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106 Lifestyle regjo südniedersachsen<br />
regjo südniedersachsen Lifestyle 107<br />
Genießen für Feingeister N o 2<br />
Die grenzenlose Vielfalt von Genuss und Ästhetik gibt breiten Raum zum Ausprobieren, die eigenen Sinne zu schärfen<br />
und Perspektiven zu überdenken. Diesmal: Teezubereitungskunst und Betrachtungen zum Business-Dresscode.<br />
Die hohe Kunst der Teezubereitung<br />
Text: Sven Grünewald, Christian Michaelis Fotografie: Sven Grünewald<br />
Tee in einen Beutel (oder noch schlimmer: abgepackt im Beutel),<br />
kochendes Wasser drauf, fünf Minuten ziehen lassen? Gratulation,<br />
das ist die sicherste Methode, jegliches Aroma zu ruinieren.<br />
Will man hingegen das Teearoma optimal herauskitzeln, sind<br />
Experimentierfreude, Fingerspitzengefühl und ein Haufen besonderer<br />
Regeln nötig. Doch im Grunde ist jeder Tee wie eine Schneeflocke<br />
– ein Unikat. Um dessen Besonderheiten zu entdecken, muss<br />
man ganz genau hinschauen. Die wichtigsten Hilfsmittel zur aromaintensivsten<br />
Zubereitung von Blatttees sind: Thermometer,<br />
Glaskanne, Handsieb, Eieruhr und eine Waage. Aber keine Angst:<br />
Selbst, wenn die Teezubereitung kompliziert erscheint, kann man<br />
eigentlich nicht viel falsch machen. Denn es gibt nicht die perfekte<br />
Teezubereitungsformel.<br />
Noch ein paar Worte zur Lagerung...<br />
Das große Stichwort heißt zunächst einmal Aroma-Verlust. Tee lässt<br />
sich quasi ewig lagern, nur verliert er mit der Zeit und insbesondere<br />
durch Sauerstoffkontakt Aroma, vor allem die blumigen Noten (der<br />
Tee „dampft ab“) – zum Beispiel sollte man einen Flugtee Darjeeling<br />
innerhalb eines halben Jahres trinken; bei Japanern (die blumigen<br />
Tees, nicht die billigen) ist das ähnlich. Und der Tee nimmt Umgebungseinflüsse<br />
auf. Daher ihn nie direkt in metallene Teedosen<br />
einfüllen, sondern ihn immer in der originalen Verpackung belassen<br />
(und dann gerne in eine Teedose) und so luftdicht wie möglich<br />
verschließen. Leider ist das in vielen Teeläden noch nicht angekommen<br />
– achten Sie mal drauf: Da wird der Tee aus der originalen<br />
Großverpackung umgefüllt und direkt in Metall- oder Holzkisten<br />
gelagert. Arrivederci Aroma! Bei luftdichter und kühler Lagerung<br />
kann sich das Aroma hingegen auch schon einmal bis zu zwei Jahre<br />
halten (die hochwertigen Tees werden im Teeladen daher auch im<br />
Kühlschrank gelagert).<br />
...und zum Wasser...<br />
Von der Härte des Wassers hängt die Teemenge ab: je weicher, desto<br />
weniger. Tee sollte man mit möglichst weichem Wasser zubereiten;<br />
bei zu viel Kalk empfiehlt sich ein Wasserfilter. In Göttingen<br />
allerdings ist das Wasser von sehr guter Qualität. Den Unterschied<br />
schmeckt man: Die blumigen Aromen können sich gut entfalten,<br />
während in hartem Wasser Aromanuancen nicht wahrgenommen<br />
werden können. Bei hartem Wasser bildet sich zudem eine Schicht<br />
aus Fluor (erkennt man nach einiger Zeit am Film auf der Oberfläche),<br />
die leider ziemlich viel Geschmack bindet. Der Tee hat in hartem<br />
Wasser auch keine Leuchtkraft mehr, sondern sieht trübe aus.<br />
Noch eines zur Temperatur. Man sagt pauschal: Schwarztees mit<br />
kochendem Wasser aufbrühen, Grüne und Weiße aber nur mit<br />
80°. Das sollte man berücksichtigen. Der Grund ist allerdings ein<br />
rein geschmacklicher – bei 100° gehen die wertvollen Inhaltstoffe<br />
des Grünen und Weißen Tees nicht kaputt, sehr wohl jedoch das<br />
Aroma.<br />
...und zur Teemenge<br />
Hat man grad keine Waage zur Hand, kann man als Daumenregel<br />
festhalten, dass ein gehäufter Teelöffel etwa 2,5 bis 3 Gramm Tee<br />
entspricht – bei Tees mit kleinem, zerhäckselten Blatt: Darjeelings,<br />
Ceylon, Assam, billige Grüntees etc. Bei großem Blatt oder wenn<br />
das Blatt etwa flach zusammengerollt ist, kann das Gewicht teils<br />
sehr deutlich davon abweichen. Und noch ein Tipp für Kaffeetrinker:<br />
Diese sollten etwas mehr Tee nehmen, weil sie sonst nicht so<br />
viel rausschmecken.<br />
1. Freischwimmend aufbrühen – der Klassiker<br />
Teearten: alle Schwarztees (mit kochendem Wasser) und (mit auf<br />
80° abgekühltem Wasser) einfache Grüntees und Weiße Tees – aber<br />
keine Pu-erhs.<br />
Technik: Die sicherlich einfachste Zubereitung: Den Tee lose (nicht<br />
in einem Teebeutel oder Metallei!) in eine große Glaskanne geben<br />
und mit heißem Wasser freischwimmend aufbrühen.<br />
Dosierung: etwa 6 bis 10 Gramm pro Liter (je nach Geschmack und<br />
Wasserhärte).<br />
Ziehzeit: Nach 60 Sek. bis 3 Min. den Tee abgießen – hier ist Ausprobieren<br />
angesagt! Einstiegstipp für alle Tees: 2,5 Min. Ziehzeit sind<br />
ein guter Richtwert. Ab 3 Min. lösen sich verstärkt die Gerbstoffe,<br />
was dem Tee eine unangenehme Bitternote gibt, weniger als 2 Min.<br />
lassen den Tee eventuell wässrig schmecken.<br />
2. Vom Blatt trinken – für Profis<br />
Teearten: überwiegend Grüne, Oolongs (und hier die schwach<br />
fermentierten – oft Jade Oolongs genannt), auch einige wenige<br />
Schwarze (vor allem hochwertige chinesische, weil die selten bittern)<br />
– und keine Pu-erhs!<br />
Technik: Die individuelle Zubereitung in einem Glas ist dem Auf-