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der Frage, wie man gehörlose Kinder mit der Gehörlosenkultur vertraut machen könnte,<br />

sofern sie sie noch nicht kennen“ (16), befassen. Die Positionierung der Hörschädigung an<br />

erster Stelle und die Vernachlässigung der kulturellen Perspektive tragen nach ihrer<br />

Ansicht folglich dazu bei, dass Gehörlose vordergründig als krank und behindert betrachtet<br />

werden (vgl. Padden/Humphries 1991, 16).<br />

Ähnlich beschreibt Lane (1994) das Vorgehen der Fachleute. Er kritisiert, dass die<br />

Unterschiede des Kindes rein als pathologische Abweichung erklärt werden:<br />

„Zum ersten stellen sie den Unterschied zwar biologisch detailliert, jedoch oft nur auf<br />

eine stigmatisierende Weise dar. Man spricht viel über die Beeinträchtung [!] der<br />

Lautsprache und möglicherweise wenig über den Erwerb von ASL. Man lässt sich lang<br />

und breit über den Hörverlust aus, sagt aber nichts über den Gewinn an visueller<br />

Wahrnehmung und visuellem Denken. Zum zweiten schweigen sich die Experten über<br />

das kulturelle Modell aus, während sie dem Defizienzmodell anhängen; eventuell<br />

erwähnen sie nicht einmal die Gemeinschaft jener gehörlosen Erwachsenen, die einst<br />

als Kinder in derselben Situation waren wie ihre heutigen Patienten“ (44).<br />

Die Kritik an der vorherrschenden Praxis bei der Darstellung Gehörloser beruht also auf<br />

der Auffassung, dass durch unterschiedliche Formulierung, Betonung und durch<br />

Auslassungen bestimmte Wirkungen erzielt werden. An einer solchen Sichtweise knüpft<br />

die Theorie der Kritischen Diskursanalyse an, die ich als Forschungsmethode für diese<br />

Arbeit gewählt habe. Ihrer Terminologie zufolge sind die Ausführungen der<br />

WissenschaftlerInnen ein Bestandteil eines hegemonialen (Spezial-)Diskurses, der<br />

institutionalisiert und verfestigt ist und als solcher in der Lage ist, „Machtwirkungen“<br />

auszuüben. Die Kritik daran von Seiten der Betroffenen kann als Gegendiskurs bezeichnet<br />

werden (vgl. Jäger 2004 128f.).<br />

Eine ausführliche Darlegung der Grundlagen der von mir gewählten Methode erfolgt im<br />

Kapitel „Forschungsmethode“ (Kapitel 6).<br />

Es soll an dieser Stelle noch einmal betont werden, dass die Gruppe gehörloser Menschen<br />

keinesfalls homogen ist und sich bei Weitem nicht alle den oben genannten Kritikpunkten<br />

und Sichtweisen anschließen. Besonders für Spät- oder nach dem Lautspracherwerb<br />

ertaubte, oder auch schwerhörige Menschen, stellt sich die Situation meist gänzlich anders<br />

dar und erfordert daher andere pädagogische Zielsetzungen. Wrigley (1996) nennt zwei<br />

gegensätzliche Pole, zwischen denen es natürlich eine Vielzahl möglicher<br />

Lebenswirklichkeiten gehörloser Menschen gibt:<br />

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