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DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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750 Hansgeorg Conert<br />

den Problemen ihrer Verwirklichung in Jugoslawien. Arbeiterselbstverwaltung<br />

erscheint hier als Form der Wiederherstellung der „Produktionsgemeinschaft",<br />

die sich mit fortschreitender Arbeitsteilung<br />

auflöste und die Produzenten voneinander entfremdete. Obgleich nun<br />

Supek einige wichtige Marx-Passagen zitiert, vollzieht sich bei<br />

ihm die Entfremdung ausschließlich im Arbeitsprozeß, die Bedeutung<br />

des Verwertungsprozesses negiert er. So kann Supek die Frage nach<br />

den Chancen der Automation für die „Produktionsgemeinschaft" aufwerfen<br />

und auf Arbeiten aus der neueren bürgerlichen Betriebssoziologie<br />

verweisen, ohne die politischen Bedingungen der Transformation<br />

spätkapitalistischer Gesellschaften in sozialistische auch<br />

nur mit einem Worte anzusprechen, gleichsam, als vollzöge sich diese<br />

als Folge der technologischen Entwicklung im Selbstlauf.<br />

Markovic behandelt Probleme des Selbstverwaltungs-Sozialismus<br />

weit weniger abstrakt als Supek (a. „Sozialismus und Selbstverwaltung",<br />

in: Nr. 8, S. 213 ff. — unter dem Titel „Der Sinn der Selbstverwaltung"<br />

in anderer Übersetzung auch in: Nr. 1, S. 94 ff. sowie<br />

b. „Die Dialektik der Lenkung der Gesellschaft", in: Nr. 1, S. 121 ff.).<br />

Normative Aspekte treten bei ihm zurück hinter die Diskussion der<br />

konkreten objektiven sozioökonomischen, politischen und subjektiven,<br />

bewußtseins- und befähigungsmäßigen Voraussetzungen der<br />

Realisierung von Selbstverwaltung. In bezug auf Konzeption und<br />

tatsächliche Situation der Selbstverwaltung in Jugoslawien gelangt<br />

Markovic zu recht <strong>kritische</strong>n Einschätzungen und Urteilen, die im<br />

folgenden Kapitel anzusprechen sind. Hier geht es um seine Begründung<br />

der Selbstverwaltungskonzeption. Sie ist weniger philosophisch<br />

(was hier auch heißen soll: weniger idealistisch) als bei Supek;<br />

Markovic rekurriert nicht so sehr auf die Entfremdungskonzeption<br />

der Pariser Manuskripte als auf die Marxsche Kommune-Rezeption<br />

und auf jene bekannte Stelle aus dem 3. Band des „Kapital", nach<br />

der die Freiheit der Menschen im Bereich der materiellen Produktion<br />

nur darin bestehen kann daß der vergesellschaftete Mensch, die<br />

assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur<br />

rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen,<br />

statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden ..."<br />

(b. 125). „Gemeinschaftliche Kontrolle" der „assoziierten Produzenten"<br />

meint nach Markovié evidenterweise „Selbstverwaltung" (126).<br />

Er definiert sie allgemein so: „Selbstverwaltung bedeutet, daß die<br />

leitenden Funktionen nicht mehr von einer Macht außerhalb der<br />

Gesellschaft, gegen die Gesellschaft, ausgeübt werden, sondern von<br />

den Menschen, die produzieren und das Gesellschaftsleben in all seinen<br />

Formen bilden. Selbstverwaltung bedeutet die Überwindung<br />

einer dauernden und starren Teilung der Gesellschaft in Subjekte<br />

und Objekte der Geschichte, in Leitende und Ausführende, in geistige<br />

Finesse und ihre physischen Werkzeuge in menschlicher Gestalt"<br />

(a. 223). Die Verwirklichung von Selbstverwaltung in diesem Sinne<br />

versteht Markovic als einen Prozeß, der in sozioökonomisch minder<br />

entwickelten Ländern, wie in Jugoslawien, nicht unmittelbar nach<br />

der revolutionären Überwindung der kapitalistischen Ordnung ein-

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