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AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Europa aktuell<br />

" die Annäherung und den Zugang zum Anwaltsberuf<br />

zu fördern, insbesondere für die jungen Generationen.<br />

Hier fällt sofort der wiederholte Hinweis auf die öffentlichen<br />

Interessen und die Rechte der Bürger auf. Offenbar<br />

hat man ganz deutlich den Verdacht vermeiden<br />

wollen, in den Kammern rein korporative Schutzmechanismen<br />

schaffen zu wollen.<br />

Der Rechtsanwalt<br />

Der Rechtsanwalt ist also ein Freiberufler, der dem<br />

Bürger den effektiven Schutz seiner Rechte zu garantieren<br />

hat und seine Leistung in Freiheit, Autonomie und<br />

Unabhängigkeit erbringt (Art 2).<br />

Bedingung für die Ausübung des Berufes ist die Eintragung<br />

in eine örtliche Liste. Dorthin kann eingetragen<br />

werden, wer einen mindestens vierjährigen 4) Universitätsabschluss<br />

der Rechtswissenschaft erlangt und<br />

das Staatsexamen nach Art 46 bestanden hat. Außerdem<br />

können eingetragen werden: Richter und Staatsanwälte,<br />

die den Dienst quittiert haben und keine<br />

schwerwiegenderen Disziplinarstrafen erhalten haben,<br />

sowie Universitätsprofessoren nach mindestens fünfjähriger<br />

Unterrichtstätigkeit der rechtswissenschaftlichen<br />

Fächer. Alle bereits eingetragenen Rechtsanwälte<br />

behalten ihre bisherige Position.<br />

Der Anwalt unterliegt dem Gesetz und dem Standesrecht.<br />

Dem Anwalt ist der Beistand, die Vertretung und<br />

Verteidigung vor allen Gerichtsbehörden und in ordentlichen<br />

Schiedsverfahren ausschließlich vorbehalten.<br />

Ebenso fallen der Beistand und die Beratung in Außerstreitsachen<br />

in seine Zuständigkeit, insofern sie „mit<br />

der gerichtlichen Tätigkeit zusammenhängen und dauerhaft,<br />

systematisch und in organisierter Form“ erbracht<br />

werden. Andererseits ist es gestattet, in Form eines Angestelltenverhältnisses<br />

oder einer dauerhaften Mitarbeit<br />

die Rechtsberatung für den Arbeitgeber zu erbringen.<br />

Der Titel Rechtsanwalt steht ausschließlich dem zu,<br />

der in die Anwaltslisten eingetragen ist oder war, außer<br />

er wurde von der Liste im Disziplinarweg definitiv getilgt.<br />

Standespflichten<br />

Art 3 legt angesichts der sozialen Bedeutung der<br />

Verteidigung als Grundsätze des Standesrechtes die<br />

Unabhängigkeit, die Redlichkeit, die Rechtschaffenheit,<br />

die Würde, den Anstand, die Sorgfalt und die<br />

Sachkenntnis sowie die Grundlinien des korrekten<br />

und fairen Wettbewerbes fest. Neu ist die gesetzliche<br />

Verankerung der Berufs-(Standes-)ordnung. Bisher<br />

war das Recht des Consiglio Nazionale Forense, eine<br />

Standesordnung zu erlassen, nur durch die Rsp der<br />

Höchstgerichte anerkannt worden. Die neue Rechtsanwaltsordnung<br />

bestimmt nun formell, dass die standesrechtlichen<br />

Grundsätze vom Consiglio Nazionale Forense<br />

in einem Standeskodex (codice deontologico)<br />

festzuhalten sind, in dem die Regeln für die Beziehungen<br />

zum Mandanten, zur Gegenpartei, zu den anderen<br />

Rechtsanwälten und anderen Freiberuflern spezifisch<br />

und mit Angabe der Sanktionen anzugeben sind. Nähere<br />

Durchführungsbestimmungen zur Veröffentlichung<br />

der Standesordnung sind vom Justizministerium<br />

zu erlassen.<br />

Anwaltssozietäten<br />

Das schon bisher bestehende Recht beruflicher Zusammenschlüsse<br />

und Sozietäten wird bestätigt. Neu<br />

ist die nunmehrige Regelung, dass ein Anwalt nur einer<br />

Vereinigung angehören darf.<br />

Neu ist auch die Bestimmung, dass die Vereinigungen,<br />

die ausschließlich berufliche Leistungen erbringen,<br />

nicht dem Insolvenzrecht unterworfen sind.<br />

Anwaltsgesellschaften<br />

Die Regierung wird beauftragt, die Durchführungsbestimmungen<br />

zur Ausübung des Anwaltsberufes in<br />

Gesellschaftsform zu erlassen, wobei folgende Prinzipien<br />

festgelegt werden:<br />

" Zulassung aller im Zivilgesetzbuch vorgesehenen<br />

Gesellschaftsformen (Personen- und Kapitalgesellschaften,<br />

Genossenschaften), wobei jedoch alle Gesellschafter<br />

oder Genossenschafter Rechtsanwälte<br />

sein müssen (Ausschluss reiner Kapitalgesellschafter);<br />

" der Anwalt kann nur einer einzigen Gesellschaft angehören;<br />

" die Gesellschaft muss den Namen „Anwaltsgesellschaft“<br />

tragen;<br />

" die Mitglieder der Verwaltungsorgane müssen der<br />

Gesellschaft angehören;<br />

" das Mandat an die Gesellschaft ist persönlicher Natur<br />

und kann nur von einem ordnungsgemäß zugelassenen<br />

Rechtsanwalt erfüllt werden, der neben<br />

der Gesellschaft gesamtschuldnerisch haftet;<br />

" die Gesellschaft ist in einem speziellen Register bei<br />

der zuständigen Anwaltskammer einzutragen und<br />

unterliegt den standesrechtlichen Bestimmungen;<br />

" die Suspendierung oder Tilgung des Gesellschafters<br />

von der Anwaltsliste hat dessen Ausschluss aus der<br />

Gesellschaft zur Folge;<br />

" die Ausübung des Anwaltsberufes in Gesellschaftsform<br />

stellt keine Unternehmertätigkeit dar, so dass<br />

die Gesellschaft nicht dem Insolvenzrecht unterliegt.<br />

Das Berufsgeheimnis<br />

In den Grundlinien wird das Berufsgeheimnis gesetzlich<br />

festgelegt. Es handelt sich um eine Pflicht, aber<br />

auch um ein Recht, so dass der Anwalt über Umstände,<br />

die unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht zur Zeugenaussage<br />

verpflichtet werden kann.<br />

4) Man beachte den offensichtlichen Seitenblick auf das Bologna-Modell!<br />

364<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong>

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