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DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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810 Hans Immler<br />

von einigen Interessenvertretern des Kapitals als wichtiger Beitrag<br />

zur Gesellschaftspolitik angesehen wird, so deshalb, weil der darin<br />

verbreitete Pessismismus hinsichtlich der Wachstumsmöglichkeiten<br />

des gesellschaftlichen Reichtums ein geeigneter Nährboden für die<br />

Forderungen der Kapitalfraktionen an den Staat ist, die objektiven<br />

Produktionsbedingungen zugunsten der sich verschlechternden Verwertungsbedingungen<br />

des Kapitals mit Mitteln und zu Lasten der<br />

Gesamtgesellschaft zu verbessern.<br />

II. Die Wachstumsgrenzen der kapitalistischen Produktionsweise<br />

Zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Veränderung der Umweltbedingungen<br />

besteht ein enger Zusammenhang. Wenn als primärer<br />

Indikator für das Wirtschaftswachstum die Steigerung der Produktion<br />

pro Kopf der Bevölkerung angesehen wird, und die Bevölkerungszahl<br />

zumindest konstant bleibt, dann bedingt jedes Wachstum<br />

umgekehrt auch einen steigenden Verbrauch von Naturstoffen und<br />

Energie. Phasen des besonders starken Wirtschaftswachstums wie die<br />

Industrialisierung werden daher zugleich begleitet von einer raschen<br />

Umwandlung der natürlichen Umwelt der Menschen. Dies zeigt sich<br />

sowohl in der Neugestaltung der Umwelt, z. B. in der Form neuer<br />

Städte als auch im beschleunigten Verbrauch von Naturstoffen im<br />

Produktions- und Konsumtionsprozeß. Es liegt daher die Vermutung<br />

nahe, daß jedes Wirtschaftssystem, das sich das wirtschaftliche Wachstum<br />

zum Ziel setzt, in gleicher oder ähnlicher Weise seine natürlichen<br />

Lebensgrundlagen und seine Reproduktionsbedingungen verändert.<br />

Anscheinend bedingt das Wachstum gewisse stoffliche, physische Prozesse<br />

und Strukturen, die in Konflikt mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen<br />

an die natürliche Umwelt und mit der Stabilität ökologischer<br />

Regelungen geraten können.<br />

Es soll hier nicht bezweifelt werden, daß in jedem Wirtschaftssystem<br />

durch zunehmende Wachstumsraten in der Wirtschaft auch<br />

vermehrt stoffliche Transformationen stattfinden müssen. Sie sind<br />

sogar das Ziel der Produktion, soweit es die Herstellung von Gebrauchswerten<br />

betrifft. Eine völlig andere Frage ist, in welcher<br />

Qualität diese stofflichen und energetischen Prozesse ablaufen und in<br />

welcher Weise die Entscheidungssubjekte daran interessiert und in<br />

der Lage sind, die physischen Veränderungen der Umwelt in Übereinstimmung<br />

mit den Bedürfnissen der Gesamtgesellschaft zu bringen.<br />

So unbestreitbar es ist, daß die physisch-naturale Basis allgemeine<br />

Bedingungen der Produktion unabhängig vom Gesellschaftssystem<br />

und der historischen Entwicklungsstufe darstellt, so sicher ist, daß die<br />

Formen der Naturaneignung und des Stoffwechsels in Produktion und<br />

Konsumtion von den spezifischen Bedingungen des Gesellschaftssystems,<br />

von seiner Produktionsweise abhängen.<br />

Ein großer Mangel in der bürgerlichen Wachstumstheorie liegt<br />

darin, daß als wirtschaftliches Wachstum vor allem die Steigerungsraten<br />

der monetären Kennziffern wie Bruttosozialprodukt, Industrieproduktion<br />

oder Wertschöpfung ausgewiesen werden, während sich

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