Deutsche Bahn AG: Menschen bewegen – Welten verbinden
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Ein paar Arbeitsproben von Kollegen gefällig? Mertens*<br />
schaut schnell in seine Datenbank und zaubert unzählige<br />
Namen auf seinen Bildschirm. Das ist ganz so, als benutze<br />
er einen Quellcode. Et voilà – da wäre zum Beispiel Felix<br />
Schneider*, Leiter des Einkaufs von Informationssystemen.<br />
Ein Mann der Finanzen: IT spart nicht nur, IT kostet<br />
auch Geld. Schneider beziff ert die Ausgaben des gesamten<br />
DB-Konzerns für elektronische Medien auf rund 400<br />
Millionen Euro per annum. Darunter waren im Jahr 2006<br />
Investitionen in neue mobile Datenübertragungsgeräte<br />
von Zugbegleitern oder für Fahrkartenautomaten, ebenso<br />
Millionen für die Wartung bestehender Systeme, hohe<br />
Aufwendungen für neue Softwarelösungen und dazu jede<br />
Menge Ausgaben für geringfügige Wirtschaftsgüter.<br />
„Druckerpatronen beispielsweise und solche Sachen.“<br />
Auch der Einkauf von Großrechnern und Servern, wie<br />
sie im DVZ stehen, fällt in Schneiders Bereich. „Das ist<br />
eines der großen Themen der nächsten Jahre“, sagt er,<br />
„denn gerade ist die Ausschreibung zur Erneuerung des<br />
Datenspeicherparks abgeschlossen worden.“<br />
Sichtbar wird an dieser Stelle die<br />
Grundstruktur des IT-Aufbaus. Zuerst<br />
äußern Geschäftsbereiche oder<br />
Tochterunternehmen ihre Bedürfnisse,<br />
es erfolgt eine Kosten-Nutzen-<br />
Rechnung, und danach geht es an die<br />
konkrete Planung. Die Frage lautet<br />
immer: Wie lässt sich der Kundenwunsch<br />
technisch effi zient, anwenderfreundlich,<br />
preisgünstig und dazu<br />
netzwerkübergreifend am besten umsetzen?<br />
„Ihr Auftrag“, heißt es dann<br />
oft im Büro von Peter Reimann*, 32.<br />
Der noch junge Mann ist einer der Chefarchitekten im<br />
Bereich Software Development bei der DB Systems <strong>AG</strong>.<br />
Architekt – das wollte der Sohn eines Bauzeichenlehrers<br />
eigentlich immer werden. Ganz im herkömmlichen<br />
Sinne von Häusern planen und bauen. Dann aber kamen<br />
ihm die Computer dazwischen. Zu Schülerzeiten bastelte<br />
er die erste Hardware selbst zusammen. „Das war irgendwie<br />
ein fl ießender, kreativer Prozess.“ An dessen Anfang<br />
stand ein ZX 81 Computer mit Folientastatur. Den schloss<br />
Reimann an Fernseher und Kassettenrekorder an. Passende<br />
Software gab es nicht, also schrieb er sie selbst und<br />
lernte dabei ganz nebenbei die verschiedenen Programmiersprachen.<br />
Vom Häusle bauen ist also längst keine Rede mehr,<br />
doch gibt es Parallelen. „Auch meine Architektur kennt<br />
Baupläne, Materialien und verschiedenste Gewerke“,<br />
Kabelsalat Welcher Stecker zu welchem<br />
Anschluss passt, weiß einzig der Experte.<br />
sagt Reimann und skizziert mit schnellen Strichen ein<br />
komplettes Internet-Anwendungssystem. Mit einer oder<br />
mehreren Datenbanken, zum Verwalten von Inhalten.<br />
Mit Redaktions- und Publikationsservern. „Das hier“, so<br />
drückt er sich aus, „sind lauter Blechinstanzen. Sie bilden<br />
als Systempower das Rahmengerüst, vergleichbar mit<br />
Fundament und Mauerwerk.“<br />
Hinzu kommen Teile des zu verwendenden Betriebssystems,<br />
Programmiersprache, Server-Software, Schnittstellenstandards.<br />
Thema sind dazu Sicherheitsfeatures<br />
wie demilitarisierte Zonen und Firewalls. Für alles und<br />
jedes gibt es jetzt Fachkräfte: Software-Entwickler, Kommunikations-Designer<br />
für die Oberfl ächendarstellung,<br />
Tester, auch Spezialisten für den Betrieb des Systems.<br />
„Entscheidend ist am Ende aber immer der Kundenwunsch“,<br />
sagt Reimann. „Was will er mit der Anwendung<br />
machen, wer soll damit arbeiten und wie viele andere<br />
Interessenten wollen oder sollen sie nutzen.“<br />
Letzteres betriff t die Schnittstellenorganisation und<br />
deren Vereinheitlichung, mithin die anwendungsübergreifende<br />
Vernetzung aller Systeme. Reimanns Lieblingsthema,<br />
Stichwort: serviceorientierte<br />
Architektur (SOA). Erste Frage<br />
