Deutsche Bahn AG: Menschen bewegen – Welten verbinden
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Schlüssel zum bis dahin hermetisch gegen ausländische<br />
Konkurrenz abgeschirmten Inlandsmarktgeschehen und<br />
öff nete viele neue Türen.<br />
Während Schenker Ein- und Ausfuhr aller Waren via<br />
Luft- und Seefracht übernimmt, kümmert sich Seino um<br />
das Einsammeln oder Verteilen der Güter. Man betreibt<br />
landesweit neben 150 Frachtzentren eine riesige Flotte<br />
unterschiedlicher Lieferwagen und Laster samt dazugehöriger<br />
Fahrer. Die treten morgens bei ihren Gruppenleitern<br />
zum Appell an, unterziehen sich jeweils vor Arbeitsbeginn<br />
einem Alkoholtest, packen danach ihre Ladung<br />
selbst auf den Lkw und machen sich auf den Weg. Für Europäer<br />
ist das im Kontrast zur Modernität elektronisch<br />
ausgeklügelter Prozessabläufe ein staunenswertes Ritual,<br />
kennzeichnet aber die traditionelle Arbeitswelt, in der die<br />
Begriff e „Fleiß, Disziplin und Hierarchie“dominieren.<br />
Letzteres lässt sich in jedem Großraumbüro besichtigen,<br />
auch im Schenker-Offi ce. Dort sitzen die Im- oder Exportsachbearbeiter<br />
nahezu Arm an Arm aufgereiht an<br />
kleinen, mit Papieren überhäuften Schreibtischen. Die<br />
Enge gehört zur Normalität. Das Kopfende von jeweils<br />
zwei sich gegenüberliegenden Reihen bildet immer der<br />
quergestellte Tisch des Abteilungsleiters. Ihm ruft man<br />
nicht einfach etwas zu. Bewahre. Man steht auf, verbeugt<br />
sich höfl ich und trägt erst dann sein Anliegen vor.<br />
Für Peter Teichmann, den General Manager Logistics,<br />
war das mehr als gewöhnungsbedürftig, als er von Regensburg<br />
nach Tokio kam. „In Deutschland hatte ich ein<br />
schickes Büro samt Sekretärin und nun stand ich da und<br />
man zeigte mir so einen Schreibtisch. Ich war um sieben<br />
Uhr gelandet und mein erster Gedanke war: Wann geht<br />
der nächste Flug zurück?“ Das war vor sieben Jahren und<br />
ist heute eine Geschichte zum Schmunzeln. Teichmann<br />
blieb und will weiter bleiben, „auch wenn man sich hier<br />
die Hacken wundläuft und oft eine blutige Nase holt.“ Natürlich<br />
im übertragenen Sinne, denn Teichmann, der<br />
mehr als 20 Jahre als Schiff skapitän auf großer Fahrt war,<br />
ist kein Raufbold. „Aber rein geschäftlich muss man in Japan<br />
komplett umdenken. Die ganze Herangehensweise<br />
ist anders, und wer nach gewohnten Mustern verfährt,<br />
der fällt auf die Nase.“<br />
Logistikketten des „Supply Chain Managements“ sind<br />
sein Spezialgebiet und nach anfänglichen Schwierigkeiten<br />
ist man dabei höchst erfolgreich. Versorgt und steuert<br />
etwa den gesamten Produktionsprozess einer Fertigungsanlage<br />
der deutschen Kautex Textron. Das Unternehmen<br />
aus der Automobil-Zulieferindustrie ist Marktführer bei<br />
der Herstellung von Kunststoff tanks und plant neben<br />
dem Werk in Hiroshima, welches den Autobauer Mazda<br />
versorgt, noch eine weitere Fabrik – diesmal in China.<br />
Lukat könnte dagegen sein Hauptgeschäft wie folgt<br />
buchstabieren: LUXUS. Schenker schließlich importiert<br />
jede Menge Produkte europäischer Edelmarken wie Louis<br />
Vuitton oder Gucci und Chanel ins konsumfreudige<br />
Tokio. Mit vertakteter Versorgung glitzernder Boutiquen<br />
Formvollendet Japaner lieben europäische Edelmarken, und zu deren<br />
Lieferung gehört ein entsprechender Service.<br />
Vollgepackt Palettenstellplätze im Schenker-Warehouse Toronto.<br />
in den beliebten Shopping Malls der Stadt und umfangreicher,<br />
komplizierter Lieferdokumentation. Zugleich ist<br />
man aber auch Spezialist für anspruchsvolle Transporte<br />
der Halbleiterfabrikation, übernimmt im Projektgeschäft<br />
sogar die Verschiff ung ganzer Fabriken. Und ein weiteres<br />
großes Thema ist Fisch. Drei Mal pro Woche landen Cargo-Jets<br />
in Narita mit sorgsam gekühlter Ladung: Es sind<br />
fangfrische Lachse aus Norwegen.<br />
Ein Deal, wie es bei Schenker heißt, den nur Thomas<br />
Mack einfädeln konnte. Wer sonst käme schon auf die<br />
Idee, die größte Fischfangnation der Welt mit Fisch zu<br />
versorgen. Aber Mack war gestern da und Mack ist längst<br />
weiter – über Las Vegas, dann Richtung Kanada. Im US-<br />
Spielerparadies baut gerade Billy Lukas von BAX Global<br />
