AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...
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Recht kurz und bündig<br />
OGH 19. 12. 2012, 6 Ob 235/12 w GES <strong>2013</strong>, 76.<br />
(Diese E ist grundlegend, da in dieser – anders noch, als<br />
in den vom OGH zitierten Vorgänger-Entscheidungen<br />
des OGH – ausdrücklich die Anwendung der §§ 922 ff<br />
ABGB auf den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung bejaht<br />
wird. Der Umfang der Gewährleistungsansprüche,<br />
insb welche Eigenschaften des von der Gesellschaft betriebenen<br />
Unternehmens zu gewährleisten sind, kann aber<br />
nur anhand der konkreten Vereinbarungen im Einzelfall<br />
beurteilt werden. In concreto hat der Beklagte das Unterbleiben<br />
finanzamtlicher Abgabennachforderungen nicht<br />
zugesagt und damit, nach zutreffender Ansicht des<br />
OGH, auch nicht eine Garantie in Form einer sog „Steuerklausel“<br />
übernommen. Der Beklagte hat auch keine<br />
Schad- und Klagloshaltungsverpflichtung für den Fall<br />
des Auftretens solcher Nachforderungen übernommen,<br />
sondern vielmehr ausschließlich die Haftung dafür, dass<br />
der vertragsgegenständliche Gesellschaftsanteil sein unbelastetes<br />
Eigentum darstellte und nicht mit irgendwelchen<br />
Rechten Dritter belastet war.<br />
Obwohl nach den Ausführungen des OGH „unzweifelhaft<br />
in die Berechnung des Werts des Anteils neben anderen<br />
Parametern das fiktive Jahresergebnis 2009 eingeflossen“<br />
ist, konnten im gegenständlichen Fall darauf keine Gewährleistungsansprüche<br />
gestützt werden. Die Vertragsparteien<br />
übertrugen die Preisberechnung dem gemeinsamen<br />
Wirtschaftstreuhänder der Gesellschaft. Sie erklärten<br />
ausdrücklich, „sich vor Unterfertigung des Vertrags<br />
über alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert<br />
zu haben, sowie, dass der vereinbarte Preis dem<br />
wahren Wert des abgetretenen Gesellschaftsanteiles entspricht,<br />
sowie weiters, dass das gegenständliche Geschäft<br />
jedenfalls um den Wert der besonderen Vorliebe iSd<br />
§ 935 ABGB abgeschlossen worden ist“. Damit wurde<br />
nach Ansicht des OGH jedenfalls keine objektive Richtigkeit<br />
des Jahresabschlusses oder des vorhandenen Eigenkapitals<br />
iS einer bindenden Bilanzgarantie gewährleistet,<br />
sondern eine rein subjektive, auf den persönlichen Wissensstand<br />
im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellende<br />
Zusicherung der Richtigkeit der Ermittlung des „wahren<br />
Werts“ des Gesellschaftsanteils durch beide Vertragsteile<br />
abgegeben. Das schließe, wenn wie hier kein vorwerfbares<br />
Verhalten vorliegt, die Berücksichtigung später offenkundig<br />
werdender Umstände zum Nachteil eines der Vertragspartner<br />
aus.<br />
Nach der dargestellten Vertragslage kam aus Sicht des<br />
OGH auch eine Berufung des Klägers auf den Wegfall<br />
der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht: „Mit dem im<br />
Vertrag ausdrücklich erklärten Zugeständnis der Richtigkeit<br />
des vereinbarten Abtretungspreises als wahrem Wert<br />
des übereigneten Gesellschaftsanteils und gleichzeitig vereinbarter<br />
beidseitiger Unterlassung der Anfechtung dieses<br />
Vertrags aus welchen Rechtsgründen immer, wurde im<br />
Ergebnis eine Gefahrtragungsregel vereinbart. Gleich<br />
auf welcher Seite sich aus welchem Grund immer ein<br />
Nachteil ereignet, solle er nicht mehr zum Gegenstand<br />
von Rück- oder Nachforderungen gemacht werden können.<br />
Daran scheitert im Ergebnis die Berufung des Klägers<br />
auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage.“<br />
Daraus folgt, dass selbst beim Verkauf eines Minderheitsanteils<br />
nicht nur auf die genaue Formulierung der [eigentlichen]<br />
Gewährleistungsbestimmungen Bedacht zu<br />
nehmen ist, sondern vor allem auch auf die meist standardmäßig<br />
verwendeten Formulierungen zur Vertragsanfechtung,<br />
insb wegen Irrtums oder laesio enormis.<br />
Von Bedeutung ist auch, dass die mehr oder minder<br />
nichtssagende Klausel, dass sich die Vertragsparteien über<br />
alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert<br />
hätten, der vereinbarte Preis dem wahren Wert entspreche<br />
sowie, dass das Geschäft um den Wert der besonderen<br />
Vorliebe abgeschlossen wurde, für die Beurteilung des<br />
Umfangs allfälliger Gewährleistungsansprüche [zumindest<br />
in Zusammenschau mit einem Anfechtungsverzicht<br />
aus welchem Rechtsgrund immer] relevant sein kann.<br />
Saurer.)<br />
" §§ 198 ff StPO:<br />
Kein Anspruch auf bestimmte Diversionsvorschläge =<br />
EvBl <strong>2013</strong>/27<br />
Dem Beschuldigten (§ 48 Abs 2 StPO) kommt zwar<br />
ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf ein Vorgehen<br />
nach dem 11. HptSt der StPO, nicht aber auf eine<br />
bestimmte Art diversioneller Erledigung zu.<br />
OGH 10. 10. 2012, 12 Os 84/12 p (OLG Linz 9 Bs<br />
26/12 f; LG Wels 25 Hv 82/11 t).<br />
" § 142 Abs 1 StGB:<br />
Kein Raub durch Drohung mit Freiheitsverletzung =<br />
EvBl <strong>2013</strong>/28<br />
Eine § 142 Abs 1 StGB zu unterstellende Drohung<br />
muss gegen Leib oder Leben gerichtet sein. Die gegen<br />
das Rechtsgut der Freiheit gerichtete Androhung<br />
einer Entführung reicht nicht aus.<br />
OGH 9. 10. 2012, 11 Os 110/12 d (LGSt Wien<br />
42 Hv 3/12 k).<br />
" § 363 a StPO (§ 51 Abs 2 StPO):<br />
Wegfall der Effektivität des Erneuerungsantrags führt<br />
zu dessen Zurückweisung = EvBl-LS <strong>2013</strong>/31<br />
Richtet sich der (ohne vorherige Befassung des<br />
EGMR gestellte) Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens<br />
auf das Bewirken einer Prozesshandlung<br />
(hier: auf unbeschränkte Akteneinsicht), führt deren<br />
Vornahme zum Wegfall der Effektivität des Rechtsbehelfs<br />
und damit zur Zurückweisung des Rechtsbehelfs.<br />
OGH 30. 8. 2012, 13 Os 44/12 p.<br />
" § 53 StGB (§ 107 StVG):<br />
Ordnungswidrigkeiten vor faktischer Entlassung sind<br />
kein Widerrufsgrund = EvBl-LS <strong>2013</strong>/32<br />
Für den Fall, dass der bereits rk bedingt Entlassene<br />
während der (verbleibenden) Strafhaft neuerlich eine<br />
330<br />
Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong>