FESTSCHRIFT - Fachklinik-Hornheide
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6.10 PSYCHOSOZIALE ONKOLOGIE<br />
Eine wichtige Säule der Basisunterstützung<br />
ist der systemzentrierte<br />
Ansatz, der die<br />
wichtigsten Bezugspersonen<br />
des Kranken in die Behandlung<br />
mit einbezieht. Zum einen<br />
braucht der Kranke dringend<br />
die Unterstützung seiner Angehörigen,<br />
zum anderen sind die<br />
Angehörigen selber stark belastet.<br />
Die Krankheit durchkreuzt<br />
das Leben aller Beteiligten und<br />
gefährdet die Integrität und das<br />
Funktionieren der gemeinsamen<br />
Beziehung, sei es Familie,<br />
Herkunftsfamilie, Partner- oder<br />
Freundschaftsbeziehung.<br />
Der systemzentrierte Ansatz ist<br />
die logische Konsequenz auf<br />
die Überforderung des Kranken<br />
und der Angehörigen sowie die<br />
Belastung der Gesamtfamilie.<br />
Das Ziel dieses Ansatzes ist,<br />
die Ressourcen des Bezugssystems<br />
zu stärken und die<br />
Familie zu befähigen, zu einer<br />
konstruktiven Bewältigung finden<br />
zu können. Gerade auf<br />
dem Hintergrund der Ressourcenknappheit<br />
und der erheblich<br />
verkürzten Verweildauern mit<br />
der zeitlich verdichteten psychosozialen<br />
Not der Kranken ist<br />
dieser Ansatz ein zukunftsweisender<br />
Lösungsansatz.<br />
Die Grundregel des systemzentrierten<br />
Ansatzes lautet:<br />
Von Seiten der Behandler muss alles getan<br />
werden, um das für den Kranken bedeutsame<br />
Bezugssystem zu stützen, und alles vermieden<br />
werden, was dieses System zusätzlich belasten<br />
könnte!<br />
Jeder Mitarbeiter nimmt an<br />
der Basisunterstützung teil.<br />
Eine Schlüsselstellung bilden<br />
tragfähige Arzt-Patient-Beziehungen<br />
nach dem Stil des<br />
informed consent, dem Konzept<br />
der geteilten Verantwortung.<br />
Der Kranke soll nicht (wie<br />
beim „complianceorientierten<br />
Behandlungsstil“) in seiner<br />
Mitmachbereitschaft, sondern<br />
in seiner Mitverantwortung<br />
angesprochen werden, indem<br />
Vor- und Nachteile der Therapieentscheidungen<br />
gemeinsam<br />
abgewogen werden und ein<br />
Konsens erzielt wird. Dieser<br />
Behandlungsstil wirkt entängstigend,<br />
fördert die aktive Mitarbeit<br />
und begünstigt ein aktiv-zupackendes<br />
Bewältigungsverhalten<br />
des Patienten.<br />
Teil der Basisunterstützung<br />
ist auch die sozialrechtliche<br />
Beratung. Zumindest bei Patienten<br />
mit malignen Melanomen,<br />
Plattenepithelkarzinomen,<br />
Basalioma terebrans und Sarkomen<br />
ist sie obligatorischer<br />
Teil der Basisunterstützung.<br />
Die Informiertheit über die sozialrechtlichen<br />
Möglichkeiten ist<br />
Teil des offenen Umgangs mit<br />
der Krankheit und fördert einen<br />
aktiven Bewältigungsstil.<br />
Zur Basisunterstützung gehört<br />
auch (unabhängig von der<br />
Betreuungsbedürftigkeit) das<br />
Angebot der Teilnahme am täglichen<br />
Entspannungstraining<br />
in der Gruppe. Die Fähigkeit<br />
zur körperlichen Entspannung<br />
ist ein elementarer Teil jeder<br />
Krankheitsbewältigung. Sehr<br />
geeignet hierfür ist eine einfache<br />
Form der Progressiven<br />
Muskelentspannung.<br />
Zur Basisunterstützung gehören<br />
spezielle Serviceangebote wie<br />
Bücherei mit integriertem Leseund<br />
Musikraum, Internetzugang,<br />
Informationsbroschüren zu<br />
Krankheitsbildern und Behandlungsansätzen,<br />
wöchentliche<br />
Informationsveranstaltungen<br />
und Patientenforen zu einzelnen<br />
Krankheitsbildern, zur Krankheitsbewältigung<br />
und zu anderen<br />
interessanten Themen.<br />
Die zusätzlichen Interventionen<br />
für Patienten mit Betreuungsbedarf<br />
dienen der gezielten<br />
Entlastung der Patienten in<br />
ihren überschwellig belasteten<br />
Dimensionen (vgl. Tabelle 2).<br />
Wesentliche Voraussetzung<br />
dafür ist allerdings, dass die<br />
betreuungsbedürftigen Patienten<br />
zuverlässig und frühzeitig<br />
identifiziert werden. Dafür haben<br />
wir schon ab 1990 tumorspezifische<br />
psychosoziale Screening-<br />
Instrumente entwickelt (<strong>Hornheide</strong>r<br />
Fragebogen, <strong>Hornheide</strong>r<br />
Screening-Instrument), die im<br />
deutschsprachigen Raum beispielhaft<br />
sind und inzwischen<br />
von vielen anderen Kliniken und<br />
Brustzentren eingesetzt werden.<br />
72 | <strong>Fachklinik</strong> <strong>Hornheide</strong> | 75 Jahre | FESTSCHRIF T |