiten der die bürgerliche Gesellschaft transzendierenden Kategorien<br />

am der Immanenz dieser bürgerlichen Gesellschaft. Alles<br />

andere hat Beschwörungsformelcharakter, ist Wunschvorstellung<br />

oder ohnmächtige Wiederholung des „weil nicht sein kann, was nicht<br />

sein darf".<br />

Das eben abstrakt Ausgeführte läßt sich an einem Teilaspekt der<br />

sich als marxistisch verstehenden <strong>Theorie</strong>-Ansätze über den Faschis-<br />

9 Lutz Winckler: Besprechung von Helga Grebing, Konservative gegen<br />

die Demokratie, Frankfurt/M. 1971, in: Das Argument 72, 14. Jg. 1972, H.<br />

3/4, S. 379 ff.<br />

10 Winckler, a.a.O., S. 382.

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