in diesem Zusammenhang: „Wie aktuell<br />
ist unsere IT-Welt bei der DB?“<br />
Zweite Frage: „Wo haben wir möglicherweise<br />
Probleme bei der Quernutzung<br />
von Systemen?“<br />
Ein Beispiel für die umfassende<br />
Aufgabe ist das Reisenden-Informationssystem<br />
des Personenverkehrs.<br />
Es speist sich aus unterschiedlichen<br />
Quellen, sammelt Infos über den Ist-<br />
Zustand des Zuglaufs aus der elektronischen<br />
Datenübermittlung von Zugmeldeanlagen, Stellwerken<br />
und Zugbegleitern, gleicht diese mit den<br />
hinterlegten Fahrplanparametern ab und berechnet daraus<br />
Umsteige-, Warte- oder neue Anschlusszeiten.<br />
Noch um ein Vielfaches komplexer sind Anforderungen<br />
des Güterverkehrs beim Railion-Verbund, also das<br />
Management von europaweit täglich rund 5.500 Güterzügen,<br />
von 3.150 Lokomotiven und knapp 240.000 Mitarbeitern<br />
bei einer jährlichen Gesamtverkehrsleistung von<br />
83,9 Milliarden Tonnenkilometern (tkm).<br />
KundenServiceSystem (KUSS) heißt dort die Plattform,<br />
hinter der sich ein automatisierter Workfl ow<br />
der Kundenschnittstellen, von CTI/ACD Telefonie,<br />
auto matisiertem Routing digitalisierter Faxe und Mails<br />
mit einem ToDo-Management verbirgt. Dazu gehören<br />
noch weitere 38 Anwendungen. Mit deren Unterstützung<br />
Allein die IT-Ausstattung des KundenServiceZentrums von DB<br />
Logistics, Bereich Railion, kostete annähernd 700 Millionen Euro.<br />
Kraftwerk Bei Stromausfall übernehmen nach 30 Minuten Dieselgeneratoren die Arbeit der Batterie-Notversorgung.<br />
steuern die 1.200 Mitarbeiter vom KundenServiceZentrum<br />
(KSZ) in Duisburg aus nicht nur den Verkauf beziehungsweise<br />
den Vertrieb, sondern auch die Produktion.<br />
Sie überwachen damit alle Verkehre und kommunizieren<br />
über ihre Rechner auch direkt mit den Kunden.<br />
Mitarbeiter als Herzstück aller IT<br />
„Unser Zentrum hat zusammen mit der kompletten IT-<br />
Ausstattung einen Gegenwert im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich“,<br />
sagt Timo Bode*, Leiter der Abteilung<br />
DV-Systeme, Prozesse. „Aber zum Leben erwecken<br />
es erst unsere Mitarbeiter. Immer noch sind sie das Herz<br />
des Ganzen, sie halten den unbedingt notwendigen persönlichen<br />
Kontakt zu unseren Kunden.“ Und er fügt hinzu:<br />
„Die IT weiß zwar alles, aber wehe sie fällt aus und ist<br />
einfach mal nicht da. “<br />
Der Reisende kennt das womöglich aus eigener Erfahrung.<br />
Er steht an der Verkehrsstation Heide in Nordfriesland<br />
und möchte noch schnell eine elektronische Fahrkarte<br />
lösen, doch ausgerechnet dieser eine von genau<br />
10.000 DB-Ticketautomaten streikt. Warum jetzt, kurz<br />
vor Abfahrt– nichts rührt sich, scheinbar ist das Gerät<br />
ausgefallen. Der Reisende weiß natürlich nichts über die<br />
Beschaff enheit des Automaten und dessen aktuelles technisches<br />
Problem. Weiß nicht, dass es sich im Grunde um<br />
einen Computer handelt, der allerdings über eine ISDN-<br />
Leitung oder gar über ein lokales LAN-Netz eingebunden<br />
ist in das bahneigene Vertriebssystem. Dass er, wie es zu<br />
neudeutsch heißt, online geht und Zugriff erhält auf Hintergrundsysteme,<br />
die Auskunft geben über kontingentierte<br />
Ticketangebote oder neue Fahrplandaten. Dass der<br />
Fahrkartenautomat im Umkehrschluss via Kartenleser<br />
eingenommene Geldbeträge virtuell transferiert oder statistische<br />
Werte übermittelt.<br />
Und der Reisende weiß natürlich nicht, dass dessen<br />
Betriebsführungsmodul im Falle eines Defekts eigenständig<br />
eine Fehlermeldung absetzt. Es blinkt dann im Cockpit<br />
des DatenVerarbeitungsZentrums der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong> ein rotes Lämpchen auf, und dort veranlasst<br />
man sofort, die Störung zu beseitigen. Womit sich der<br />
Kreis am Ende wieder schließt und sich die Frage erübrigt,<br />
von wo aus diese virtuelle DB-Welt gesteuert wird.<br />
Denn die ist einfach überall.<br />
*Namen von der Redaktion geändert<br />
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