AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...
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Abhandlung<br />
" § 381 StPO sei – spätestens seit dem Strafkostengesetz<br />
1925 8) – als abschließende Aufzählung der ersatzfähigen<br />
Kosten zu verstehen. Eine Entlohnung für<br />
die eigene Mühewaltung der Partei („Selbstvertretung“)<br />
finde sich in der Auflistung nicht, auch nicht<br />
für jene eines Rechtsanwalts in eigener Sache. „Kosten<br />
der Verteidiger und anderer Vertreter“ (§ 381<br />
Abs 1 Z 8 StPO 9) ) seien nur die Kosten eines tatsächlich<br />
in Anspruch genommenen Vertreters. Dies<br />
bringe auch die Einleitung des § 393 Abs 1 StPO<br />
deutlich zum Ausdruck (arg: „Wer sich im Strafverfahren<br />
eines Vertreters bedient“). § 381 Abs 1 Z 8<br />
StPO korrespondiere zudem mit § 393 Abs 4<br />
StPO, 10) worin von „alle[n] Kosten der Verteidigung<br />
und der Vertretung“ die Rede ist; 11) dieser Bestimmung<br />
könne keine andere Bedeutung beigemessen<br />
werden, als dass darunter jene Kosten zu verstehen<br />
sind, die nach § 381 StPO überhaupt als ersatzfähig<br />
gelten.<br />
" Dem rechtsunkundigen Privatankläger gebühre kein<br />
Ersatz für eigene Mühewaltung, selbst der Ersatz von<br />
Zeugengebühren sei ausgeschlossen (§ 383 StPO idF<br />
vor BGBl 1958/2, § 2 GebAG). 12) Es bestehe kein<br />
hinreichender Grund für die Bevorzugung des<br />
Rechtsanwalts in eigener Sache.<br />
" § 1 Abs 2 Satz 1 RATG 1969 sage nichts darüber aus,<br />
unter welchen Voraussetzungen einem Rechtsanwalt<br />
in eigener Sache vom Gegner Kosten zu ersetzen<br />
sind, sondern besage bloß, dass sich die Höhe des Ersatzes<br />
nach dem Tarif richtet, falls überhaupt – dem<br />
Grunde nach – ein Ersatz stattfindet.<br />
III. Kritische Würdigung<br />
8) Bundesgesetz v 8. 7. 1925, betreffend die Kosten des Strafverfahrens,<br />
BGBl 1925/233.<br />
9) Vgl § 381 Abs 1 Z 4 StPO idF RGBl 1873/119 bzw § 381 Abs 1 Z 3<br />
StPO idF BGBl 1925/233: „die Gebühren der Vert[h]eidiger und anderer<br />
Parteienvertreter“.<br />
10) Vgl § 393 Abs 3 StPO idF RGBl 1873/119.<br />
11) Siehe zu diesem Argument Kornfeld, MR 1992, 17.<br />
12) OGH 7. 4. 1897, 3.850 KH 2.074; 31. 5. 1907, 7.2<strong>06</strong> KH 3.346; vgl<br />
auch OGH 16. 11. 1911, Kr VI 164/11 KH 3.888.<br />
1. Widerspruch zur Rechtsprechung<br />
der Zivilgerichte<br />
Während das erste der eben genannten Argumente nur<br />
das Kostenersatzrecht der StPO betrifft, reichen die<br />
beiden anderen weit über das Strafverfahren hinaus –<br />
stellen sie doch die gefestigte Rsp der Zivilgerichte<br />
und die zivilverfahrensrechtliche Lehre infrage:<br />
Anders als §§ 380 ff StPO statuiert § 41 Abs 1 ZPO<br />
eine allgemeine Ersatzpflicht der unterliegenden Partei<br />
für alle durch die Prozessführung verursachten, zur<br />
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen<br />
Kosten. § 42 ZPO macht davon jedoch eine wesentliche<br />
Ausnahme: Die Partei selbst kann (ebenso wie der<br />
Nebenintervenient) für persönliche Bemühungen, mögen<br />
sie auch zweckentsprechend und notwendig sein,<br />
keine Vergütung beanspruchen. 13) Der Rechtsanwalt 14)<br />
in eigener Sache ist Partei (vgl § 28 ZPO) und daher<br />
– jedenfalls dem Wortlaut nach 15) – von § 42 ZPO erfasst.<br />
Die darin statuierte Ausnahme ist aber durch die<br />
Gegenausnahme in § 1 Abs 2 Satz 1 RATG 1969<br />
durchbrochen, sodass dem Rechtsanwalt in eigener Sache<br />
doch Kostenersatz für seine anwaltlichen Leistungen<br />
gebührt. Dieses Verständnis von § 1 Abs 2 Satz 1<br />
