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gilt für eine „integrative Beschulung“. Auch hier sei Bedingung, „dass auch gehörlose<br />

Kinder frühestmöglich an die gesprochene Sprache herangeführt werden (…)“ (1507ff.).<br />

7.5.3 Menschenbild<br />

Das skizzierte Menschenbild ist geprägt von einem medizinischen Blick auf Gehörlose. Im<br />

Vordergrund stehen die Bemühungen zur Anpassung an die gesellschaftliche Norm,<br />

„intensive, frühzeitige Hörerziehung, unter Zuhilfenahme aller zur Verfügung stehenden<br />

technischen Hilfen“ wird zum „Gebot für die Gehörlosenpädagogik“ erklärt (106ff.). Den<br />

Ansichten der Betroffenen selbst wird wenig Beachtung geschenkt bzw. scheinen deren<br />

Selbstverständnis und Forderungen den pädagogischen Zielen zu widersprechen. Die<br />

„Emanzipationsbestrebungen“ (370) Gehörloser werden als „Tendenzen der Vertreter des<br />

Bilingualismus“ (374f.) dargestellt und damit zum reinen Methodenkonflikt erklärt.<br />

7.6 Zusammenfassende Interpretation<br />

Die Botschaft, die durch das Lesen des Artikels „ankommt“, lautet: Gehörlose sind<br />

isolierte und ursprünglich sprachlose Menschen, die jedoch durch spezielle<br />

sonderpädagogische und medizinische Therapie den Zugang zur Lautsprache erreichen und<br />

so in die Gesellschaft integriert werden können. Das vermittelte Bild Gehörloser<br />

charakterisiert hilfsbedürftige Behinderte. Selbst die wenigen positiven Beschreibungen<br />

werden entweder augenblicklich abgeschwächt: „ (…) diese Mehrleistung (…) sei auch ein<br />

Anzeichen für ‚einen geringeren Besitz an Bildungsgut, auch optischem, (…) an das die<br />

Eindrücke sonst angeglichen werden könnten’ (WITTE 1978, 418)“ (1003ff.), oder als<br />

besonders erstaunlich hervorgehoben: „(…) in der Drahtbiegeprobe und im räumlichen<br />

Vorstellen zeigten sie sogar signifikant bessere Ergebnisse“ (1070ff.).<br />

Der Artikel enthält dominant das Diskursfragment mit dem Thema „Integration“. Darunter<br />

wird eine Anpassung Gehörloser an die sie umgebende hörende Gesellschaft verstanden.<br />

Obwohl die Autorin sehr um Objektivität bemüht scheint und sie ihre Aussagen stets<br />

relativiert, ist eine deutliche Verstrickung in den defizitären medizinischen Diskurs<br />

unübersehbar. Aspekte eines Gegendiskurses, die durchaus zur Sprache kommen, werden<br />

stets mit dem Argument der „Integration“ beantwortet und als segregierend abgewiesen.<br />

Verschränkt mit dem Integrationsdiskurs ist der medizinische Diskurs und damit das<br />

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