DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Grenzen des Wachstums? 821<br />
In den marxistischen Arbeiten über Wachstum und Reproduktion<br />
bei kapitalistischen Produktionsverhältnissen stand bisher die monetäre<br />
Seite der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtprodukts<br />
und seiner Verteilung im Vordergrund, während die stoffliche Seite<br />
vernachlässigt wurde. Die Ansätze von Marx, das Verhältnis von<br />
Gesellschaft und Natur anhand des Stoffwechselprozesses in der Produktion<br />
und Konsumtion zu untersuchen, wurden kaum weiterentwickelt,<br />
obwohl gerade die Kenntnis über die gesellschaftlichen und<br />
ökonomischen Bedingungen des stofflichen Kreislaufs der Wachstumsund<br />
Reproduktionstheorie eine entscheidende Erweiterung geben<br />
könnte. Hier liegt auch die Wurzel zur <strong>kritische</strong>n Einschätzung der<br />
weltweiten Umweltschutzdiskussion. Es wäre herauszuarbeiten,<br />
warum in der kapitalistischen Produktionsweise die Betriebe von sich<br />
aus gar kein Interesse haben können, den gesamten Stoffwechselprozeß<br />
innerhalb und außerhalb der betrieblichen Grenzen hinsichtlich<br />
seiner Belastungen der menschlichen Umwelt zu kontrollieren. Es<br />
wäre im einzelnen zu zeigen, warum die ökonomischen Gesetze der<br />
kapitalistischen Produktion zwangsläufig zu stofflichen Grenzen der<br />
Gebrauchswertherstellung führen, die aber lediglich Grenzen dieser<br />
spezifischen Produktionsweise sind. Umgekehrt wäre zu fragen, ob<br />
und wann solche stofflichen Grenzen des Wirtschaftswachstums und<br />
der Reproduktion in anderen Gesellschaftssystemen auftreten.<br />
3. Produktivkraftentwicklung und Naturaneignung<br />
in der sozialistischen Produktionsweise<br />
Die kapitalistischen Länder tun sich bei ihren Ablenkungsmanövern<br />
ven den Ursachen der Umweltzerstörung insofern leicht, als in den<br />
sozialistischen Ländern vielfach gleiche oder ähnliche Erscheinungen<br />
. vorzufinden sind. Oberflächlich betrachtet, scheinen die Wachstumsund<br />
Reproduktionsprobleme also unabhängig von der Gesellschaftsformation<br />
auf die Industrialisierung zurückzuführen zu sein. Umgekehrt<br />
genügt es aber keineswegs zu sagen, die Erscheinungen der<br />
Umweltzerstörung seien in kapitalistischen und sozialistischen Gesellschaftssystemen<br />
gleich, das Wesen dagegen sei verschieden.<br />
Die Entfaltung der Produktivkräfte in sozialistischen Ländern findet<br />
häufig unter Bedingungen statt, bei denen in relativ kurzer Zeit<br />
mehrere Stufen der wissenschaftlich-technischen Revolution durchlaufen<br />
werden müssen und die einzelnen Phasen der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung zeitlich eng zusammenliegen. Zum großen Teil können<br />
die sozialistischen Länder nicht auf das entwickelte Niveau kapitalistischer<br />
Produktion zurückgreifen, sondern müssen die Relikte wenig<br />
produktiver Gesellschaftsformationen wie die des Feudalismus beseitigen.<br />
Die rasche Entfaltung der Produktivkräfte stellt daher besondere<br />
Anforderungen an die planmäßige Nutzung der natürlichen Ressourcen<br />
und an die Beherrschung der Begleiterscheinungen in der<br />
Produktion. Es wäre zu untersuchen, mit welchen Strategien die aufgetretenen<br />
Widersprüche bei der Umweltgestaltung sozialistischer<br />
Länder zu beseitigen sind, damit die objektiven Möglichkeiten einer