DIPLOMARBEIT
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Im Anschluss an diese Ausführung merkt die Autorin jedoch an, dass Wisotzki (1995, 38)<br />
die Untersuchungsergebnisse über den Zusammenhang von Intelligenz und Gehörlosigkeit<br />
für uneinheitlich hält.<br />
Auf die Definition von Gehörlosigkeit ab einem Hörverlust von über 90dB antwortet die<br />
Autorin mit einem erneuten Verweis auf ein Schreiben des „Fachverband(s) für<br />
Behindertenpädagogik“ von 1998. In dem darin enthaltenen Einwand gegen den<br />
Definitionsgrenzwert zeigen sich die großen Erwartungen, die die Autorin in technische<br />
Hilfsmittel setzt. Es entsteht der Eindruck, als gäbe es heute dank neuer Technologien de<br />
facto keine Gehörlosigkeit mehr. Nur in den wenigsten Fällen („nur noch dann“, 464f.)<br />
müsse man daher von Gehörlosigkeit sprechen. Erlangt „der Betroffene“ trotz technischer<br />
Hilfen „keinerlei“ Lautsprachkompetenz, stelle er entweder die große Ausnahme dar oder<br />
er habe es selbst so gewollt und den „Zugang zur Lautsprache“ abgelehnt.<br />
Der nächste Absatz liefert eine weitere Erklärung für eine geringere „Qualität des<br />
Spracherwerbs“: die „Intelligenz des Betroffenen“ (474ff.). Der dazugehörigen Abbildung<br />
(S.174) zufolge findet sich ein „sehr guter Sprachentwicklungsstand“ nur bei normalem<br />
Gehör und einem I.Q. über 130. Bei „normalem Gehör“ und einem I.Q. von 90-110 sei der<br />
„Sprachentwicklungsstand normal altersgemäß“. Bei gleichem I.Q. und einem Hörverlust<br />
von 65-85 dB ist in dem Diagram „keine Sprache“ angegeben. Nach der Abbildung<br />
erreichten Vierjährige bei genanntem Hörverlust lediglich eine „Sprachentwicklung“ mit<br />
„erhebliche(m) Rückstand“, und das auch nur bei einem I.Q. über 130. Die Ursachen für<br />
eine mangelhafte Lautsprachkompetenz werden also auch in diesem Fall bei den<br />
Betroffenen selbst gesucht und mit „Intelligenzminderung“ erklärt. Besonders auffallend<br />
ist hierbei die neuerliche Gleichbedeutung von „Sprache“ und „Lautsprache“.<br />
Der abschließende Hinweis darauf, dass die Untersuchungsergebnisse diesbezüglich<br />
„allerdings“ uneinheitlich sind, relativiert das zuvor Gesagte (485ff.). Dies könnte als<br />
Versuch der Autorin interpretiert werden wissenschaftlich objektiv zu erscheinen und<br />
dabei keine deutlichen Positionen zu beziehen. Die passive Formulierung: „(…) auch der<br />
Intelligenz des Betroffenen wird hier ein ähnlich großer Einfluss zugesprochen“ (477ff.)<br />
(von wem?) ist ein weiters Indiz für eine möglichst vage Formulierung. Es zeigt sich darin<br />
eine Argumentationsstrategie der Autorin, auf die weiter unten detailliert eingegangen<br />
wird.<br />
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