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AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Rechtsprechung<br />

sen haben kann, verlangen eine überaus sorgfältige<br />

Vorgangsweise. Dazu hätte es auch gehört, durch gezielte<br />

Gespräche mit dem Anzeiger auf eine Abklärung<br />

der Bedenken hinzuwirken und die für die Bedenken<br />

maßgebenden Umstände nachvollziehbar zu dokumentieren.<br />

Angesichts der Umstände des konkreten Falls<br />

und im Hinblick auf die die Bedenken des DB rechtfertigenden<br />

Umstände ist sein Verhalten aber noch vertretbar,<br />

sodass ihm kein disziplinäres Fehlverhalten anzulasten<br />

ist.<br />

Anmerkung:<br />

Dem Erk ist vollinhaltlich zuzustimmen. Dass Rechtsmeinungen<br />

geteilt oder abgelehnt werden, entspricht dem Wesen der<br />

Rechtspraxis. Eine noch so gewissenhaft vorbereitete Klage<br />

kann erfolglos bleiben, ein bestens begründeter Antrag abgewiesen<br />

werden. In manchen Fällen bildet eine abgelehnte<br />

Rechtsansicht und eine darauf beruhende Maßnahme eines<br />

Anwalts jedoch Anlass für ein DisVerfahren. Es ist eine<br />

Grundvoraussetzung der freien Advokatur, dass der RA<br />

Rechtsansichten frei vortragen darf, ohne befürchten zu müssen,<br />

bei deren Ablehnung disziplinär zur Verantwortung gezogen<br />

zu werden. Mit dieser Freiheit korrespondiert jedoch eine<br />

beträchtliche Sorgfaltsanforderung, welche auch im vorliegenden<br />

Erk illustriert wird. In allen Fällen müssen die tatsächlichen<br />

Voraussetzungen sorgfältig erhoben und die Rechtsansicht<br />

zumindest vertretbar sein. Im besprochenen Erk hatte die<br />

OBDK das Beweisverfahren durch Erhebungen über die tatsächlichen<br />

Motive des DB und die Umstände, die ihn zur Stellung<br />

seines Antrags bewogen haben, ergänzt und auf dieser<br />

Grundlage zugunsten des DB entschieden.<br />

Kretschmer<br />

Zivil- und Unternehmensrecht<br />

8349<br />

§ 3 MRG; § 14 a WGG – Keine Erhaltungspflicht des Vermieters für einen defekten Boiler im Vollanwendungsbereich<br />

des MRG (WGG)<br />

OGH 13. 12. 2012, 1 Ob 183/12 m<br />

1. Im Vollanwendungsbereich des MRG sowie des WGG existiert ein so genannter „Graubereich“, in<br />

dem weder der Vermieter erhaltungs- noch der Mieter instandhaltungspflichtig ist. In diesen Graubereich<br />

fällt nicht nur eine nicht funktionierende Heizungstherme, sondern auch ein defekter Boiler. Die<br />

zum Austausch der Heiztherme entwickelten Grundsätze der stRsp gelten auch für den Austausch eines<br />

Boilers, sodass kein sofort fälliger Ersatzanspruch des Mieters besteht, der den Boiler ausgetauscht<br />

hat.<br />

2. Der Satz „die gewöhnliche Abnutzung geht zu Lasten des Vermieters“ stellt nach dem für die Auslegung<br />

iSd § 914 ABGB primär maßgeblichen Verständnis des Mieters nicht eindeutig klar, dass der<br />

Vermieter verpflichtet ist, auf seine Kosten altersbedingt defekt gewordene technische Einrichtungen<br />

zur Warmwasseraufbereitung (Boiler) oder Heizung auszutauschen, und dem Mieter, der anstelle des<br />

Vermieters diesen Aufwand tätigt, ein sofortiger Ersatzanspruch eingeräumt wird.<br />

Sachverhalt:<br />

Die beiden Beklagten sind gemeinsam Mieter einer im<br />

Eigentum der klagenden Partei – einer als gemeinnützig<br />

anerkannten Bauvereinigung iS des WGG – stehenden<br />

Wohnung. Das Mietverhältnis fällt in den Vollanwendungsbereich<br />

des MRG und des WGG. Der Mietvertrag<br />

enthält ua folgende relevante Bestimmungen:<br />

„V.(2) Der Mieter übernimmt die Wohnung (. . .) in<br />

dem Umfang und Zustand, wie sic sich im Zeitpunkte<br />

der Übergabe befindet und im Übergabeprotokoll festgehalten<br />

wird. (. . .) Der Mieter verpflichtet sich, den<br />

Mietgegenstand und alle gemieteten Einrichtungen<br />

und Einrichtungsgegenstände im gebrauchsfähigen<br />

und ordnungsgemäßen Zustand auf eigene Kosten soweit<br />

wie möglich zu warten und soweit es sich nicht<br />

um ernste Schäden des Hauses handelt oder um die Beseitigung<br />

einer erheblichen Gesundheitsgefährdung<br />

handelt, in einem zeitgemäßen Zustand instand zu halten.<br />

Dazu gehört insb (. . .) die Wartung von technischen<br />

Einrichtungen des Mietobjektes, wie etwa Etagenheizungen<br />

und Warmwasseraufbereiter durch befugte<br />

Professionisten. Die gewöhnliche Abnutzung<br />

geht zu Lasten des Vermieters (. . .).“<br />

Etwa im Jänner 2010 begann der Boiler im Mietobjekt<br />

zu tropfen. Er war altersbedingt nach etwa zehn bis<br />

elf Jahren defekt geworden. Ein über Ersuchen der klagenden<br />

Partei in die Wohnung gekommener Monteur<br />

eines Installationsunternehmens stellte fest, dass der<br />

Boiler irreparabel „kaputt“ sei und ein neuer Boiler eingebaut<br />

werden müsse. Die Frage des Monteurs nach<br />

dem Zahlungspflichtigen beantwortete der ZweitBekl<br />

damit, dass dafür wohl die klagende Partei zuständig<br />

sei. In der Folge installierte der Monteur über Aufforderung<br />

des ZweitBekl einen neuen Boiler. Die klagende<br />

Partei weigerte sich in der Folge, die Rechnung<br />

über a 1.057,08 zu bezahlen. Die Beklagten bezahlten<br />

daraufhin aufgrund der Bemerkung, dass das Installationsunternehmen<br />

ansonsten vom Eigentumsvorbehalt<br />

Gebrauch machen werde, die Rechnung. In der Folge<br />

beschlossen die Beklagten, den laufenden Mietzins<br />

382<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong>

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