22,2 MB - RegJo
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92 fusion regjo südniedersachsen<br />
regjo südniedersachsen fusion 93<br />
Hochzeit mit Anlauf<br />
Die beschlossene Fusion der Landkreise Osterode und Göttingen wird erst zum 1. November 2016 vollzogen – der<br />
Nebel um den Südniedersachsenplan der Landesregierung lichtet sich erst langsam.<br />
Text: Rüdiger Reyhn Grafik: Eva-Katarina Griesheimer<br />
Mehr als drei Jahre noch werden die Landkreise<br />
Göttingen und Osterode am Harz<br />
formal selbständig bleiben – die im März<br />
2013 beschlossene Fusion wird erst zum 1.<br />
November 2016 wirksam. So lange amtieren<br />
die 2011 gewählten Kreistage und so<br />
lange arbeiten auch Bernhard Reuter und<br />
Gero Geißlreiter als Verwaltungschefs: Auf<br />
diese bislang strittige Lösung haben sich in<br />
einem Gespräch bei Innenminister Boris<br />
Pistorius Verantwortliche der rot-grünen<br />
Mehrheiten beider Kreistage verständigt.<br />
Abgenickt hat den Deal auch Lothar<br />
Koch – der Duderstädter Landtagsabgeordnete<br />
hat für die CDU-Fraktion zugesagt,<br />
wegen der Dehnung der Amtszeit Geißlreiters<br />
nicht zum Staatsgerichtshof nach Bückeburg<br />
zu ziehen. Denn nach derzeitiger<br />
Rechtslage dürfte Geißlreiter nur bis Oktober<br />
2013 die Osteroder Kreisverwaltung leiten.<br />
Im Herbst 2013 aber einen Landrat zu<br />
wählen, für den es drei Jahre später keinen<br />
Landkreis mehr gibt, wäre absurd. So<br />
will denn Pistorius kurzfristig eine verfassungsrechtlich<br />
einigermaßen wasserdichte<br />
„Lex Geißlreiter“ zimmern. Schon<br />
seit März stimmen sich die neuen Partner<br />
eng ab. Im Vorfeld von Gremiensitzungen<br />
beispielsweise des Regionalverbandes und<br />
der Datenverarbeitungszentrale (KDS) werden<br />
sie künftig abgestimmt Position beziehen.<br />
Im Juni haben beide Kreisausschüsse<br />
in Osterode gemeinsam getagt und sich<br />
auf fünf Projekte verständigt, die sie beim<br />
Innenministerium zur Bezuschussung eingereicht<br />
haben. Für das Projekt „Dorfmoderation<br />
– Dörfer im Aufbruch“, den flächendeckenden<br />
Breitbandausbau, die<br />
Förderung des Radverkehrs, das betriebliche<br />
Gesundheitsmanagement sowie für den<br />
Bau einer Portalkrananlage an der Weserumschlagstelle<br />
in Hann. Münden erhoffen<br />
die Landkreise 60 Millionen Euro aus<br />
der Strukturförderung.<br />
Mit 77 Millionen Hochzeitsprämie<br />
rechnen sie als Belohnung für ihr Zusammenwachsen.<br />
Mittel aus dem Ende 2009<br />
zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden<br />
vereinbarten Zukunftsvertrag<br />
haben bis Ende März 2013 auch die Samtgemeinde<br />
Walkenried und die Stadt Bad<br />
Sachsa (9 Mio. für die Fusion), die Stadt<br />
Bad Lauterberg (9,4 Mio. für die Eigenentschuldung)<br />
sowie die Samtgemeinde<br />
Dransfeld und die Stadt Duderstadt (6,1<br />
Mio. und 12,3 Mio. jeweils für die Eigenentschuldung)<br />
beantragt. Städte wie Göttingen,<br />
Bad Gandersheim und Uslar hatten<br />
sich bereits zuvor mit Landeshilfe weitgehend<br />
entschuldet.<br />
Bis März 2013 hatten 35 Kommunen<br />
landesweit Anträge für 26 Entschuldungsvorhaben<br />
mit einem Gesamtvolumen von<br />
652 Mio. Euro gestellt. Problem bei der<br />
Sache: Erst einmal sind nur noch 112 Millionen<br />
im Topf. Deshalb beschloss die Landesregierung<br />
im Juni eine Anschlussfinanzierung<br />
von bis zu 788 Millionen Euro.<br />
Damit können alle fristgerecht eingereichten<br />
Anträge bedient werden.<br />
Viel weniger absehbar ist, wie viel Geld<br />
aus dem von Sonderstaatssekretärin Birgit<br />
Honé betreuten „Südniedersachsenplan“<br />
fließt. Ministerpräsident Stephan Weil<br />
hatte im April bei einem Besuch in Weende<br />
für die Zeit bis 2020 von „mehr als 100<br />
Millionen“ gesprochen, aber offen gelassen,<br />
