FESTSCHRIFT - Fachklinik-Hornheide
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6.10 PSYCHOSOZIALE ONKOLOGIE<br />
Psychosoziale Onkologie<br />
Psychosoziale Onkologie ist<br />
eine Wissenschaft, die in den<br />
letzten 30 Jahren aus dem<br />
Zusammenwirken von Medizin,<br />
Klinischer Psychologie und<br />
Sozialwissenschaften entstanden<br />
ist. Das vorrangige Ziel<br />
der Psychoonkologie ist die<br />
Verbesserung der psychosozialen<br />
Unterstützung der an<br />
Krebs Erkrankten und ihrer Angehörigen<br />
in allen Stadien der<br />
Behandlung und Nachsorge.<br />
Die Psychosoziale Onkologie<br />
ist in ihrem Ansatz entstigmatisierend.<br />
Patienten leiden in der<br />
Regel nicht an einer seelischen<br />
Krankheit, sondern an Belastungen,<br />
die von Krankheit und<br />
Behandlung ausgehen. Das<br />
Verhalten von Tumorpatienten<br />
wird als normale und „gesun<br />
de“ Reaktion auf die durch die<br />
Krankheit hervorgerufene Bedrohung<br />
und als Methode zur<br />
Angstreduktion verstanden.<br />
Dr. Dipl.-Psych.<br />
Dipl.-Theol.<br />
Gerhard Strittmatter<br />
Die Psychosoziale Onkologie<br />
ist wissenschaftlich begründet.<br />
Dies beinhaltet eine deutliche<br />
Positionierung gegenüber wiederkehrenden<br />
Mythen, wie z.B.<br />
der formulierten Psychogenese<br />
von Tumoren und der sogenannten<br />
„Krebspersönlichkeit“<br />
(siehe Tab. 1).<br />
Tab. 1:<br />
Quintessenz der wichtigsten<br />
Forschungsergebnisse der<br />
Psychoonkologie:<br />
• Die Annahme einer Krebspersönlichkeit („Typ C – Persönlichkeit“) ist widerlegt<br />
• Die Psychogenese eines Tumors ist wissenschaftlich nicht haltbar<br />
• Im Rahmen eines multifaktoriellen Modells kann der psychische Faktor einer von vielen sein<br />
(Psychoneuroimmunologie)<br />
• Die Autobiographien Krebskranker, die fast ausnahmslos einen psychosomatischen Ansatz vertreten,<br />
dienen der Sinnsuche und sind kein Beleg für den behaupteten Kausalzusammenhang<br />
• Die Frage des Einflusses des Bewältigungsverhaltens auf den somatischen Verlauf maligner<br />
Tumoren wird kontrovers diskutiert. Aktives Bewältigungsverhalten könnte einen günstigen,<br />
Resignation und Hoffnungslosigkeit einen ungünstigen Einfluss auf die Prognose haben.<br />
• Der derzeitige Forschungsstand erlaubt nicht die Aussage, dass psychologische Interventionen<br />
die Überlebenszeit verlängern.<br />
• Absolut sicher ist, dass psychosoziale Interventionen einen direkten Einfluss auf die Verbesserung<br />
der Lebensqualität von Krebskranken haben. Sie entlasten die Patienten, stärken ihre Bewältigung,<br />
fördern ihre aktive Mitarbeit, führen zu einer besseren Compliance mit der medizinischen Behandlung<br />
und mobilisieren die Ressourcen des Bezugssystems.<br />
Psychosoziale Onkologie in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Hornheide</strong><br />
Die offenkundigen Probleme<br />
der Patienten mit Gesichtstumoren,<br />
das Sich-auch-dafürverantwortlich-Fühlen<br />
und das<br />
Engagement der damals verantwortlichen<br />
Ärzte um Hubert<br />
Drepper und Franz Ehring, die<br />
gemeinsame Entwicklungsarbeit<br />
und der zeitliche Vorsprung<br />
vor anderen Kliniken brachte<br />
uns nicht nur gegen Ende der<br />
70er Jahre in eine psychoonkologische<br />
Pioniersituation,<br />
sondern bildete vor allem die<br />
fruchtbare Basis, auf der wir<br />
in den letzten 31 Jahren mit<br />
zunehmender Differenziertheit<br />
den wissenschaftlich fundierten<br />
behandlungsintegrierten<br />
Interventionsansatz etablieren<br />
konnten. So gehört die <strong>Fachklinik</strong><br />
<strong>Hornheide</strong> zu den ersten<br />
Kliniken in Deutschland, die ein<br />
psychosoziales Team in das<br />
Behandlungsteam integrierten.<br />
Diese professionelle Unterstützung<br />
ist – gerade in der heutigen<br />
Zeit – ein wichtiges Qualitätsmerkmal<br />
unserer Klinik.<br />
Die Qualität des behandlungsintegrierten<br />
Interventionsansatz<br />
der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Hornheide</strong><br />
ist nach internationalem Konsens<br />
an zwei Merkmalen zu<br />
erkennen:<br />
¢ an der Bereitstellung einer<br />
Basisunterstützung für alle<br />
Tumorpatienten<br />
¢ am Angebot zusätzlicher<br />
Interventionen für Patienten<br />
mit akuten Überbelastungen<br />
in den<br />
relevanten Belastungsbereichen<br />
| FESTSCHRIF T | 75 Jahre | <strong>Fachklinik</strong> <strong>Hornheide</strong> 71