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PDF Katalog - Koller Auktionen

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Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen<br />

1131 (J. Nieuhof)<br />

1131*<br />

SCHREIBKABINETT MIT BOULLE-MARKETERIE „AUX<br />

SCENES CHINOISES“, Barock, H. VAN SOEST (Hendrik van Soest,<br />

Antwerpen 1659-1716 Paris) zuzuschreiben, die Chinoiserien nach<br />

Vorlagen von J. NIEUHOF (Johan Nieuhof, Uelsen 1618-1672<br />

Madagaskar) und O. DAPPER (Olfert Dapper, 1635 Amsterdam 1689),<br />

Antwerpen um 1700.<br />

Palisander und Hartholz sowie rotes Schildpatt, graviertes Messing, Zinn<br />

und Perlmutt ausserordentlich fein eingelegt mit unterschiedlichen chinesischen<br />

Figurenstaffagen, Palmetten, Voluten, Blumen, Kartuschen, Rosetten<br />

und Filets. Rechteckiger Korpus mit gesprengtem Kranz auf gerader Zarge<br />

mit abgekanteten, sich nach unten verjüngenden Säulen beinen und eingezogener,<br />

geschweift ausgeschnittener Sockelplatte auf stilisierten, wohl<br />

ersetzten Kreiselfüssen. Front mit eingezogener Schub lade unter abklappbarer,<br />

das Deckblatt zurückschiebender Schublade als Schreibfach mit<br />

lederbezogenem Schreibblatt sowie 4 nebeneinander liegende Schubladen<br />

in der Front und seitlich 1 schmale Schublade. Zurück gesetzter Aufsatz mit<br />

Zentraltüre vor grossem Fach über Schublade und unter Kopfschublade,<br />

flankiert von je 3 kleinen und 3 vorstehenden grossen Schubladen.<br />

Geheim fächer im Kranz. Messingbeschläge. 100x64x148 cm.<br />

Provenienz: Aus französischem Besitz.<br />

Ein nahezu identisches Prunkmöbel mit 2 Schubladen im Aufsatz stand<br />

einst im Schloss Schleissheim und gehört heute zu den Sammlungen des<br />

Bayerischen Nationalmuseums in München (Inventarnr. R 3362). Es ist<br />

abgebildet in: H. Kreisel, Die Kunst des deutschen Möbels, München<br />

1976; II (Abb. 318 und 322). Ein weiteres vergleichbares Möbel gehört<br />

ebenfalls zu den Sammlungen von Schloss Schleissheim (Inventarnr. SNS<br />

MT) und ist das Gegenstück des Kabinetts in München. Zwei weitere<br />

Kabinette mit Chinoiserie-Marketerie befinden sich heute in der Sammlung<br />

des Smit van Gelder Museum in Antwerpen und in europäischem<br />

Privatbesitz. Das Inventar von H. van Soest listet 6 vergleichbare Kabinette<br />

mit „décor chinois“ auf. Ein weiteres Schreibkabinett mit identischer<br />

Marketerie gehörte zu den Sammlungen von Mentmore und wurde von<br />

1131 (Detail)<br />

bei Sotheby’s Parke Bernet am 20.5.1977 (<strong>Katalog</strong>nr. 922) verkauft. Ein<br />

weiteres Kabinett von H. van Soest mit Wappen von König Philipp V.<br />

von Spanien wurde bei Christie’s London am 30.10.2002 (<strong>Katalog</strong>nr. 75)<br />

verkauft und steht heute im Museo Nacional de Artes Decorativas in<br />

Madrid. Ein von H. van Soest signiertes Kabinett wurde bei Sotheby’s<br />

London am 30.10.2000 (<strong>Katalog</strong>nr. 340) verkauft.<br />

Antwerpener Kabinette des 17. und frühen 18. Jahrhunderts waren in ganz<br />

Europa beliebt; bedeutende niederländische Kommunen waren in Paris,<br />

Spanien und Portugal tätig und sorgten für die Verbreitung der Kabinette.<br />

Es ist archivalisch belegt, dass wichtige Pariser Händler diese Art Möbel<br />

direkt in den Niederlanden kauften und den Adelshäusern Europas anboten.<br />

Diese Prunkmöbel, stark von der Pariser Boulle-Marketerie beeinflusst,<br />

wurden wegen ihrer ausserordentlich reichen Ausarbeitung zum<br />

Symbol für den Reichtum der Eigentümer, intellektuell überhöht durch<br />

die oft sehr symbolhafte Bildsprache. T. Wolversperges konnte nachweisen,<br />

dass H. van Soest in Paris ein eigenes Geschäft besass (in: Le meuble<br />

en Belgique, Brüssel 2000; S. 29).<br />

H. van Soest war nach den Dynastien Forchoudt und Musson der wohl<br />

letzte Vertreter der bedeutenden „marchand-ébenistes“ in Antwerpen.<br />

Sein Vater Gommaire war seit 1680 Ebenist und führte sein Atelier an der<br />

Malderijstrat 5. H. van Soest führte die familiäre Tradition erfolgreich fort<br />

und war angesehenes Mitglied der Sankt-Lukas-Gilde, ab 1692 Schatzmeister<br />

und Dekan. Die Archive der 1690er Jahre belegen den stetigen<br />

Aufstieg der Werkstatt, die etwa 50 Mitarbeiter mit unterschiedlichen<br />

Spezialisierungen beschäftigte. H. van Soest arbeitete für Kurfürst Max<br />

Emanuel von Bayern, Prinzbischof Joseph Clement von Lüttich, für die<br />

Fürsten von Wolfenbüttel und den Erzbischof von Koblenz. Die Werkstatt<br />

spezialisierte sich auf Kabinette mit Marketerien aus Schildpatt und<br />

Metall. Zwischen 1702 und 1705 lieferte Soest zahlreiche Möbel nach<br />

Spanien. Nachdem die englischen und niederländischen Truppen in der<br />

Schlacht bei Ramillies die französische Streitmacht besiegt hatten, nahm<br />

van Soest 1706 die Möbel des aus Brüssel flüchtenden Kurfürsten Max<br />

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