Arterielle Durchblutungsstörungen der Beine - Deutsche Gefäßliga eV
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<strong>Arterielle</strong> Durchblutungsstörungen <strong>der</strong> <strong>Beine</strong><br />
von Prof. Dr. med. C. Diehm<br />
Thrombangiitis<br />
obliterans<br />
(Buerger-Syndrom):<br />
„Allergie“ gegen<br />
Zigarettenrauch<br />
1908 berichtete <strong>der</strong> Chirurg Dr. Leo<br />
Buerger in New York nach langen<br />
Studien an amputierten Gliedmaßen<br />
über eine „eigentümliche Form <strong>der</strong><br />
Gangrän des Fußes bei jungen<br />
Männern“. Dies war die Erstbeschreibung<br />
eines schweren Krankheitsbildes,<br />
das früher meist junge Männer befallen<br />
hat, von dem aber auch heute zunehmend<br />
Frauen nicht verschont sind,<br />
wenn sie rauchen. Es handelt sich um<br />
eine entzündliche Gefäßerkrankung, die<br />
wahrscheinlich auf dem Boden einer<br />
Art „Allergie gegen Zigaretteninhaltsstoffe“<br />
hervorgerufen wird.<br />
Es kommt zu einer schweren Ent-<br />
zündung <strong>der</strong> peripheren Extremitätenarterie<br />
und Venen (jenseits des<br />
Ellenbogens und des Knies einschließlich<br />
<strong>der</strong> Finger und Zehenarterien). Die<br />
peripheren Arterien und Venen können<br />
bereits im Rahmen eines einzigen entzündlichen<br />
Schubes <strong>der</strong> Gefäßkrankheit<br />
völlig verschlossen sein.<br />
90% aller peripheren Gefäßverschlüsse<br />
sind in unserem Land bedingt durch die<br />
Arteriosklerose, nur 2-3% aller Gefäßverschlüsse<br />
sind bedingt durch entzündliche<br />
Gefäßerkrankungen. Dabei spielt<br />
die Thrombangiitis obliterans die wichtigste<br />
Rolle. Früher waren nur 10% <strong>der</strong><br />
Betroffenen Frauen. Im Laufe <strong>der</strong> letzten<br />
Jahre ist allerdings eine stete prozentuale<br />
Zunahme weiblicher Buerger-<br />
Patienten zu registrieren. Dies hängt<br />
wahrscheinlich damit zusammen, daß<br />
wir das Krankheitsbild besser kennen<br />
gelernt haben und schneller die<br />
Diagnose stellen können, aber es dürfte<br />
auch sicherlich zusammenhängen mit<br />
einer Zunahme des Zigarettenkonsums<br />
bei Frauen.<br />
Generell tritt die Erkrankung in Ost-<br />
europa und in Nahost sowie in<br />
Südostasien und im Orient sehr viel<br />
häufiger auf als in westlichen Län<strong>der</strong>n.<br />
Die Ursache dieser schweren Gefäßerkrankung<br />
bei jungen Menschen ist bis<br />
zum heutigen Tag nicht ganz geklärt.<br />
GefäßReport 1/2006<br />
Rauchen spielt Hauptrolle<br />
Es gibt keine Frage, daß bei <strong>der</strong> Ent-<br />
stehung <strong>der</strong> Buerger-Erkrankung eine<br />
„Allergie“ (allergisch - hyperergische<br />
Gefäßreaktion) die Hauptrolle spielt.<br />
Die betroffenen Patienten sind fast ausnahmslos<br />
Raucher. Eine erbliche<br />
Disposition ist sehr wahrscheinlich.<br />
Unklar ist, ob das Nikotin selbst <strong>der</strong><br />
auslösende Faktor ist. Verwirrend ist,<br />
daß es in extremen Einzelfällen auch<br />
Nichtraucher gibt, die diese schwere<br />
Gefäßerkrankung bekommen. Wahrscheinlich<br />
genügt auch eine intensive<br />
Exposition mit Passivrauch.<br />
Klinische Symptome <strong>der</strong> Buerger-<br />
Krankheit<br />
Das Manifestationsalter liegt meist vor<br />
dem 40. Lebensjahr. Typischerweise<br />
