28.07.2014 Aufrufe

Wirtschaftswoche Ausgabe vom 28.07.2014 (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FOTOS: PR<br />

ausweist. Sie arbeiten auch effektiver als<br />

die Hyundai-Werke im Heimatland.<br />

Und das brandneue Werk im brasilianischen<br />

Piracicaba, etwa 150 Kilometer<br />

nordwestlich von São Paulo, soll noch besser<br />

sein – aktuelle Zahlen legt Hyundai freilich<br />

nicht vor. Auf 1,4 Millionen Quadratmeter<br />

Fläche baut Hyundai dort pro Jahr<br />

180 000 Kompaktwagen des Typs HB20,<br />

der dem ix20 gleicht, für den brasilianischen<br />

Markt – den viertgrößten der Welt.<br />

Was auffällt: In den riesigen Hallen arbeiten<br />

nur wenige Menschen, die meisten<br />

Arbeiten in der Lackiererei oder in der<br />

Karosseriefertigung übernehmen Roboter.<br />

Nach dem brasilianischen Vorbild soll 2015<br />

eine neue Hyundai-Produktion im US-<br />

Bundesstaat Texas entstehen. „Hyundai<br />

und Kia haben sehr viel von den Japanern<br />

gelernt“, sagt Produktionsexperte Horst<br />

Wildemann von der Technischen Universität<br />

München.<br />

In den vergangenen Jahren hat Hyundai<br />

die gemeinsame Entwicklung und Produktion<br />

mit Kia drastisch vereinfacht und verschlankt:<br />

2002 nutzten die beiden Marken<br />

noch 22 verschiedene Plattformen. Bis Ende<br />

des vergangenen Jahres schmolz die<br />

Vielfalt aufgrund der Synergien auf sechs<br />

zusammen. Im Jahr 1998, als Hyundai Kia<br />

übernahm, teilten sich die beiden Marken<br />

lediglich 20 Prozent der rund 740 Zulieferer,<br />

aktuell sind es mehr als 90 Prozent.<br />

GRENZEN DES WACHSTUMS<br />

Doch die rasante Expansion hat auch<br />

Schattenseiten. Stefan Bratzel, Leiter des<br />

Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der<br />

Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch<br />

Gladbach, beobachtet nach Jahren stürmischer<br />

Expansion inzwischen eine Zunahme<br />

von Rückrufen – für den Fachmann ein<br />

Indiz für wachsende Qualitätsprobleme.<br />

2013 stieg die Zahl der Hyundai-Rückrufe<br />

etwa in den USA um 263 Prozent – bei einem<br />

branchenübergreifenden Zuwachs<br />

um 131 Prozent.<br />

Vermutlich auch deshalb hat Hyundai-<br />

Firmenpatriarch Chung Mong-koo nun<br />

den Fuß <strong>vom</strong> Gaspedal genommen. Insider<br />

berichten, der 76-Jährige befürchte,<br />

durch Qualitätsprobleme ebenso heftig gebeutelt<br />

zu werden wie Toyota vor einigen<br />

Jahren. Statt auf Masse soll der Fokus nun<br />

erst einmal auf die Qualität der Produkte<br />

gelegt werden, auf Herstellung und die Organisation.<br />

„Es wird interessant sein, wie<br />

gut sie aus dieser Phase der Reorganisation<br />

herauskommen“, sagt Bratzel.<br />

n<br />

juergen.rees@wiwo.de<br />

INTERVIEW Peter Schreyer<br />

»Wie ein Wassertropfen«<br />

Der Hyundai-Chefdesigner über Gestaltungssünden, Schneeflocken<br />

als Inspiration und die Arbeit unter Firmenpatriarchen.<br />

Reden wir über Designsünden moderner<br />

Autobauer: Mein Sohn klagte jüngst<br />

nach der Fahrt in Mercedes’ neuer<br />

A-Klasse, er könne <strong>vom</strong> Rücksitz nicht<br />

rausschauen. Der Hyundai i30 sieht<br />

ähnlich aus. Keilform mag ja sportlich<br />

wirken, aber rechtfertigt das alles?<br />

Die Gürtellinie hoch anzusetzen und<br />