RATG 1969 überwiegt nicht nur in der Lehre ganz eindeutig,<br />
16) sondern ist auch in der Rsp der Zivilgerichte 17)<br />
etabliert (vgl auch § 91 Abs 2 Satz 3 dZPO idgF 18) ).<br />
Überhaupt reduziert die Argumentation der Strafgerichte<br />
die praktische Relevanz von § 1 Abs 2 Satz 1<br />
RATG 1969 ganz erheblich. Denn wäre er nur anwendbar,<br />
wenn das Kostenersatzrecht der jeweiligen<br />
Verfahrensordnungen eine Vergütung für Rechtsanwälte<br />
in eigener Sache oder allgemein für die Mühewaltung<br />
der Partei anordnet, bliebe ihm jedenfalls im strei-<br />
13) M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/1 2 (2002)<br />
§ 42 ZPO Rz 1 f.<br />
14) Auf den Notar in eigener Sache wird hier nicht eingegangen; für dessen<br />
Kostenersatzanspruch in eigener Sache etwa LG Wels 2. 4. 2003,<br />
23 R 45/03 m NZ 2003/104; OLG Wien 9. 7. 2002, 15 R 143/02 p<br />
WR 925; LG Krems an der Donau 11. 12. 1989, 1 b R 156/89 NZ<br />
1991, 19; aA LGZ Graz 16. 10. 1991, 4 R 421/91 NZ 1992, 154.<br />
15) Vgl aber Neumann (Commentar zu den Civilproceßgesetzen I [1898]<br />
223 f; Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen I 2 [1908] 532), der in<br />
den ersten beiden Auflagen seines ZPO-Kommentars § 42 ZPO teleologisch<br />
reduziert und sich erst in der dritten Auflage (s FN 16)<br />
auf § 17 Tarifverordnung 1909 beruft.<br />
16) M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/1 2 § 42 ZPO<br />
Rz 1 f; Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts 2<br />
(1990) Rz 450; Konecny, Masseverwalter als Prozessvertreter, ecolex<br />
2010, 352 (353); Obermaier, Kostenhandbuch 2 (2010) Rz 102; Zib in<br />
Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/1 2 § 28 ZPO Rz 7; zur<br />
Rechtslage vor dem RATG 1969 s Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen<br />
II (1962) 326 f (§ 42 ZPO Anm 2); Klar, Über den<br />
Kostenersatzanspruch der Rechtsanwälte und Notare in eigener<br />
Rechtssache, GZ 1928, 369 (369), dem zufolge aber Exekutionssachen<br />
nicht erfasst sind; Neumann, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen<br />
I 4 (1927) 536; Pollak, System des österreichischen Zivilprozeßrechtes<br />
mit Einschluß des Exekutionsrechtes 2 (1932) 65; zur<br />
Rechtslage vor dem RATG 1923 s Neumann, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen<br />
I 3 (1914) 573 f; Skedl, Das österreichische Civilprozessrecht<br />
I (1900) 294 FN 62; zum Exekutionsverfahren s nur Fucik<br />
in Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung (Loseblatt,<br />
Stand 20<strong>06</strong>) § 74 EO Rz 16 mwN. Gegenteilig äußern sich etwa: Gebauer,<br />
Das Honorar des Rechtsanwaltes (1981) 45 ff, dem zufolge<br />
aus § 1 Abs 2 RATG ein Anspruch auf Ersatz der „zur Rechtsverfolgung<br />
notwendigen Barauslagen“ folgt; Schmidt, ÖBl 1993, 7.<br />
17) OLG Wien 25. 2. 2011, 7 Rs 8/11 i; OGH 22. 2. 2005, 1 Ob 9/05 p;<br />
29. 5. 2001, 1 Ob 195/00 h; OLG Wien 26. 1. 1998, 8 Rs 9/98 x; vgl<br />
auch LGZ Wien 27. 8. 1973, 41 R 500/74 MietSlg 26.470; OGH<br />
9. 7. 1969, 7 Ob 109/69 SZ 42/111.<br />
18) Siehe FN 23 f; dazu Giebel in MünchKomm ZPO I 3 (2008) § 91 ZPO<br />
Rz 74 mwN; s auch Bork in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung II 22<br />
(2004) § 91 ZPO Rz 135: § 91 Abs 2 Satz 3 dZPO „fingiert das entgeltliche<br />
Mandat“.<br />
Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong><br />
Kostenersatzanspruch des Rechtsanwalts in eigener (Straf-)Sache<br />
Autor: Ass.-Prof. Dr. Andreas Geroldinger, Linz<br />
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