klagen die Patienten über Kältegefühl,<br />
Kribbeln, Schmerzen im Bereich <strong>der</strong><br />
Füße und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hände. Häufig<br />
stellen sich die betroffenen jungen<br />
Patienten bereits mit Geschwüren<br />
bzw. einer Gangrän erstmals bei<br />
ihrem Arzt vor. In nahezu allen Fällen<br />
wird Zigarettenrauchen angegeben.<br />
Wahrscheinlich kann auch durch<br />
Schnupftabak und Passivrauchen <strong>der</strong><br />
Krankheitsprozeß ausgelöst werden.<br />
Oft berichten die Patienten auch<br />
über Schmerzen nachts im Vorfuß.<br />
Vorfuß einer jungen Buerger-Patientin. Nach einer<br />
Teilamputation <strong>der</strong> Großzehe, konsequentem Nichtrauchen<br />
und intensiver medikamentöser Therapie<br />
ist die Patientin heute nahezu beschwerdefrei.<br />
Manche haben die typischen Zeichen<br />
einer „Schaufensterkrankheit“, d.h.<br />
sie können eine kurze Wegstrecke<br />
gehen, müssen dann Stehen bleiben<br />
und sich erholen und können erst<br />
dann weitergehen. Typischerweise sind<br />
die Beschwerden nicht so häufig im<br />
Bereich <strong>der</strong> Wadenmuskulatur, son<strong>der</strong>n<br />
vielmehr in <strong>der</strong> Fußsohle.<br />
Viele Patienten klagen über eine<br />
Raynaud-Symptomatik, d.h. bei ihnen<br />
werden anfallsweise die Finger weiß und<br />
kalt.<br />
Typischerweise verläuft die Krankheit<br />
schubhaft, d.h. nach jahrelangen beschwerdearmen<br />
Perioden kann es erneut<br />
und unvoraussehbar - vor allem<br />
wenn <strong>der</strong> Patient weiterraucht - zu einem<br />
schweren Schub <strong>der</strong> entzündlichen<br />
Gefäßerkrankung kommen.<br />
Interessant ist, daß die Lebenserwartung<br />
im Vergleich zu den Patienten mit einer<br />
echten Schaufensterkrankheit Raucherbein<br />
nicht vermin<strong>der</strong>t ist. Den Tribut<br />
müssen die Buerger-Patienten oftmals<br />
mit sehr vielen Amputationen bezahlen:<br />
wenn es nicht gelingt, daß die betroffenen<br />
Patienten das Rauchen einstellen,<br />
müssen sie sehr häufig in „Salami-<br />
Taktik“ amputiert werden.<br />
Hochgradige Durchblutungsstörungen und<br />
dadurch Absterben des Vorfußes<br />
Ein beson<strong>der</strong>er<br />
psychosomatischer Typ<br />
Erfahrene Gefäßspezialisten vertreten<br />
die Auffassung, daß es einen „Buerger-<br />
Typ“ gibt. Buerger selbst hat eindrucksvoll<br />
den typischen Patienten beschrieben:<br />
„ein hageres, abgehärmtes Aus-<br />
sehen mit starren Augen, mit gebeugtem<br />
Rumpf umklammert er das Knie<br />
und den Fuß des betroffenen <strong>Beine</strong>s“.<br />
Die meisten Patienten sind schmerzgezeichnet<br />
und nie<strong>der</strong>geschlagen. Nahezu<br />
alle Patienten sind Zigarettenraucher<br />
und trotz eines erheblichen Leidensdrucks<br />
nicht gewillt, den Nikotinabusus<br />
einzustellen. Liegt die Chance zur<br />
Nikotinentwöhnung beim Patienten mit<br />
einem „normalen Raucherbein“ um<br />
20%, so wird die realistische Chance <strong>der</strong><br />
Nikotinentwöhnung beim Patienten mit<br />
Buerger-Krankheit auf unter 5% geschätzt.<br />
Die meisten Patienten haben<br />
immer wie<strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
mit den behandelnden Schwestern,<br />
Pflegern und Ärzten wegen des<br />
Rauchens und wegen <strong>der</strong> unkontrollier-