DAS ARGUMENT - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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818 Hans Immler<br />
kann. Die Umweltökonomie versucht damit nichts anderes als eine<br />
Kombination von Wohlfahrtsökonomie und Staatsintervenismus. Bemerkenswert<br />
bei diesen Ansätzen zu einer bürgerlichen Umweltökonomie<br />
ist, daß die zunehmende Diskrepanz zwischen betrieblichen<br />
und gesellschaftlichen Interessen bei der „Verwertung" der Umwelt<br />
implizit eingestanden wird, jedoch ein Lösungsinstrument auf der<br />
Grundlage des Preismechanismus gesucht wird, das dem gesellschaftlichen<br />
Charakter der Produktion völlig widerspricht. Im übrigen wird<br />
diese Umweltökonomie schon deshalb für die Praxis irrelevant sein,<br />
weil wohlfahrtsökonomische Kriterien nicht sinnvoll angewandt werden<br />
können, wenn nicht eindeutige Maßstäbe für die Bewertung des<br />
Nutzens oder Schadens vorliegen. Eine Bewertimg der natürlichen<br />
Ressourcen und der Umweltschäden auf kapitalistischer Grundlage<br />
würde wiederum erfordern, daß die gesamten Erscheinungen der<br />
Natur in Warenkategorien erfaßt werden müßten, eine Forderung, die<br />
weder erfüllbar ist, noch im Interesse der Kapitaleigentümer liegt,<br />
weil dann die Abwälzung von Kosten entfällt. Die Zweigleisigkeit<br />
bürgerlicher Umweltökonomie wird das Ergebnis haben, daß die<br />
einen als Ideologen auf der Spielwiese formaler Modellkonstruktionen<br />
die konkret anfallenden Umweltprobleme in eine logisch konsistente<br />
<strong>Theorie</strong> mit Apologiefunktion fassen, und daß die anderen als die<br />
Praktiker dem Staat und den Betrieben strategische Vorschläge zur<br />
„Bewältigung" der Umweltprobleme machen.<br />
5. Grenzen des Wachstums und Grenzenlosigkeit<br />
der Kapitalverwertung<br />
Die eingeschlagene Strategie des Kapitals, ein von den gesellschaftlichen<br />
Zusammenhängen losgelöstes Umwelt-Harmoniemodell<br />
durchzusetzen, ist leicht zu durchschauen. Sie bezweckt, den Verursacher<br />
an der Spitze des Fortschritts zu sehen, um damit von den<br />
tatsächlichen Ursachen der Umweltverschlechterung abzulenken und<br />
darüber hinaus den Kurs der staatlichen Umweltpolitik steuern zu<br />
können. Im Mittelpunkt des Ablenkungsmanövers steht zur Zeit der<br />
Versuch, die Verschlechterung der allgemeinen Produktions- und Reproduktionsbedingungen<br />
zu entpolitisieren und als naturwissenschaftlich-ökologisches<br />
Problem darzustellen. Nur so kann die derzeitige<br />
„Hochkonjunktur der Ökologie" erklärt werden. Öer ökonomische<br />
Entscheidungsrahmen wird um die Umweltkomponente erweitert,<br />
Gutachtergremien werden massenhaft gegründet, und das wirtschaftspolitische<br />
Ziel-Polygon erhält in der Ökologie eine neue Ecke.<br />
Praktische Ergebnisse dieser Strategie sind die „Ablösung der Durchfluß-ökonomie<br />
durch die Wiederverwendungs-Ökonomie" 14 oder die<br />
modischen Berechnungen von ökologischen Schwellenwerten und<br />
maximalen Belastungsgrenzen.<br />
Aus der Vielzahl der politisch-strategischen Stellungnahmen von<br />
Kapital Vertretern sind zwei wesentliche Aspekte abzuleiten: Erstens<br />
gelingt es innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise nicht, den<br />
Widerspruch zwischen der Schrankenlosigkeit der Kapitalverwertung<br />
14 Ebenda, S. 22.