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<strong>Recht</strong><br />
+++ <strong>Recht</strong>sprechung +++<br />
Eine <strong>de</strong>rartige Gefahrerhöhung liegt we<strong>de</strong>r im<br />
dauerhaften Belassen <strong>de</strong>s Fahrzeugscheins im<br />
Handschuhfach, noch in <strong>de</strong>n nicht erfolgten<br />
weiteren Sicherungsmaßnamen. Auch die Kombination<br />
bei<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong> führt nicht zur Annahme<br />
einer erheblichen Gefahrerhöhung. Soweit<br />
<strong>de</strong>r Kläger <strong>de</strong>n Fahrzeugschein dauerhaft<br />
in einer Mappe im Handschuhfach belassen hat,<br />
han<strong>de</strong>lt es sich lediglich um eine unerhebliche<br />
Gefahrerhöhung, die die Wahrscheinlichkeit <strong>de</strong>s<br />
Eintritts <strong>de</strong>s Versicherungsfalls o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Vergrößerung<br />
<strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns - wenn überhaupt - nur<br />
unwesentlich gesteigert hat.<br />
Dies liegt hinsichtlich <strong>de</strong>s Eintritts <strong>de</strong>s Versicherungsfalles<br />
auf <strong>de</strong>r Hand. Der Entschluss,<br />
ein Fahrzeug zu entwen<strong>de</strong>n, wird in aller Regel<br />
vorab gefasst, inklusive <strong>de</strong>r Überlegungen zur<br />
anschließen<strong>de</strong>n Verwertung. Ob sich vielleicht<br />
ein von außen nicht sichtbarer Fahrzeugschein<br />
irgendwo im Wagen befin<strong>de</strong>t, spielt dabei keine<br />
Rolle. Etwas an<strong>de</strong>res könnte allenfalls für einen<br />
offen sichtbaren Fahrzeugschein gelten, <strong>de</strong>r<br />
potenzielle Täter zum Diebstahl verleiten könnte.<br />
Auch unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt einer erleichterten<br />
Verwertbarkeit liegt keine erhebliche<br />
Gefahrerhöhung vor. Der entgegenstehen<strong>de</strong>n<br />
Auffassung <strong>de</strong>s OLG Celle (VersR 2008, 204),<br />
wonach bei dauern<strong>de</strong>r Aufbewahrung <strong>de</strong>s Kfz-<br />
Scheins im Fahrzeug infolge <strong>de</strong>r Erleichterung<br />
<strong>de</strong>r Grenzüberschreitung und <strong>de</strong>s Vorteils, nur<br />
noch <strong>de</strong>n Kfz-Brief fälschen zu müssen, von<br />
einem Überschreiten <strong>de</strong>r Erheblichkeitsgrenze<br />
<strong>de</strong>s § 29 VVG a.F. auszugehen sei, vermag sich<br />
<strong>de</strong>r Senat nicht anzuschließen.<br />
OLG Ol<strong>de</strong>nburg, Urteil vom 23.06.2010, Az. 5<br />
U 153/09<br />
Regress <strong>de</strong>r Versicherung bei Unfallflucht<br />
<strong>de</strong>s Versicherungsnehmers<br />
<strong>Recht</strong>lich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n ist, dass eine<br />
Kfz-Haftpflichtversicherung ihren Versicherungsnehmer<br />
für einen von diesem herbeigeführten<br />
Unfallscha<strong>de</strong>n in Regress nimmt,<br />
wenn sich <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer nach <strong>de</strong>m<br />
Verkehrsunfall unerlaubt von <strong>de</strong>r Unfallstelle<br />
entfernt hat.<br />
Unstreitig hatte <strong>de</strong>r beklagte Versicherungsnehmer<br />
die ihm durch Nr. E.1.3. AKB 2008<br />
aufgegebene Pflicht im Scha<strong>de</strong>nsfall verletzt,<br />
<strong>de</strong>n Unfallort nicht zu verlassen. Hierin ist eine<br />
Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 II VVG zu<br />
sehen. Der Beklagte han<strong>de</strong>lte dabei vorsätzlich,<br />
<strong>de</strong>nn das Gebot, nach einem Verkehrsunfall die<br />
Unfallaufnahme durch die Polizei an Ort und<br />
Stelle abzuwarten, stellt auch bei ein<strong>de</strong>utiger<br />
Haftungslage eine „elementare, allgemeine<br />
und je<strong>de</strong>m Versicherungsnehmer und Kraftfahrer<br />
bekannte Pflicht“ dar. Das Verlassen <strong>de</strong>r<br />
Unfallstelle schränkt die Möglichkeit <strong>de</strong>s Versicherers<br />
ein, Feststellungen zu treffen, die zur<br />
Aufklärung <strong>de</strong>s Sachverhaltes o<strong>de</strong>r zur Min<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns dienlich sein könnten, und<br />
stellt <strong>de</strong>shalb selbst bei ein<strong>de</strong>utiger Haftungslage<br />
ein vertragswidriges Verhalten <strong>de</strong>s Versicherungsnehmers<br />
dar.<br />
LG Düsseldorf, Urt. v. 18.06.2010 - 20 S 7/10<br />
<strong>Flotte</strong>nmanagement 5/2010<br />
fen verursachen dann sogar längere Bremswege<br />
als Sommerreifen.<br />
Für <strong>de</strong>n Bürger als Normadressat von § 2 Abs. 3<br />
a StVO ist <strong>de</strong>shalb nicht erkennbar, ob und gegebenenfalls<br />
welche Reifen bei welchen Wetterverhältnissen<br />
als ungeeignet anzusehen sind.<br />
Diese Unklarheit wäre auch vermeidbar gewesen.<br />
