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Heft - Institut für Theorie ith

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längst vergessen, die paar Lover ebenfalls, und entsprechend<br />

könnte man meinen, jeder habe ein paar Augen, beliebig viele.<br />

Dabei hat man genau zwei, zwei zusammengehörende<br />

Augen, beinahe eine Einheit sind diese beiden. Beide! Das ist<br />

eine Errungenschaft der germanischen, romanischen und auch<br />

der slawischen Sprachen! Ursprünglich sassen sie verwandtschaftlich<br />

beisammen und damals, gleich von Anfang an haben<br />

sie gewusst, dass sie diesen Begri≠ nie wieder verlieren, nie vergessen<br />

wollen, und dass ihre jeweilige Logik, ihre schön taktile<br />

Logik, unter anderem durch diesen grundlegenden Begri≠ von<br />

Bestand ist. Das Wort beide ist eine Welt <strong>für</strong> sich. Selbstverständlich<br />

kann man lang leben, ohne zu merken, was <strong>für</strong> ein Kapital<br />

dieses beide bedeutet, dass man solch einen Begri≠ erst ersinnen<br />

oder finden muss. Ich zum Beispiel habe jahrelang nicht daran<br />

gedacht, dass man im Ungarischen beide nicht sagen kann, aber<br />

als ich zum ersten Mal in Spanien war und ambos hörte, fiel mir<br />

plötzlich die deutsche Entsprechung auf, das englische both, ich<br />

sah die lateinischen oder etwa russischen Parallelen und auch<br />

die ungarische Armut, wo man nur die zwei oder alle zwei sagen<br />

kann. Das nicht indoeuropäische Ungarisch ist nicht etwa insgesamt<br />

arm, überhaupt nicht, es hat seine eigenen Talente, und es<br />

ist ein Glücksfall, neben den europäischen Sprachen eine so völlig<br />

anders gelagerte Sprachau≠assung zu kennen und die unterschiedlichen<br />

Au≠assungen vergleichen zu können, beispielsweise<br />

sehen zu können, dass es das Wort beide nicht zwangsläufig<br />

geben muss. Nicht jede Sprache weiss, dass die Kluft oder die<br />

Lücke oder der irrsinnige Abstand zwischen eins und zwei überbrückt<br />

werden kann, und es ist schön, solche Unterschiede vergleichen<br />

zu können.<br />

Nicht zu vergleichen fällt jedem schwer, ständig wird verglichen<br />

(und womöglich ist das Vergleichen mit dem Denken<br />

grundsätzlich verwandt), aber solange man vergleicht, gibt es<br />

kaum einen Weg zum Unvergleichbaren oder Unverglichenen.<br />

Die Eins ist kaum erreichbar, und es ist eine Kunst, bei der Eins<br />

zu bleiben.<br />

Insofern gelingt Sancho Pansa im zwanzigsten Kapitel des<br />

Don Quijote ein wahres Kunstwerk. Der Ritter von der Traurigen<br />

Gestalt und sein ewig verlachter Knecht befinden sich in diesem<br />

Kapitel an einem stockfinstren Gelände irgendwo in der<br />

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