DIPLOMARBEIT
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Alle vier Merkmale treffen nach Meinung der Autoren auf Gehörlose zu. Als körperliches<br />
Merkmal teilen sie die Bevorzugung primär visueller Bezugsquellen und verfügen zudem<br />
(und auf Grund dessen) über eine gemeinsame Sprache. Weiters identifizieren sich<br />
Gehörlose mit der Gehörlosenkultur und der Gehörlosengemeinschaft, was sich auch darin<br />
äußert, dass neun von zehn Gehörlosen wiederum Gehörlose heiraten. Zum letztgenannten<br />
Kennzeichen halten die Autoren fest: „Deaf people do indeed suffer oppression“ (Lane et<br />
al. 1996, 159)<br />
Was eine Gruppe von Menschen zu einer Minderheit macht, bezieht sich also nicht<br />
ausschließlich auf die zahlenmäßige Unterlegenheit gegenüber einer Mehrheit. Zum<br />
Beispiel sind Frauen in den meisten Gesellschaften in der Überzahl, werden aber aufgrund<br />
von wirtschaftlicher und sozialer Unterdrückung trotzdem als Minderheit bezeichnet (vgl.<br />
Mpofu/Conyers 2004, 143). In Bezug auf die Gruppe Gehörloser in Österreich würde aber<br />
selbst dieses Kriterium zutreffen. Krausneker (2006) geht von einem weltweit<br />
angewandten Schlüssel aus, demzufolge ca. 0,1 % der Bevölkerung gehörlos ist. In<br />
Österreich entspricht das ca. 8000 Personen. Doch auch wenn es „für eine so kleine<br />
Gruppe (…) nicht leicht [ist], gehört und beachtet zu werden (…)“ (27) hält sie<br />
gleichermaßen fest, „dass Selbstbestimmung, der Zugang zu Ressourcen und zu Rechten<br />
nicht unbedingt nur eine Frage der zahlenmäßigen Präsenz ist“ (Krausneker 2006, 28).<br />
Etwas ausführlicher möchte ich nun das Minderheitenmodell von Mpofu und Conyers<br />
(2004), welches im Beitrag „A Representational Theory Perspective of Minority Status and<br />
People with Disabilities“ beschrieben wird, darstellen und in Beziehung zu<br />
Gehörlosengemeinschaften setzen. Ihr Konzept scheint mir im Zusammenhang dieser<br />
Arbeit deswegen besonders geeignet, weil damit eine Perspektive gezeigt wird, die den<br />
Minderheitenbegriff sowohl mit „rassischen“, ethnischen oder kulturellen Abgrenzungen<br />
verbindet, ihn aber auch auf Menschen mit Behinderung anwendbar macht.<br />
Mpofu und Conyers (2004) unterteilen in ihrem Artikel die möglichen Formen der<br />
Unterdrückung bzw. Einschränkungen, die für die Charakterisierung von Minderheiten von<br />
Bedeutung sind, in drei Kernbereiche: „restrictions in (a) economic opportunity, (b)<br />
communicative self-representation, and (c) preferred lifestyle“ (143). Je mehr Kriterien<br />
zutreffen, umso offenkundiger ist der Minderheitenstatus der Betroffenen. Der Begriff<br />
Minderheitenstatus bezieht sich also allgemein auf Gruppen oder Personen, denen der<br />
Zugang zu Ressourcen und Privilegien, wie den oben genannten, verwehrt wird.<br />
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