Wirtschaftswoche Ausgabe vom 28.07.2014 (Vorschau)
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FOTOS: PR<br />
ausweist. Sie arbeiten auch effektiver als<br />
die Hyundai-Werke im Heimatland.<br />
Und das brandneue Werk im brasilianischen<br />
Piracicaba, etwa 150 Kilometer<br />
nordwestlich von São Paulo, soll noch besser<br />
sein – aktuelle Zahlen legt Hyundai freilich<br />
nicht vor. Auf 1,4 Millionen Quadratmeter<br />
Fläche baut Hyundai dort pro Jahr<br />
180 000 Kompaktwagen des Typs HB20,<br />
der dem ix20 gleicht, für den brasilianischen<br />
Markt – den viertgrößten der Welt.<br />
Was auffällt: In den riesigen Hallen arbeiten<br />
nur wenige Menschen, die meisten<br />
Arbeiten in der Lackiererei oder in der<br />
Karosseriefertigung übernehmen Roboter.<br />
Nach dem brasilianischen Vorbild soll 2015<br />
eine neue Hyundai-Produktion im US-<br />
Bundesstaat Texas entstehen. „Hyundai<br />
und Kia haben sehr viel von den Japanern<br />
gelernt“, sagt Produktionsexperte Horst<br />
Wildemann von der Technischen Universität<br />
München.<br />
In den vergangenen Jahren hat Hyundai<br />
die gemeinsame Entwicklung und Produktion<br />
mit Kia drastisch vereinfacht und verschlankt:<br />
2002 nutzten die beiden Marken<br />
noch 22 verschiedene Plattformen. Bis Ende<br />
des vergangenen Jahres schmolz die<br />
Vielfalt aufgrund der Synergien auf sechs<br />
zusammen. Im Jahr 1998, als Hyundai Kia<br />
übernahm, teilten sich die beiden Marken<br />
lediglich 20 Prozent der rund 740 Zulieferer,<br />
aktuell sind es mehr als 90 Prozent.<br />
GRENZEN DES WACHSTUMS<br />
Doch die rasante Expansion hat auch<br />
Schattenseiten. Stefan Bratzel, Leiter des<br />
Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der<br />
Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch<br />
Gladbach, beobachtet nach Jahren stürmischer<br />
Expansion inzwischen eine Zunahme<br />
von Rückrufen – für den Fachmann ein<br />
Indiz für wachsende Qualitätsprobleme.<br />
2013 stieg die Zahl der Hyundai-Rückrufe<br />
etwa in den USA um 263 Prozent – bei einem<br />
branchenübergreifenden Zuwachs<br />
um 131 Prozent.<br />
Vermutlich auch deshalb hat Hyundai-<br />
Firmenpatriarch Chung Mong-koo nun<br />
den Fuß <strong>vom</strong> Gaspedal genommen. Insider<br />
berichten, der 76-Jährige befürchte,<br />
durch Qualitätsprobleme ebenso heftig gebeutelt<br />
zu werden wie Toyota vor einigen<br />
Jahren. Statt auf Masse soll der Fokus nun<br />
erst einmal auf die Qualität der Produkte<br />
gelegt werden, auf Herstellung und die Organisation.<br />
„Es wird interessant sein, wie<br />
gut sie aus dieser Phase der Reorganisation<br />
herauskommen“, sagt Bratzel.<br />
n<br />
juergen.rees@wiwo.de<br />
INTERVIEW Peter Schreyer<br />
»Wie ein Wassertropfen«<br />
Der Hyundai-Chefdesigner über Gestaltungssünden, Schneeflocken<br />
als Inspiration und die Arbeit unter Firmenpatriarchen.<br />
Reden wir über Designsünden moderner<br />
Autobauer: Mein Sohn klagte jüngst<br />
nach der Fahrt in Mercedes’ neuer<br />
A-Klasse, er könne <strong>vom</strong> Rücksitz nicht<br />
rausschauen. Der Hyundai i30 sieht<br />
ähnlich aus. Keilform mag ja sportlich<br />
wirken, aber rechtfertigt das alles?<br />
Die Gürtellinie hoch anzusetzen und<br />
