DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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870 Besprechungen<br />
phne daß sie gleichzeitig die unterdrückten Bauern gewinnen konnten.<br />
Denn die Genossenschaften wurden per Dekret gebildet; sie<br />
waren stets „ein Verwaltungszweig". Eine Partizipation der Bauern<br />
fand nicht statt; sie wurden weiterhin unmündig gehalten. „Ist die<br />
Passivität des Fellah vorteilhaft vom polizeitechnischen Gesichtspunkt,<br />
so ist sie es nicht vom genossenschaftlichen her, der nicht<br />
stummes Hinnehmen einer Situation, sondern eifriges Mittun verlangt.<br />
Es ist wohl unbestreitbar, daß die Kooperativen auf den gleichen<br />
Böden bisher weniger produzierten als die Colons" (193).<br />
Bassam Tibi (Frankfurt/M.)<br />
Kuder, Manfred: Angola. Eine geographische, soziale und wirtschaftliche<br />
Landeskunde. Wissenschaftliche Länderkunden, herausgegeben<br />
von Werner Storkebaum, Band 6. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />
Darmstadt 1971 (310 S., kart., 54,70 DM, für Mitglieder<br />
32,— DM).<br />
In der vorliegenden Länderkunde werden vor allem die naturräumliche<br />
Gliederung und die wirtschaftsgeographische Struktur<br />
Angolas dargestellt. Der Verfasser, der das Land aus eigener Anschauung<br />
kennt, hat die umfangreiche portugiesische Literatur zu<br />
diesen Themenkomplexen ausgewertet und in den Band zahlreiche<br />
detaillierte statistische Angaben über die Wirtschaftsentwicklung<br />
.eingearbeitet.<br />
Obwohl Geschichte und Auswirkungen der jahrhundertelangen<br />
portugiesischen Kolonialherrschaft nicht systematisch untersucht<br />
werden, finden sich in dem Buch hierzu interessante Einzelheiten.<br />
So wird darauf verwiesen, daß die ökonomische Entwicklung Angolas<br />
durch den Sklavenexport entscheidend gehemmt worden ist; allein in<br />
dem Zeitraum von 1816 bis 1819 wurden jährlich etwa 22 000 Sklaven<br />
vor allem nach Brasilien (von wo aus Angola damals auch verwaltet<br />
wurde) ausgeführt (146). Die Loslösung Brasiliens von Portugal 1822<br />
stürzte das Kolonialsystem in eine schwere Krise. In der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts beschränkte sich der portugiesische Einfluß<br />
auf wenige Siedlungspunkte an der Küste. In Luanda gab es<br />
1851 nur 830 europäische Einwohner, und in Lobito lebten vor 1903<br />
nur 7 Europäer (30,198). Um die Jahrhundertwende gab es in Angola<br />
nur 9198 Weiße (dies waren 0,34 Prozent der Gesamtbevölkerung),<br />
von denen sich ein nicht geringer Teil aus Sträflingen, Verbannten<br />
und Landstreichern rekrutierte (58—60). Verschiedene Landstriche<br />
befanden sich auch 1915 noch nicht unter portugiesischer Kontrolle;<br />
erst in den folgenden Jahren sind, wie der Verfasser euphemistisch<br />
schreibt, die „planmäßige Erschließung, ordentliche Verwaltung,<br />
Kolonisierung, wirtschaftliche und soziale Entwicklung vorangetrieben<br />
worden" (31). In der Folgezeit hat die Wirtschaftspolitik der<br />
Kolonialmacht zu einem großen Ungleichgewicht zwischen den einzelnen<br />
Regionen geführt: „weit weniger als die Hälfte Angolas (ist)