Autos so sportlicher aussehen zu lassen<br />

ist auch eine Modeerscheinung. Wir<br />

nehmen die extreme Keilform schon<br />

wieder zurück. Andererseits sind Designer<br />

nicht allein verantwortlich, wenn<br />

Autos unübersichtlich werden.<br />

Wer denn sonst?<br />

Autos sind heute auch deswegen unübersichtlicher<br />

als vor 30 bis 40 Jahren,<br />

weil wir viele Sicherheitsvorschriften berücksichtigen<br />

müssen.<br />

Die geben die Keilform vor?<br />

Nein, aber beispielsweise die Anforderungen<br />

an die A-Säule, die die Windschutzscheibe<br />

umfasst. Die ist heute<br />

stärker und daher breiter als früher. So<br />

bleibt das Dach etwa bei einem Überschlag<br />

im Wesentlichen heil – und die<br />

Insassen überleben den Unfall. Autos<br />

von vor 30 Jahren wären danach platt.<br />

Wer bestimmt denn die Formen, der<br />

Käufer oder der Designer?<br />

Wir versuchen, die Bedürfnisse der Kunden<br />

von morgen zu ergründen und ihn<br />

mit unseren Entwürfen zu überraschen.<br />

Dann setzen Designer die Trends?<br />

Ja, klar. Oder wissen Sie heute, welches<br />

Auto Ihnen in fünf Jahren gefällt?<br />

Nein. Aber wenn Sie mir heute etwas<br />

zeigen, was ich in fünf Jahren kaufen<br />

kann, wüsste ich, ob es mir liegt.<br />

Die meisten Menschen wissen das aber<br />

nicht. Deshalb mag ich solche sogenannten<br />

Kliniktests nicht. Kommt etwas<br />

Ungewohntes, lehnen die Probanden es<br />

erst mal ab. Darauf zu reagieren und etwa<br />

das Heck des neuen Autos umzugestalten<br />

kann gutes Design kaputt machen.<br />

Ich gebe wenig auf solche Tests.<br />

Gibt es Autodesign, das weltweit gefällt?<br />

Bei Ford oder Fiat sind Versuche,<br />

Weltautos zu bauen, gescheitert.<br />

Das eine, einzige Weltauto gibt es nicht.<br />

Aber es gibt schon Produkte, die global<br />

ihre Fans finden: etwa Apples iPhone.<br />

Warum sollte das bei Autos anders sein?<br />

Wenn man die unterschiedlichen Ansprüche<br />

an Fahrzeuge in den Märkten<br />

beachtet, klappt das.<br />

Global verträgliches Design und<br />

emotional ansprechende Fahrzeuge für<br />

regionale Märkte, passt das überhaupt?<br />

Wir wollen noch etwas emotionaler<br />

werde. Ich könnte mir gut ein Cabrio<br />

DER VISIONÄR<br />

Schreyer, 61, ist Chefdesigner der südkoreanischen<br />

Autohersteller Hyundai und<br />

Kia. Einst gestaltete der gebürtige Bayer<br />

Autos wie den VW New Beetle, den Golf IV<br />

oder den Audi TT. Jetzt sitzt er als erster<br />

Nichtkoreaner im Präsidium des koreanischen<br />

Familienunternehmens.<br />

und einen Sportwagen vorstellen. Der<br />

Zeitpunkt steht aber noch nicht fest.<br />

Wie grenzen Sie denn den Charakter der<br />

Schwestermarken Kia und Hyundai ab?<br />

Unser Vize-Chairman, der Sohn von<br />

Konzernpatriarch Chung Mong-koo, hat<br />

es so formuliert:Kia ist wie eine Schneeflocke,<br />

Hyundai wie ein Wassertropfen.<br />

Apropos Chung Mong-koo, früher haben<br />

Sie für VW-Aufsichtsratschef Ferdinand<br />

Piëch gearbeitet und jetzt für den Hyundai-Patriarchen.<br />

Gibt es da Parallelen?<br />

Sie sind sich ähnlich, nicht nur beim<br />

Alter. Beide sind absolut leidenschaftlich<br />

und von ihrer Vision überzeugt.<br />

WirtschaftsWoche 28.7.2014 Nr. 31 61<br />

© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!