Denn <strong>de</strong>r Verordnungsgeber hätte die mit<br />
<strong>de</strong>r Neuregelung <strong>de</strong>s § 2 Abs. 3 a S. 1 und 2 StVO<br />
verfolgten Ziele auch durch eine ein<strong>de</strong>utige<br />
Norm erreichen können. Ziel <strong>de</strong>r Neuregelung<br />
war es, die Sicherheit und Leichtigkeit <strong>de</strong>s Straßenverkehrs<br />
auch bei „extremen“ winterlichen<br />
Wetterverhältnissen zu gewährleisten und für<br />
<strong>de</strong>n Bürger verständliche Verhaltensanweisungen<br />
zu geben. Immerhin wäre hier die Verwendung<br />
konkreter Begriffe möglich gewesen. Die<br />
„Wetterverhältnisse“ hätten auf beispielsweise<br />
auf „Wetterverhältnisse, bei <strong>de</strong>nen Eis und/o<strong>de</strong>r<br />
Schnee möglich sind“ beschränkt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Für diese Wetterverhältnisse hätte dann<br />
wie in § 18 BOKraft vorgeschrieben wer<strong>de</strong>n können,<br />
dass nur mit – in <strong>de</strong>r Praxis allgemein für<br />
geeignet gehaltenen, siehe dazu oben - Winterreifen<br />
gefahren wer<strong>de</strong>n dürfe.<br />
Wenn auf diese Weise also die Verwendung konkret<br />
bestimmter Begriffe möglich war, so ist<br />
die Verwendung eines unbestimmten <strong>Recht</strong>sbegriffs<br />
unzulässig.<br />
Da <strong>de</strong>r Bußgeldtatbestand gemäß §§ 24 StGB,<br />
2 Abs. 3 a S. 1, 2 , 49 Abs. 1 Ziff. 2 StVO seinem<br />
Wortlaut nach unbestimmt ist, durch an<strong>de</strong>re<br />
Gesetze o<strong>de</strong>r technische Vorschriften nicht<br />
konkretisiert wird, kein klares Verständnis seines<br />
Inhalts in <strong>Recht</strong>sprechung und im Adressatenkreis<br />
besteht und da das Ziel <strong>de</strong>r Regelung<br />
auch durch bestimmte <strong>Recht</strong>sbegriffe hätte erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n können, ist er wegen Verstoßes<br />
gegen Art. 103 GG ungültig.<br />
Das OLG Ol<strong>de</strong>nburg kam daher zu <strong>de</strong>m Schluss,<br />
dass <strong>de</strong>m betroffenen Autofahrer allein ein<br />
fahrlässiger Verstoß gegen das Gebot, insbe-<br />
son<strong>de</strong>re bei Eisglätte auf <strong>de</strong>n Straßen mit <strong>de</strong>n<br />
Straßen- und Wetterverhältnissen angepasster<br />
Geschwindigkeit zu fahren, zur Last zu legen<br />
sei (vgl. §§ 3 Abs. 1 S. 1, S. 2, 49 Abs. 1 Nr. 3<br />
StVO, Bußgeldkatalog Ziff. 8.1.). Über die für<br />
diesen Verstoß festzusetzen<strong>de</strong> Geldbuße konnte<br />
<strong>de</strong>r Senat gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst entschei<strong>de</strong>n.<br />
So wur<strong>de</strong> die Regelbuße von 50,00<br />
Euro (Bußgeldkatalog i.d.F. bis zum 31.1.2009)<br />
festgesetzt.<br />
Fazit<br />
Winterreifenpflicht o<strong>de</strong>r Sommerreifenverbot?<br />
Nichts genaues weiß man nicht. Die Entscheidung<br />
<strong>de</strong>s OLG Ol<strong>de</strong>nburg ist <strong>de</strong>shalb ausdrücklich<br />
zu begrüßen. Ein Verstoß gegen das<br />
Bestimmtheitsgebot lag angesichts <strong>de</strong>r oben<br />
genannten Unklarheiten <strong>de</strong>s Wortlauts und<br />
fehlen<strong>de</strong>r ein<strong>de</strong>utiger juristischer Auslegungsergebnisse<br />
nahe. Der Gesetzgeber hätte sein<br />
Handwerk von vornherein besser machen müssen.<br />
Das Ziel <strong>de</strong>r bürgerfreundlichen und leicht<br />
verständlichen StVO-Novelle ist seinerzeit<br />
gründlich misslungen. Der Gesetz- und Verordnungsgeber<br />
ist <strong>de</strong>shalb aufgerufen, sich nunmehr<br />
Gedanken über eine konkrete Neuregelung<br />
in Bezug auf die „Bereifungsfrage“ und die<br />
„Wetterverhältnisse“ zu machen. Dabei muss er<br />
aber ganz ein<strong>de</strong>utig und vor allem praxistauglich<br />
regeln, welche sanktionsbewehrten Pflichten<br />
für Autofahrer begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n sollen. Es<br />
dürfte aber auch davon auszugehen sein, dass<br />
die Bußgeldstellen angesichts <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>r Gerichte, <strong>de</strong>n Wortlaut <strong>de</strong>r<br />
„Winterreifenpflicht“ mit Sinn zu füllen, mit<br />
mehr Bedacht an die Verhängung von Bußgel<strong>de</strong>rn<br />
gehen wer<strong>de</strong>n. Bis es eine Neuregelung<br />
gibt, wird man aber nicht umhin kommen, jeweils<br />
im Einzelfall zu prüfen, ob ein Einspruch<br />
gegen einen Bußgeldbescheid einzulegen ist,<br />
wenn sich ein solcher auf eine nicht <strong>de</strong>n Wetterverhältnissen<br />
angepasste Bereifung bezieht.<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar<br />
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.<strong>de</strong><br />
Internet: www.fischer-lohmar.<strong>de</strong>