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Regjo Südniedersachsen bildung spezial inklusion XXXIII<br />

Alltag: Werk-Unterricht mit förderbedürftigen und „normalen“ Schülern, betreut von zwei Lehrern, an der IGS in Göttingen.<br />

Im Fachunterricht Kunststoff stellen die Schüler ihre eigenen Klebebandabroller her. Einer der Schüler, Julian (Bild rechts), hat große Schwierigkeiten,<br />

sich zu konzentrieren. Ein studentischer Einzelfallhelfer (im Hintergrund) achtet permanent darauf, dass sich Julian weiter und wieder seiner<br />

Aufgabe widmet, statt abzuschweifen.<br />

dem jeweiligen Schulbezirk auf und die Förderpädagogen aus<br />

den Förderzentren werden dann in den Grundschulen eingesetzt,<br />

um mit den Grundschullehrkräften zusammen zu unterrichten.<br />

Die Fortbildungsangebote für Lehrer sind, laut Eberhard<br />

Brandt, Landesvorsitzender der Gewerkschaft für Erziehung und<br />

Wissenschaft (GEW) Niedersachsen, sehr stark nachgefragt: „Die<br />

Lehrer möchten wissen, wie man das Lernen mit beeinträchtigten<br />

Kindern plant und wie zusammen mit Förderschullehrkräften<br />

gemeinsamer Unterricht konzipiert wird. Es müssen allerdings<br />

mehr Fortbildungen angeboten werden als es bisher gibt.“ Auch<br />

Wolfgang Vogelsaenger, Leiter der IGS in Göttingen, schätzt den<br />

Bedarf an Fortbildungen für die Lehrer als sehr hoch ein, auch<br />

wenn für ihn ein Mentalitätswandel das Entscheidende ist: „Das<br />

Wichtigste ist eine andere Haltung als die, die der klassische Lehrer<br />

entwickelt hat: dass eben nicht das Fach im Mittelpunkt steht.“<br />

Um die Lehrkräfte zu unterstützen, hat das Kultusministerium<br />

Qualifizierungsangebote aufgelegt, mit denen Lehrer nach<br />

und nach weitergebildet werden. Grundschullehrer nutzen diese<br />

seit 2011, Lehrkräfte weiterführender Schulen nehmen seit Herbst<br />

2012 an den Fortbildungsmaßnahmen teil. 90 sogenannte „Teamer“<br />

wurden dafür ausgebildet. Die Teamer sind selbst Lehrkräfte<br />

des Primar-, Förderschul- und Sekundarbereichs, die in Zusammenarbeit<br />

mit der Universität Oldenburg für die Qualifizierung<br />

der Kollegen vorbereitet wurden. Als Zweierteams führen sie<br />

jeweils fünfeinhalbtägige Schulungen für bisher insgesamt über<br />

2.500 Lehrkräfte durch. Zum Vergleich: 2011 gab es in Niedersachsen<br />

rund 65.000 hauptberufliche Lehrkräfte. Die Schwerpunkte<br />

der Fortbildungen liegen in den Bereichen Unterrichtsgestaltung,<br />

Förderplanung und Diagnostik, Prävention und Intervention<br />

bei Verhaltensauffälligkeiten; der Umgang mit heterogenen<br />

Lerngruppen soll ebenso vermittelt werden wie die Erstellung von<br />

Handlungskonzepten bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen.<br />

Fortbildungen für die Lehrer müssen vor Ort, in den Schulen<br />

und im Unterricht selbst, stattfinden.<br />

Wichtig ist der Praxisbezug, Fortbildungen sind daher am effektivsten<br />

vor Ort, in den Schulen und mit den Schülern selbst.<br />

An der IGS geschieht das sozusagen „on the job“: „Unsere Förderschullehrer<br />

bilden unsere Fachlehrer mit aus, indem sie<br />

gemeinsam den Unterricht abhalten. Sie geben ihr Wissen<br />

an die Kollegen ganz automatisch weiter“, so Vogelsaenger.<br />

Die regionalen Fortbildungen sind in Niedersachsen an<br />

neun Kompetenzzentren delegiert. Im Raum Südniedersachsen<br />

wurde dafür etwa das Netzwerk Lehrerfortbildung<br />

(NLF) an der Georg-August-Universität Göttingen eingerichtet.<br />

Jedes Kompetenzzentrum ist für die Entwicklung, Organisation,<br />

Durchführung und Evaluation der von ihm angebotenen<br />

regionalen Fortbildung für öffentliche Schulen<br />

verantwortlich. Inhaltliche Schwerpunkte liegen - neben der<br />

Inklusion - in der Unterrichts- und Schulentwicklung, der Leseförderung,<br />

der Medienbildung und Deutsch als Zweitsprache.<br />

Einen Weiterbildungsmaster „Inklusive Pädagogik und Kommunikation“<br />

bietet seit Oktober 2012 die Universität Hildesheim an.<br />

Er ist berufsbegleitend studierbar und wird gut angenommen,<br />

berichtet Dr. Margitta Rudolph. Sie ist Direktorin des Weiterbildungszentrums<br />