Autos so sportlicher aussehen zu lassen<br />
ist auch eine Modeerscheinung. Wir<br />
nehmen die extreme Keilform schon<br />
wieder zurück. Andererseits sind Designer<br />
nicht allein verantwortlich, wenn<br />
Autos unübersichtlich werden.<br />
Wer denn sonst?<br />
Autos sind heute auch deswegen unübersichtlicher<br />
als vor 30 bis 40 Jahren,<br />
weil wir viele Sicherheitsvorschriften berücksichtigen<br />
müssen.<br />
Die geben die Keilform vor?<br />
Nein, aber beispielsweise die Anforderungen<br />
an die A-Säule, die die Windschutzscheibe<br />
umfasst. Die ist heute<br />
stärker und daher breiter als früher. So<br />
bleibt das Dach etwa bei einem Überschlag<br />
im Wesentlichen heil – und die<br />
Insassen überleben den Unfall. Autos<br />
von vor 30 Jahren wären danach platt.<br />
Wer bestimmt denn die Formen, der<br />
Käufer oder der Designer?<br />
Wir versuchen, die Bedürfnisse der Kunden<br />
von morgen zu ergründen und ihn<br />
mit unseren Entwürfen zu überraschen.<br />
Dann setzen Designer die Trends?<br />
Ja, klar. Oder wissen Sie heute, welches<br />
Auto Ihnen in fünf Jahren gefällt?<br />
Nein. Aber wenn Sie mir heute etwas<br />
zeigen, was ich in fünf Jahren kaufen<br />
kann, wüsste ich, ob es mir liegt.<br />
Die meisten Menschen wissen das aber<br />
nicht. Deshalb mag ich solche sogenannten<br />
Kliniktests nicht. Kommt etwas<br />
Ungewohntes, lehnen die Probanden es<br />
erst mal ab. Darauf zu reagieren und etwa<br />
das Heck des neuen Autos umzugestalten<br />
kann gutes Design kaputt machen.<br />
Ich gebe wenig auf solche Tests.<br />
Gibt es Autodesign, das weltweit gefällt?<br />
Bei Ford oder Fiat sind Versuche,<br />
Weltautos zu bauen, gescheitert.<br />
Das eine, einzige Weltauto gibt es nicht.<br />
Aber es gibt schon Produkte, die global<br />
ihre Fans finden: etwa Apples iPhone.<br />
Warum sollte das bei Autos anders sein?<br />
Wenn man die unterschiedlichen Ansprüche<br />
an Fahrzeuge in den Märkten<br />
beachtet, klappt das.<br />
Global verträgliches Design und<br />
emotional ansprechende Fahrzeuge für<br />
regionale Märkte, passt das überhaupt?<br />
Wir wollen noch etwas emotionaler<br />
werde. Ich könnte mir gut ein Cabrio<br />
DER VISIONÄR<br />
Schreyer, 61, ist Chefdesigner der südkoreanischen<br />
Autohersteller Hyundai und<br />
Kia. Einst gestaltete der gebürtige Bayer<br />
Autos wie den VW New Beetle, den Golf IV<br />
oder den Audi TT. Jetzt sitzt er als erster<br />
Nichtkoreaner im Präsidium des koreanischen<br />
Familienunternehmens.<br />
und einen Sportwagen vorstellen. Der<br />
Zeitpunkt steht aber noch nicht fest.<br />
Wie grenzen Sie denn den Charakter der<br />
Schwestermarken Kia und Hyundai ab?<br />
Unser Vize-Chairman, der Sohn von<br />
Konzernpatriarch Chung Mong-koo, hat<br />
es so formuliert:Kia ist wie eine Schneeflocke,<br />
Hyundai wie ein Wassertropfen.<br />
Apropos Chung Mong-koo, früher haben<br />
Sie für VW-Aufsichtsratschef Ferdinand<br />
Piëch gearbeitet und jetzt für den Hyundai-Patriarchen.<br />
Gibt es da Parallelen?<br />
Sie sind sich ähnlich, nicht nur beim<br />
Alter. Beide sind absolut leidenschaftlich<br />
und von ihrer Vision überzeugt.<br />
WirtschaftsWoche 28.7.2014 Nr. 31 61<br />
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