das Event- und Convention-Geschäft aus, kümmert sich<br />
auch um weltweite Transporte der Glücksspiel-Maschinenhersteller<br />
und in Toronto – in Toronto dominiert die<br />
Schenker-Niederlassung Kanada das Warehousing auf<br />
dem Lebensmittelsektor.<br />
Millionen von Kartons<br />
Schenker in<br />
Kanada und<br />
den USA<br />
265 Standorte<br />
9.200 Mitarbeiter<br />
Größter Kunde dort ist Unilever, und<br />
wer das jüngste, 28.000 Quadrat meter<br />
große Lagerhaus am Chrysler Drive<br />
nahe dem Airport besucht, der reibt<br />
sich die Augen. Wann sah man je solches:<br />
Riesig ist ein zu kleines Wort, es<br />
ist gigantisch. Deckenhohe Paletten-<br />
Abgefahren „Lagen-Picking“ nennt sich diese Warehousing-Variante, bei der Paletten mit einem Spezialgreifarm schichtweise abgetragen werden.<br />
regalreihen beherbergen den monatlichen Eingang von<br />
nahezu zwei Millionen Kartons. Bei den zur Weiterverteilung<br />
gesammelten Produkten – man liefert rund 1,8 Millionen<br />
Kartons in vier Wochen aus – handelt es sich um<br />
Essbares wie Instantsuppen und Mayonnaise, um Tomaten-Ragout<br />
und Olivenöl, um Tee und Erdnussbutter.<br />
Man stellt sich jetzt natürlich jede Menge Leute vor,<br />
die dieses Arbeitspensum mit einer Vielzahl von Gabelstaplern<br />
bewältigen – aber nichs davon. Rund um die Uhr<br />
beschäftigt man lediglich 65 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb,<br />
und mehr als 13 Gabelstapler gibt es dafür nicht.<br />
Die kleine Besetzung ist Folge ausgeklügelter Technik<br />
und Warehouse-Organisation. Die Schenker-Mitarbeiter<br />
in Kanada sind dafür ausgewiesene Spezialisten und<br />
haben ganz eigene, innovative Verfahren entwickelt. So<br />
unterscheidet man an Orders ganze Paletten, sogenannte<br />
Paletten-Lagen, oder Einzelkartons und jede einzelne<br />
Gattung hat ihren ganz speziellen Lagerplatz.<br />
Nahezu automatisiert ist dabei das „Lagen-Picking“.<br />
Ein schienengebundenes Fahrzeug hebt mit einem Greifarm<br />
mal 60, mal 120 Gläser Tomatenketchup schichtweise<br />
von einer ganzen Paketpalette ab. Dann wieder schiebt<br />
ein Gestellroboter Produkte in Regale, die Güter nicht nur<br />
in der Höhe, sondern auch in 15 Meter Tiefe aufnehmen.<br />
Und dazu gibt es einen sogenannten dreistöckigen Pick-<br />
Tower, der unkompliziertes, zügiges Zusammenstellen<br />
von Einzel-Orders erlaubt.<br />
Der Mitarbeiter greift dabei nur in bereitgestellte, geöff<br />
nete Kartons und legt die angeforderten Produkte auf<br />
ein Fließband. Dieses wiederum endet an einem Ausgabepunkt,<br />
wo sich weitere, ebenfalls über Rollbänder transportierte<br />
Produkte zur komplett abgearbeiteten Bestellerliste<br />
fügen. „Genial schnell und genial einfach“, sagt<br />
Warehouse-Manager Jamie Elliott und zeigt mit dem Finger<br />
nach oben: Dort hängt das Prunkstück der Anlage, das<br />
Scoreboard. Zu sehen ist darauf, welche Kundenorder gerade<br />
bearbeitet wird, wie viele Picks gemacht wurden und<br />
wie viele noch zu machen sind. Zusammengefasst werden<br />
alle Handgriff e mit dem Begriff Welle und gerade läuft<br />
Welle 2 des Tages, was bedeutet: Von den 4.576 Gesamtpicks<br />
fehlen noch 1.471.<br />
Natürlich könnte man jetzt ins Thema IT-Systeme einsteigen,<br />
schließlich wird jede Warenbewegung im Lagerhaus<br />
mit Scannertechnik überwacht und dokumentiert.<br />
Aber das glaubt man Schichtführer Lascelles Leonard<br />
doch gerne: „Die ist“, wie er lässig sagt, „state of the art.“<br />
Also das Beste vom Feinsten in der Datenverarbeitung.<br />
Stattdessen: Abfl ug und nach Hause. Wieder einmal<br />
auf den Spuren des Thomas Mack, der sein Jahr 2006 mit<br />
nicht weniger als 600.000 Kilometern beendete, und es<br />
damit vom Mond fast wieder zurück zur Erde geschaff t<br />
hat. In Frankfurt/Main wartet auf ihn übrigens ein ICE<br />
Richtung Düsseldorf. Auch so ein Mobilitätsprodukt im<br />
globalen Kosmos <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong> mit Weltruf. Und<br />
wenn im Anschluss an den ICE noch jemand mit dem Regionalzug,<br />
der S-<strong>Bahn</strong> oder dem Bus die letzten Kilometer<br />
bis nach Hause zurücklegt, dann schließt sich der Kreis in<br />
eben diesem Kosmos <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong>.<br />
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