Volltext - Musiktheorie / Musikanalyse - Kunstuniversität Graz
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5. Schlusswort<br />
Abschließend möchte ich zwei Aspekte in Schnebels Komposition hervorheben, die diese<br />
Arbeit als zentral dargestellt hat: der Zusammenhang zwischen Freiheit und Begrenzung in<br />
der Umsetzung des Strukturkatalogs, die Bedeutung menschlicher Interaktion.<br />
Das Konzept Glossolalie bietet den Ausarbeitenden einerseits sehr viele Möglichkeiten, ihrer<br />
Kreativität freien Lauf zu lassen, andererseits bieten die Parameter einen Rahmen, der davor<br />
schützen soll, das Konzept gegen Schnebels Sinn auszuarbeiten. Ein wichtiger Aspekt der<br />
Freiheit stellt etwa die Wahl der Sprachen dar. Er gibt keine expliziten Anweisungen, welche<br />
Muttersprache und welche daraus resultierenden verwandten bzw. entfernten Sprache<br />
verwendet werden sollen. Ein weiterer Aspekt, der frei verändert werden kann, stellen<br />
Schnebels Anweisungen zur Verwendung unkonventioneller Aktionen dar. Auch der<br />
„organisatorische“ Aspekt kann hier erwähnt werden: Das Konzepts legt keine Form im Sinne<br />
einer Abfolge von MPen fest. Wie schon erwähnt hat Schnebel für seine Glossolalie 61 eine<br />
viersätzige Form gewählt. Unsere <strong>Musiktheorie</strong>klasse hingegen hat einen fünfteiligen Zyklus<br />
erarbeitet, der auf paarweisen Anordnungen der Materialpräparationen beruht. Daraus kann<br />
gefolgert werden, dass die Form bei jeder neuen Ausarbeitung variieren kann. Die Offenheit<br />
des Konzepts wird auch durch die zeitlich und örtlich freie Umsetzung sowie die jeweils<br />
verschiedenen Ausführenden, die individuelle Form und Ordnung der Präparationen<br />
verdeutlicht.<br />
Was das Konzept jedoch einzigartig macht ist die Tatsache, dass auch die Dimension der<br />
Kommunikation zwischen den Ausführenden prominent berücksichtigt wird, vor allem über<br />
die Parameterfelder RD und SR. Wenn man diese Direktiven ernst nimmt, ergeben sich<br />
bestimmte Bewegungen, Zugewandheit oder Abgewandtheit zwischen den Ausführenden mit<br />
entsprechend kurzen, langen, lauten, leisen oder mehr oder weniger „konkreten“ Klängen.<br />
Auch ist im Konzept eine sehr starke Verbindung zwischen dem sprachlichen und dem<br />
instrumentalen Bereich festgelegt. Diese Verbindung bleibt in jeder möglichen Realisierung<br />
des Konzepts bestehen, solange man sich an Schnebels Anweisungen hält. Seine Direktiven<br />
geben somit einen Rahmen der zwar Freiheiten erlaubt, aber davor bewahrt, dass eine<br />
Ausarbeitung willkürlich wird.<br />
Besonders faszinierend erscheint mir die Tatsache, dass jede (auch jede zukünftige)<br />
Ausarbeitung des Konzepts immer wieder die aktuelle Situation der Gesellschaft<br />
widerspiegelt (widerspiegeln wird). Schnebel hat sein Konzept so gestaltet, dass es in jeder<br />
Zeit neu umgesetzt werden kann und durch die Ausführenden, die immer auch von der<br />
aktuellen Umwelt geprägt sind, beeinflusst wird. Dies zeigt er in seiner Glossolalie 61 in der<br />
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