AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...
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Gemeinsames Europäisches Kaufrecht<br />
Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht –<br />
eine attraktive Option für KMU? 1)<br />
Der von der EK am 11. 10. 2011 veröffentlichte<br />
Verordnungsentwurf für ein Gemeinsames Europäisches<br />
Kaufrecht 2) (GKR) – bzw in der sich einbürgernden<br />
englischen Abkürzung „CESL“ für „Common<br />
European Sales Law“ –ist das Ergebnis jahrelanger<br />
Vorarbeiten zu einem der visionärsten, der interessantesten,<br />
der herausforderndsten, zugleich aber auch umstrittensten<br />
Projekte des europäischen Gesetzgebers im<br />
Bereich des Privatrechtes. Ein Projekt, welches die österr<br />
und europäische Anwaltschaft von Anbeginn an im<br />
Hinblick auf die potenziell sehr wesentliche Bedeutung<br />
für die Rechtspraxis aktiv begleitet hat. 3)<br />
Der legislative europäische Diskussionsprozess ist<br />
aktuell in vollem Gang. Das Ziel soll ein krönender Abschluss<br />
noch in der Amtsperiode der derzeit amtierenden<br />
Kommission sein, trotz einiger Bedenken zu einzelnen<br />
Details des Projektes. 4) Der beabsichtigte Regelungsmechanismus,<br />
statt weiterer Vertragsrechtsharmonisierung<br />
vielmehr ein ganz neues, quasi zusätzlich<br />
neben den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen<br />
wählbares Zusatzregime als „28. Rechtsordnung in Europa“<br />
anzubieten, ist grundlegend neu und wird auch<br />
aus anwaltlicher Sicht Anforderungen stellen. Die zunächst<br />
aufgeflammte Kompetenzgrundlagendiskussion<br />
dürfte sich realpolitisch mittlerweile erledigt haben. 5)<br />
Im Vordergrund steht nun das Ringen um Anwendungsbereich<br />
und Regelungsinhalte.<br />
Nachstehend finden Sie einige der im Rahmen der<br />
gemeinsamen Veranstaltung vom 26. 11. 2012 (siehe<br />
FN 1) gehaltenen Vorträge abgedruckt.<br />
Notwendiger Beitrag der potenziellen Anwender<br />
Wenn zuvor angesprochen wurde, dass das Projekt des<br />
GKR zu den faszinierendsten europäischen privatrechtlichen<br />
Initiativen zählt, gilt dies für jeden einzelnen<br />
Rechtsanwalt in Österreich und in Europa als auch für jeden<br />
seiner Klienten, seien diese Konsumenten oder Unternehmer.<br />
Die Rechtsanwälte verstehen sich als Partner<br />
der Wirtschaft und als Unterstützer der Konsumenten.<br />
Rechtsanwälte sind für beide die erste Anlaufstelle für<br />
Rechtsrat und Rechtsvertretung. Sie haben nicht nur<br />
eine unverzichtbare Rolle als Garant der Rechtsstaatlichkeit<br />
im Allgemeinen. Im praktischen Alltags- und Geschäftsleben<br />
sind sie die unverzichtbaren „Übersetzer“<br />
des Rechts für dessen Anwendung und in seiner Anwendung.<br />
Dies in einer Umgebung zunehmend – nicht zuletzt<br />
auch wegen der europäischen Rechtsentwicklung<br />
– komplexer werdender und aus Anwendersicht oft ohne<br />
Beiziehung fachlichen Rates nicht mehr oder nur mehr<br />
schwer verständlicher Rechtsnormen.<br />
Der „Erfolg“ eines neuen europäischen Rechtssystems,<br />
eines neuen optionalen Instrumentes, wird daher<br />
gerade im Bereich des Vertragsrechtes sehr maßgeblich<br />
davon abhängen, dass es gelingt, die Rechtsanwälte in<br />
Österreich und in Europa und deren Mandanten davon<br />
zu überzeugen, dass im jeweiligen Einzelfall die Option<br />
hinein in das neue zukünftige GKR eine solche ist, die<br />
einerseits dem Mandanten guten Gewissens empfohlen<br />
werden kann und andererseits vom Anwender („User“)<br />
nach Abwägung als insgesamt potenziell vorteilhaft, zumindest<br />
aber ausgewogen angenommen wird, sei es, weil<br />
er – als User aus Unternehmersicht – all seinen grenzüberschreitenden<br />
Geschäften dasselbe gemeinsame<br />
Recht zugrunde legen und damit Transaktionskosten<br />
sparen kann oder – als User aus Konsumentensicht –<br />
auf ein hohes Verbraucherschutzniveau vertrauen kann.<br />
Der CCBE-Rat der Europäischen Anwaltschaften<br />
und der ÖRAK haben daher sowohl die dem VO-Entwurf<br />
vorangegangene Arbeit der Experten und der europäischen<br />
Institutionen und auch auf nationaler Ebene<br />
von Anfang an in einem positiv-konstruktiven Bemühen<br />
begleitet. Dies allerdings mit gewissen inhaltlichen<br />
Vorbehalten und Anmahnungen zu Vereinfachung und<br />
Präzisierung. 6) Fortsetzung siehe S 362<br />
1) Der Beitrag orientiert sich an einem von der Verfasserin am<br />
26. 11. 2012 anlässlich der gemeinsamen Veranstaltung des ÖRAK<br />
mit der Abteilung für Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Österreich<br />
zum Thema „Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht – eine<br />
attraktive Option für KMU?“ gehaltenen Eingangsvortrags.<br />
2) KOM (2011) 635 endg.<br />
3) Der CCBE-Rat der Europäischen Anwaltschaften hat eine erste, im<br />
Grundsatz positive Stellungnahme zu einer solchen Initiative der<br />
EK bereits im November 20<strong>06</strong> gefasst, im weiteren regelmäßig Stellungnahmen<br />
erarbeitet , seine Position zum VO-Entwurf nach seiner<br />
ersten Preliminary Position von Februar 2012 im September 2012<br />
verabschiedet und jüngst Kommentare zum JURI Berichtsentwurf<br />
des EP (2011/02284 [COD]) in seiner Plenarversammlung v 17./<br />
18. 5. <strong>2013</strong> in Athen verabschiedet; s dazu näher unter www.ccbe.<br />
eu Der ÖRAK bringt sich aktiv sowohl im nationalen Bereich als auch<br />
über die gemeinsame europäische Dachorganisation CCBE in diese<br />
Rechtsentwicklung ein.<br />
4) Siehe beispielhaft CCBE Position Paper on the Proposal for a Regulation<br />
on a Common European Sales Law (C v 7. 9. 2012, www.ccbe.<br />
eu; vgl auch Stellungnahme des Europäischen Rechtsinstituts ELI,<br />
www.europeanlawinsitute<br />
5) Der österr Bundesrat hatte – ähnlich wie der deutsche Bundestag<br />
und das britische House of Commons – eine begründete Stellungnahme<br />
gem Art 23 g Abs 1 B-VG über die Anwendung der Grundsätze<br />
der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit erstattet.<br />
6) Zu den Positionen des CCBE, der für dieses Projekt eine eigene Arbeitsgruppe<br />
(nunmehr erweitert auf European Private Law Committee)<br />
unter der Leitung von RA Prof. Dr. Friedrich von Westphalen eingerichtet<br />
hat, s www.ccbe.eu; vgl auch Prunbauer-Glaser in The Proposed<br />
Common European Sales Law – the Lawyers‘ View (sellier european<br />
law publishers <strong>2013</strong>) 3 ff.<br />
Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong><br />
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