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AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Abhandlung<br />

auf, „dass der Rechtsanwalt als obsiegende Partei in eigener<br />

Sache nicht nur – wie andere Parteien – Gebühren<br />

und Barauslagen ersetzt erhält, sondern tarifmäßige<br />

Kosten beanspruchen kann“. 62)<br />

Mit dem RATG 1969 wurde sein Anwendungsbereich<br />

erweitert, sodass dieser Grundsatz auch für die<br />

Privatanklage und die Privatbeteiligung gilt. Die gegenteiligen<br />

Entscheidungen des OGH zur Privatanklage<br />

aus den Jahren 1977 und 2011 wurden jeweils infolge<br />

einer Nichtigkeitsbeschwerde gefällt; in beiden<br />

Fällen war sie erfolgreich – ihr eigentliches Ziel, die<br />

Wahrung des Gesetzes, wurde aber verfehlt.<br />

62) VwGH 26. 6. 20<strong>06</strong>, 2003/09/0046.<br />

Fortsetzung von S 333<br />

Die Anwaltschaft sieht in der Entwicklung eines<br />

GKR und insb im VO-Entwurf grundsätzlich einen positiven<br />

Beitrag zur Stärkung des Binnenmarktes; eine<br />

Möglichkeit, insb für KMU, mit geringerem Transaktions-<br />

und Beratungskostenaufwand als bisher zukünftig<br />

in weiteren Märkten der Mitgliedstaaten tätig zu<br />

werden und den Binnenmarkt besser zu nutzen; auch<br />

einen potenziellen Beitrag zur Stärkung eines gesamteuropäischen<br />

Rechtsverständnisses durch Ausbalancierung<br />

zwischen dem kontinentaleuropäischen Regelungsverständnis<br />

gegenüber den zunehmenden Tendenzen<br />

der „Angloamerikanisierung“ des Rechts mittels<br />

einer ganz neuen und daher für alle neu zu<br />

lernenden, neu zu denkenden Rechtsordnung.<br />

Haltung der Anwaltschaft<br />

Der CCBE spricht sich in seinem Positionspapier zum<br />

VO-Entwurf aus September 2012 7) daher dafür aus,<br />

das GKR als nützliches Instrument anzusehen, mahnt<br />

jedoch auch inhaltliche Verbesserungen und Optimierungen<br />

an. Dies insb dahingehend, dass das GKR nicht<br />

nur beschränkt auf grenzüberschreitende, sondern auch<br />

für innerstaatliche Transaktionen anwendbar sein sollte;<br />

der (persönliche) Anwendungsbereich nicht nur auf aus<br />

Sicht des Vertragspartners als solche nicht leicht verifizierbare<br />

„KMU“ beschränkt, sondern ganz generell für<br />

Unternehmerverträge als optionales Instrument vorzusehen<br />

sei; die Praktikabilität und Umsetzbarkeit in die<br />

Praxis zu erleichtern und optimieren sei, indem grundlegende<br />

Regelungskonzepte und unbestimmte Gesetzesbegriffe<br />

präzisiert und klargestellt würden – etwa<br />

die Konzepte von „Treu und Glauben“ und „redlicher Geschäftsverkehr“<br />

oder der „Angemessenheit“ („Reasonableness“),<br />

zB durch Zurverfügungstellung von Standardklauseln<br />

für B2C- und B2B-Verträge und erläuternden<br />

Bemerkungen bzw Kommentaren dazu; weiters, dass<br />

die verwendete Terminologie im VO-Vorschlag selbst,<br />

aber auch in den amtlichen Übersetzungen auf Widersprüchlichkeiten<br />

überprüft werden möge; dass der Anwendungsbereich<br />

auf digitale Inhalte erstreckt, gleichzeitig<br />

aber auch die Hinweispflichten auf nicht individuell<br />

ausgehandelte AGB klarer geregelt werden.<br />

Für den ÖRAK ist weiters Grundvoraussetzung des<br />

grundsätzlichen JA zu einem GKR, dass dieses – jedenfalls<br />

auf absehbare Zeit – nur eine für alle Vertragspartner<br />

gleichermaßen mögliche zusätzliche (bloße) Option<br />

in Form eines „Opt-in“ ist. Bedenken bestehen insb zur<br />

schwierigen Abgrenzung zu Art 6 Abs 2 ROM I-VO<br />

iVm der Lückenhaftigkeit des GKR, weil eine ganze<br />

Reihe zentraler Fragen des Vertragsrechtes, wie zB Geschäftsfähigkeit,<br />

Rechtsfähigkeit, Stellvertretung, das<br />

Verhältnis des deliktischen zum vertraglichen Schadenersatzrecht,<br />

gar nicht erfasst sind – was dazu führt, dass<br />

diesbezüglich weiter das jeweilige anwendbare Recht<br />

und der Anwendungsbereich von ROM I geprüft werden<br />

müsste. Damit würde nicht nur die Erleichterung<br />

grenzüberschreitenden Handelns durch Senkung<br />

rechtsordnungsinduzierter Transaktionskosten nicht<br />

erreicht werden sondern das – sehr hohe, nach manchen<br />

Meinungen überbordende – Verbraucherschutzniveau<br />

des VO-Vorschlages wiederum durch notwendige<br />

Rückgriffe auf eventuell höheres nationalstaatliches<br />

Verbraucherschutzniveau unterlaufen. Hinzu kommen<br />

Bedenken in Bezug auf – aus Sicht der österr Anwaltschaft<br />

im Entwurf noch nicht ausreichend ausgewogene<br />

– Regelungen im Leistungsstörungsrecht (zB kein<br />

Nachbesserungsrecht des Unternehmers, Wegfall der<br />

„Hierarchie“ der Rechtsbehelfe, Fristen, Ausdehnung<br />

der Schadenersatzpflichten bei grundsätzlich verschuldensunabhängiger<br />

Haftung, Verjährungsregeln usw).<br />

Allesamt praktisch relevante Akzeptanz- und Anwendungsproblembereiche<br />

des beabsichtigten neuen Instruments.<br />

Im Detail ist auf die Stellungnahmen zu verweisen.<br />

Im weiteren legislativen Prozess wird dazu noch<br />

einiger Diskussions-Raum zu geben sein.<br />

Die europäische und österr Anwaltschaft wird sich<br />

weiterhin mit ihrer Expertise konstruktiv und positiv<br />

in den europäischen Legislativprozess einbringen und<br />

die Information darüber im interessierten Kollegenbereich<br />

vorantreiben. Das GKR möge schließlich eine<br />

starke Zukunft haben und zu einer europäischen Erfolgsstory<br />

werden. Eine solche wird es werden, wenn<br />

es im Ergebnis klar, verständlich, kohärent und benutzerfreundlich<br />

gestaltet ist und die Interessen ausgewogen<br />

balanciert.<br />

RA Dr. Marcella Prunbauer-Glaser<br />

7) Siehe www.ccbe.eu<br />

362<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong>

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