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DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Erste Versuche sozialistischer Wirtschaftspolitik 785<br />

antworte ich, nichts anderes als das, was wir 1917 darunter verstanden<br />

haben. Wir müssen die Wählbarkeit durch die Arbeiter- und<br />

Bauerndemokratie wieder herstellen. Wir müssen erkennen, daß eine<br />

neue Zeit neue Lieder braucht, daß, wenn wir bisher unsere Organisationen<br />

beschränkt, wenn wir auf die elementarsten Rechte der<br />

Arbeiter und Bauern verzichtet haben, wir dem nunmehr ein Ende<br />

machen müssen. Erinnern wir uns der vergessenen Worte des Genossen<br />

Lenin, der uns aufgerufen hat, die Arbeiter als vollwertig zu<br />

nehmen und ihrer Entscheidung die kompliziertesten und schwierigsten<br />

Fragen zu überlassen. Wir müssen diese Worte zur Tat werden<br />

lassen(...)" 82 . Die Beschlüsse des Kongresses entsprachen dieser<br />

Tendenz 83 .<br />

V.<br />

Kurz nach dem VIII. Sowjetkongreß erfolgte ein entscheidender wirtschaftlicher<br />

Rückschlag. Schneestürme und Brennstoffmangel brachten<br />

den Transport von Lebensmitteln in die Städte zum Erliegen. Die<br />

Rationen mußten eingeschränkt werden. Es kam zu Protestversammlungen<br />

und Streiks. Gleichzeitig breiteten sich Bauernunruhen in<br />

einigen Gebieten Rußlands aus. Anfang März 1921 brach die Revolte<br />

von Kronstadt aus 84 . Am 8. 2.1921 ließ Lenin seinen Entwurf zur<br />

Einführung der Naturalsteuer im Politbüro der KPR diskutieren 85 ,<br />

anschließend in der „Prawda" 86 . Der X. Parteitag billigte im März<br />

den Vorschlag Lenins 87 . Damit wurde das bisherige System der Getreidebeschaffung<br />

ersetzt durch eine Naturalsteuer; die verbleibenden<br />

Überschüsse sollten die Bauern auf lokalen Märkten, die legalisiert<br />

wurden, tauschen können. Tauschpartner sollten die Genossenschaften<br />

sein, die mit staatlichen Warenfonds ausgestattet wurden; auf<br />

diese Weise sei ein regulärer Warenaustausch zwischen Stadt und<br />

Land zu organisieren. Eine Verbindung zu der Konzeption Strumilins<br />

ist denkbar. Begründet wurde dieser „Rückzug" mit dem gestörten<br />

Verhältnis zwischen Proletariat und Bauernschaft; man müsse durch<br />

Erleichterungen für die Bauern das alte Bündnis (smytschka) wiederherstellen.<br />

An eine grundsätzliche Änderung der Wirtschaftspolitik<br />

82 VoSmoj Vseross. S-ezd Sovetov, S. 207—224, hier S. 224 (dt.: Russ.<br />

Korr. 1921, Bd. 1, S. 33—38).<br />

83 Vosmoj Vseross. S-ezd Sovetov, S. 228—231, 277—280 (vgl. Russ.<br />

Korr. 1921, Bd. 1, S. 55—58). Zum Sowjetaufbau vgl. W. Pietsch, Revolution<br />

und Staat, <strong>Institut</strong>ionen als Träger der Macht in Sowjetrußland 1917—1922,<br />

Köln 1969.<br />

84 Eine Detailanalyse liefert Gert Meyer, Die Beziehungen zwischen<br />

Stadt und Land in Sowjetrußland zu Beginn der Neuen ökonomischen<br />

Politik, Zur Geschichte der Smycka 1921—1923, Marburg 1971 (Ms.). Allerdings<br />

ist nach wie vor die Frage schwierig zu beantworten, wie der ökonomische<br />

Umschwung einzuschätzen ist, wie sich die Mehrheit der Bauern<br />

gegenüber den Aufständischen verhielt u. ä.<br />

85 Lenin, Werke Bd. 32, S. 128; vgl. Leninskij sbornik XX, S. 58—63.<br />

86 Lenin, Werke Bd. 32, S. 193.<br />

87 Desjatyj S-ezd RKP (b), mart 1921 g., Stengraf. otöet, Moskva 1963;<br />

vgl. Lenin, Werke Bd. 32, S. 163—277.

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