DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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754 Hansgeorg Conert<br />
also ihre Befreiung ausschließt, entgeht Horvat. Deshalb kann er<br />
auch Marx' Polemik gegen Wagner zitieren (22), um zu belegen, daß<br />
Marx die Kategorien des „Kapital" nicht auf eine sozialistische Wirtschaft<br />
anwendbar hielt, ohne letztlich den Grund zu verstehen, daß<br />
nämlich für Marx die Beziehungen zwischen den „assoziierten Produzenten"<br />
im Sozialismus eben nicht durch die Gesetze des Warentauschs<br />
reguliert werden.<br />
Horvat kennzeichnet die jugoslawische Wirtschaft als eine Ordnung<br />
sui generis: sie entspreche weder der privatkapitalistischmarktwirtschaftlichen<br />
noch der staatswirtschaftlich-zentralgeplanten<br />
sowjetischen Typs, noch stelle sie eine Mischform aus Elementen beider<br />
„reinen" Typen dar, da das jugoslawische Wirtschaftssystem<br />
„monistisch" auf dem Prinzip des gesellschaftlichen Eigentums an<br />
den Produktionsmitteln basiere (24 f.). Nachfolgend spricht Horvat<br />
einige Funktionsprobleme der jugoslawischen Wirtschaft unter Ausklammerung<br />
wesentlicher theoretischer Fragen und realer Widersprüche,<br />
also mit apologetischer Tendenz, an. Einige Beispiele: An<br />
die Feststellung, früher hätten in der Arbeiterschaft selbst Zweifel<br />
an der Realisierbarkeit der Arbeiterselbstverwaltung bestanden,<br />
schließt der Autor an: „Seitdem hat die jugoslawische Erfahrung<br />
einen unschlagbaren historischen Beweis geliefert: die Arbeiterselbstverwaltung<br />
ist nicht nur praktisch möglich, weil sie in Jugoslawien<br />
bereits seit eineinhalb Jahrzehnten funktioniert, sondern sie<br />
ist auch ökonomisch effizient, da die jugoslawische Wirtschaft seit<br />
ihrem Bestehen die höchste Wachstumsrate aller Volkswirtschaften<br />
erreicht hat" (28). Hier kommt ein unreflektierter, von den Gebrauchswerteigenschaften<br />
der Produkte abstrahierender Wachstumsfetischismus<br />
zum Ausdruck. Unterschlagen wird die andere Seite der<br />
„Erfolgs"bilanz: die Unfähigkeit, den Beschäftigungssuchenden im<br />
Lande Arbeit zu geben, Steigerungen der Lebenshaltungskosten von<br />
20 °/o im Jahr, wachsende Einkommensdisparitäten usw. Zum anderen<br />
identifiziert diese Aussage implizit zwei konstitutive Merkmale<br />
der sozioökonomischen Ordnung Jugoslawiens, die jedoch keineswegs<br />
einander bedingen: Arbeiterselbstverwaltung und marktwirtschaftliche<br />
Beziehungen zwischen weitgehend autonomen, kollektiven Warenproduzenten.<br />
Horvat sieht in diesen Beziehungen tatsächlich den<br />
notwendigen, prinzipiell funktionsfähigen Vermittlungsmechanismus<br />
zwischen den „in hohem Grade" autonomen Kollektivunternehmen.<br />
Daß dieser Mechanismus — selbst gemäß der marktwirtschaftlichen<br />
<strong>Theorie</strong> — nur unter vielfältigen Voraussetzungen funktioniert,<br />
spricht der Autor zwar an, er geht jedoch nicht weiter auf die<br />
Probleme ein, die aus dem Fehlen dieser Bedingungen in Jugoslawien<br />
entstehen.<br />
Wie andere Apologeten des jugoslawischen „Anarchosyndikalismus"<br />
(Stojanovié) identifiziert Horvat Arbeitsleistung und Markterfolg<br />
und umgeht damit sowohl die politökonomische wie die sozialethische<br />
Reflexion der betriebskollektiven Aneignungsweise (35).<br />
Daß auf zentrale Regulative der Wirtschaftsentwicklung nicht völlig<br />
verzichtet werden kann, konzediert er (36 ff.). Der — administrative