der Uni Hildesheim und hat den Studiengang mit<br />

konzipiert. In der Regel sitzen in einem Semester 25 bis 30 Studierende<br />

aus Deutschland und der Schweiz. Auch die Studierendengruppen<br />

sind heterogen zusammengesetzt: von Erziehern, Lehrkräften<br />

aller Schulformen über Schulleiter und Sozialpädagogen.<br />

Fort- und Weiterbildungen sind wichtig, aber die Umsetzung inklusiven<br />

Unterrichts fängt schon in den Lehrplänen des Lehramtsstudiums<br />

an. Dabei haben selbst Universitäten, die Förderschullehrer<br />

ausbilden, einen gewissen Veränderungsbedarf. Der Umgang<br />

mit förderbedürftigen Kindern wird zwar gelehrt, das heißt aber<br />

nicht automatisch „inklusive“ Ausbildung. Denn in Zukunft müssen<br />

sie auch „normale“ Kinder mit berücksichtigen. „Die Fachlichkeit<br />

spielt bei den Sonderpädagogen eine ganz andere Rolle<br />

als beim Regelschullehrer. Das Verhältnis von Fachlichkeit und<br />

inklusivem Denken wird zur Debatte gestellt werden“, so Dr. Dirk<br />

Jahreis, Geschäftsführer des Netzwerks Lehrerfortbildung an der<br />

Uni Göttingen. „In der Ausbildung der Förderpädagogen muss sich<br />

in Zukunft außerdem widerspiegeln, dass sie nicht mehr nur für<br />

den Unterricht mit förderbedürftigen Kindern ausgebildet werden,<br />

sondern mehr und mehr als Experten. Sie werden als Berater<br />

tätig sein und das Unterrichten in den „Förderschulen“ ist nur<br />

noch ein Teil ihrer Arbeit.“ Auf der anderen Seite steht im Bereich<br />

der Ausbildung von Lehrkräften für allgemeinbildende Schulen<br />

aber immer noch die fachliche Ausbildung und weniger das Kind<br />

im Mittelpunkt. „Bereiche wie Pädagogik und Psychologie müssen<br />

zunehmend in die Ausbildung mit einbezogen werden“, so<br />

Prof. Gisela Schulze, Institutsdirektorin für Allgemeine Sonderpädagogik<br />

Rehabilitation an der Universität Oldenburg. In Oldenburg<br />

wird zum Beispiel das Wahlmodul „Hören, Lernen, Inklusion“<br />

angeboten, das für alle Lehramtsstudiengänge offen ist. Einzelne<br />

Angebote sind also vorhanden, allgemein aber haben Studenten,<br />

die nicht Sonderpädagogik studieren, kaum Zugang zu solchen<br />

Angeboten. „Wünschenswert an der Uni Göttingen wäre<br />

eine Professur mit der Professionalisierung Heterogenität. Denn<br />

auch, wenn hier keine Förderschullehrer ausgebildet werden, brauchen<br />

wir die Expertise dafür. Das läuft in der Hochschulstruktur<br />

über Professuren, was natürlich auch Geld kostet“, betont Prof.<br />

Hermann Veith, wissenschaftlicher Leiter des Netzwerks Lehrerfortbildung.<br />

„Inklusion als Sparmodell wird nicht funktionieren.<br />

Inklusion ist zeit- und finanzintensiv“, meint auch Gisela Schulze.<br />

Einen Ansatz für die Eingliederung von Inklusion in die Curricula<br />

zeigt das Nachbarland Bremen. Dort ist seit dem Wintersemester<br />

2011/2012 für alle Lehramtsstudenten eine Qualifizierung<br />

im Studienschwerpunkt Heterogenität verpflichtend. Der<br />

Schwerpunkt liegt in den Bereichen der interkulturellen Bildung,<br />

der inklusiven Pädagogik und Deutsch als Zweitsprache.<br />

Immerhin, die ersten zaghaften Schritte sind in der Lehrerausbildung<br />

zu erkennen, wenngleich entschiedenes Handeln anders

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