wer zu den Empfängern gehören soll.<br />
Reuter hatte Weil eine 150 Seiten umfassende<br />
Broschüre überreicht, in der der wissenschaftliche<br />
Berater des Regionalverban-<br />
des, Dr. Gerd Cassing, Grundlagen für eine<br />
Beteiligung am Südniedersachsenplan formuliert<br />
hatte. Unter dem ironisch formulierten<br />
Titel „Wo liegt Südniedersachsen?“<br />
hatte die FDP-Landtagsfraktion der Landesregierung<br />
eine Antwort auf diese Frage entlocken<br />
wollen. Mit Erfolg. Stadt und Landkreis<br />
Göttingen, Northeim und Osterode<br />
gehören ganz sicher dazu, so die Festlegung<br />
aus Hannover. Und die Landkreise Goslar<br />
und Holzminden. Vielleicht sogar angrenzende<br />
Bereiche weiterer Landkreise.<br />
Klarheit klingt anders. Deshalb setzen<br />
Reuter und Geißlreiter darauf, dass in den<br />
Südniedersachsenplan nur die drei Landkreise<br />
mit Göttingen als Oberzentrum aufgenommen<br />
werden. Nach einem Vorstandsbeschluss<br />
übernimmt der Regionalverband<br />
die Koordinierung der Antragstellungen<br />
möglicher Projektträger – weiß jedoch, dass<br />
Geld aus diesem im Wesentlichen aus Brüssel<br />
gespeisten Plan so schnell nicht fließen<br />
wird. Denn bislang streiten Rat und EU-<br />
Parlament über die Höhe des Budgets für<br />
die neue EU-Strukturförderperiode 2014 bis<br />
2020. Solange sie sich nicht einig sind, können<br />
auch die Landesregierungen ihre Programmplanungsdokumente<br />
nicht aufstellen.<br />
Birgit Honé wird nun zu einer ersten<br />
Regionalkonferenz einladen, die am 23.<br />
Oktober zur Umsetzung des Südniedersachsenplans<br />
stattfinden soll.<br />
Die Verantwortlichen in der Region<br />
Göttingen nehmen deshalb die Aufgabe mit<br />
in die Sommerpause, ihre Projektideen für<br />
den Südniedersachsenplan weiter zu konkretisieren.<br />
Sie wissen, dass sich ab dem 1.<br />
Januar 2014 über den Südniedersachsenplan<br />
hinaus neue Landesbeauftragte daran<br />
machen werden, Entwicklungskonzepte für<br />
die früheren Regierungsbezirke zu erarbeiten.<br />
Für die Region Göttingen würde<br />
das eine engere Zusammenarbeit mit dem<br />
Großraum Braunschweig bedeuten. Wie auf<br />
einer Fläche, die bis nach Wittingen in der<br />
Lüneburger Heide reichen würde, gemeinsame<br />
Schwerpunkte erarbeitet werden<br />
sollen, ist vielen Verantwortlichen schleierhaft.<br />
Inhaltliche Anhaltspunkte bietet<br />
indes die Strategie Europa 2020. Sie fordert<br />
eine klare Orientierung zur Innovation. Die<br />
politischen Entscheidungsträger, so heißt<br />
es in Brüssel, sollen die Zusammenhänge<br />
zwischen den verschiedenen Aspekten von<br />
intelligentem, nachhaltigem und integrativem<br />
Wachstum im Auge behalten.<br />
Entwickelt werden sollen Strategien,<br />
die auf eine – so das neue Zauberwort –<br />
„intelligente Spezialisierung“ abstellen und<br />
Antworten auf komplexe Entwicklungsherausforderungen<br />
geben. Projekte können<br />
sich auf die Energiespeicherung und<br />
das betriebliche Gesundheitsmanagement<br />
beziehen oder die Sicherstellung der ärztlichen<br />
Versorgung auf den Dörfern ins Auge<br />
fassen. Gleichzeitig geht es um die Vorbereitung<br />
weiterer Voten der beiden Kreistage:<br />
Im August wollen sie den Gebietsänderungs-<br />
sowie Entschuldungshilfevertrag<br />
beschließen. Vorbereitet werden dann ein<br />
Haustarifvertrag für die Beschäftigten und<br />
eine Jobbörse, bei der es um Einsatz- und<br />
Aufgabenbereiche der Beschäftigten des<br />
neuen Landkreises Göttingen gehen soll.<br />
An seiner Zukunft arbeitet auch der<br />
Landkreis Northeim. Dazu gehört die Wahl<br />
eines Landrats am <strong>22</strong>. September. Mit<br />
Unterstützung seiner Partei, der SPD, tritt<br />
Amtsinhaber Michael Wickmann wieder<br />
an – gegen Herausforderer Dr. Bernd von<br />
Garmissen von der CDU.