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AnwBl_2013-06_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Europa aktuell<br />

Das Domizil<br />

Der Rechtsanwalt muss sich in die Liste der Kammer<br />

bei dem Tribunal eintragen, wo er seinen Beruf vorwiegend<br />

ausübt. Dies muss er in seinem Antrag formell erklären,<br />

wie er auch eventuell angeben muss, wenn Beziehungen<br />

von Verwandtschaft, Verschwägerung, Ehe<br />

oder Zusammenleben mit dortigen Richtern vorliegen.<br />

Wenn der Rechtsanwalt eine Kanzlei außerhalb des<br />

Gerichtssprengels eröffnet, muss er dies der eigenen<br />

Kammer und jener des zusätzlichen Kanzleistandortes<br />

mitteilen. Italienische Anwälte, die den Beruf im Ausland<br />

ausüben und dort ihren Wohnsitz haben, behalten<br />

die Eintragung in die heimische Kammer. 5)<br />

Der Eid<br />

Um den Beruf ausüben zu können, muss der Rechtsanwalt<br />

vor dem Kammerausschuss in öffentlicher Sitzung<br />

(bisher vor dem Tribunal) einen Eid ablegen,<br />

mit dem er sich verpflichtet, „im Sinne der Würde<br />

und der sozialen Funktion des Berufes die Standespflichten<br />

mit Korrektheit, Ehrenhaftigkeit und Sorgfalt<br />

für die Ziele der Justiz und zum Schutz des Mandanten<br />

in den Formen und nach den Grundsätzen des Berufes“<br />

zu beachten. Hier ist also endlich die alte, auf faschistischer<br />

Tradition beruhende Formel gefallen, mit der<br />

sich der Anwalt verpflichten musste, auch „die höchsten<br />

Ziele der Nation“ zu beachten.<br />

Die Spezialisierung (Fachanwaltschaft)<br />

Neu ist die Anerkennung einer Spezialisierung, die<br />

ungefähr der deutschen Fachanwaltschaft entspricht.<br />

Als Spezialist kann anerkannt werden, wer mindestens<br />

acht Jahre in die Anwaltsliste eingetragen ist und einen<br />

zweijährigen Fortbildungskurs an der rechtswissenschaftlichen<br />

Fakultät einer anerkannten Universität absolviert<br />

hat oder laut Bescheinigung seiner Kammer in<br />

den letzten fünf Jahren ununterbrochen und vorwiegend<br />

auf einem der Spezialisierungsgebiete tätig war.<br />

Die Zuerkennung oder der Widerruf des Titels eines<br />

Spezialisten liegt ausschließlich beim Consiglio Nazionale<br />

Forense. Die näheren Durchführungsbestimmungen<br />

sind vom Justizminister zu erlassen; die Norm<br />

tritt also zunächst nicht in Kraft.<br />

Information über die Berufsausübung<br />

Die Werbung und Information über die Ausübung<br />

des Berufes, die Organisation und Struktur der Kanzlei,<br />

allfällige Spezialisierungen und wissenschaftliche und<br />

berufliche Titel ist erlaubt. Information und Werbung<br />

kann mit allen auch informatischen Mitteln geschehen;<br />

sie muss aber transparent, wahr und korrekt und darf<br />

nicht vergleichend, missverständlich, irreführend oder<br />

verfänglich sein. Auf jeden Fall muss sie sich auf das<br />

Wesen der beruflichen Leistung beziehen.<br />

Weiterbildung<br />

Das neue Gesetz bringt die Verpflichtung zur Weiterbildung<br />

im Sinne einer konstanten Beibehaltung<br />

und Anpassung der Sachkenntnis, der Qualität der beruflichen<br />

Leistung und eines bestmöglichen Beistandes<br />

des Mandanten. Die Durchführungsbestimmungen<br />

über die näheren Umstände der Weiterbildung sind<br />

dem Consiglio Nazionale Forense delegiert.<br />

Versicherungen<br />

Der Anwalt, die Vereinigung, die Gesellschaft oder<br />

Genossenschaft muss eine Haftpflichtversicherung abschließen<br />

und die Daten dem Mandanten unaufgefordert<br />

bekannt geben. Außerdem müssen sie eine Unfallversicherung<br />

zugunsten der Mitarbeiter, Praktikanten<br />

und Angestellten abschließen. 6) Die Angaben zu den<br />

Versicherungen müssen der Kammer mitgeteilt werden.<br />

Die Festsetzung der näheren Bedingungen und<br />

der Mindestbeträge ist der Durchführungsverordnung<br />

des Justizministers vorbehalten.<br />

Mandatserteilung und Entgelt<br />

Zunächst wird festgelegt, dass der Anwalt die Tätigkeit<br />

auch für sich selbst oder auch unentgeltlich erbringen<br />

kann.<br />

Das Entgelt ist in der Regel schriftlich bei der Mandatserteilung<br />

zu vereinbaren. Die Vereinbarung ist frei.<br />

Zulässig ist die Vereinbarung eines Entgeltes auf zeitlicher<br />

Basis, in pauschalem Ausmaß, für eine oder mehrere<br />

Angelegenheiten, für einzelne Abschnitte oder<br />

Handlungen oder für die gesamte Tätigkeit, im Verhältnis<br />

zum Streitwert oder zum auch nicht nur rein<br />

vermögensrechtlichen Nutzen, den der Empfänger<br />

der Dienstleistung voraussichtlich ziehen wird. Verboten<br />

ist aber die Vereinbarung, wonach der Anwalt den<br />

Streitgegenstand selbst ganz oder teilweise als Entgelt<br />

erhalten solle (pactum quota litis).<br />

Der Anwalt ist gehalten, bei der Auftragserteilung<br />

dem Mandanten iS der Transparenz den Schwierigkeitsgrad<br />

zu erläutern und ihm alle zu diesem Zeitpunkt<br />

vorhersehbaren Kosten und Lasten anzugeben. Auf<br />

Verlangen muss er dem Mandanten schriftlich die voraussichtlichen<br />

Kosten der Leistung mitteilen, getrennt<br />

nach Auslagen, Unkosten und Entgelt.<br />

Wird keine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen,<br />

finden die vom Justizminister alle zwei Jahre<br />

auf Vorschlag des Consiglio Nazionale Forense erlassenen<br />

Parameter Anwendung; dies gilt auch bei jeder gerichtlichen<br />

Kostenfestsetzung. Diese Parameter müssen<br />

der Transparenz und der Einfachheit der Kostenfestsetzung<br />

dienen. 7)<br />

5) Und die Verpflichtung zur dortigen Beitragszahlung!<br />

6) Diese nicht ganz verständliche Bestimmung (es gibt ja eine staatliche<br />

obligatorische Unfallversicherung!) hat sofort für Unmut gesorgt,<br />

und es bleibt abzuwarten, ob sie auch wirklich aufrecht bleibt.<br />

7) Nach der Abschaffung des bisherigen Anwaltstarifs durch das Gesetzesdekret<br />

v 24. 1. 2012 Nr 1 sind schon die ersten Parameter durch<br />

Ministerialdekret v 20. 7. 2012 erlassen worden. Dabei hat man löblicherweise<br />

die Positionen des Tarifs ähnlich deutschem Recht stark<br />

reduziert und übersichtlicher gemacht. Im Zivilverfahren gibt es<br />

nur mehr vier Positionen, im Exekutionsverfahren deren zwei, im<br />

Strafverfahren deren fünf. Allerdings wurden die Beträge sehr niedrig<br />

gehalten, was den Unmut des Anwaltsstandes bewirkt hat.<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>06</strong><br />

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