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Deutsche Bahn AG: Menschen bewegen – Welten verbinden

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Dort betreibt die DB-Tochter für<br />

Volkswagen seit vier Jahren das PVZ,<br />

eines der modernsten Logistikzentren<br />

Europas. Buchs Baby, könnte<br />

man sagen, ohne zu übertreiben.<br />

Eine unsichtbare Hand scheint Ordnung<br />

in das scheinbar chaotische<br />

Gewusel der unablässig hupenden<br />

Stapler und Elektrokarren zu bringen.<br />

Was die Lieferanten aus ganz<br />

Europa heranschaff en, 2.000 verschiedene<br />

Modulteile und ungezählte<br />

Einzelteile bis zur Sechskantschraube,<br />

müssen vom Laster ins<br />

Lager und vom Lager per Elektrowagen<br />

über eine 360 Meter lange<br />

Brücke in die Fabrik, exakt im Takt<br />

der Montage, zeitgenau, sequenzgenau:<br />

immer das richtige Teil zur richtigen<br />

Zeit am richtigen Platz. Und sei<br />

es so etwas scheinbar Banales wie die<br />

Bedienungsanleitung fürs Radio, die<br />

natürlich in Englisch im Handschuhfach<br />

liegen muss, wenn das Fahrzeug<br />

für den britischen Markt gebaut wird<br />

– und nicht in Schwedisch, Litauisch<br />

oder Kroatisch.<br />

Irrtum nahezu ausgeschlossen<br />

Schon kleinste Fehler bei der Belieferung<br />

der Montage können sich rächen.<br />

„Die VW-Mitarbeiter in der<br />

Produktion müssen sich darauf verlassen<br />

können, dass wir die Teile in<br />

der richtigen Reihenfolge in die Gestellwagen<br />

gelegt haben“, erklärt<br />

Jürgen Buch, während Thorsten<br />

Abels den nächsten Außenspiegel<br />

aus dem Regal nimmt, „die Mitarbeiter<br />

an den Montagelinien greifen automatisch<br />

immer in das nächste Fach.<br />

Wenn sie für ein Auto graue Türverkleidungen<br />

brauchen, und wir liefern<br />

schwarze, kann das Fahrzeug nicht<br />

termingerecht ausgeliefert werden.“<br />

Damit das nicht passiert, wird<br />

nichts dem Zufall und wenig dem<br />

<strong>Menschen</strong> überlassen. Über zentrale<br />

Rechner sind das PVZ und die benachbarte<br />

Fabrik miteinander vernetzt;<br />

intelligente und hochfl exible<br />

IT-Lösungen sichern den Materialfl<br />

uss im Takt der Montage. Sie steuern<br />

den Dialog zwischen Lieferanten,<br />

Schenker und Volkswagen, bilden<br />

das Rückgrat des 40-Millionen-Euro-<br />

Investments.<br />

Schon lange bevor die Lkw-Fahrer<br />

sich am kleinen Fenster des Wareneingangs<br />

anmelden, ist ihre Ladung<br />

per EDV registriert. „Unsere Mitarbeiter<br />

wissen genau, welche Trucks<br />

mit welcher Ladung zu uns unterwegs<br />

sind“, erklärt Kor Straat, IT-Leiter<br />

des PVZ. „Das haben die Lieferanten<br />

per Datenleitung angemeldet.“<br />

Er zeigt auf einen der Monitore im<br />

Wareneingang. Dort hat SAP für eine<br />

erwartete Lieferung schon einen<br />

Transportauftrag angelegt, eine digitale<br />

Registerkarte mit den wichtigsten<br />

Daten. „Das hier ist zum Beispiel<br />

eine Anlieferung von Stankiewicz<br />

aus Hamburg, einem unserer Modullieferanten“,<br />

sagt Straat. „Der Lkw ist<br />

noch unterwegs, das sehen Sie hier.<br />

Und wir wissen auch schon, dass die<br />

Fracht aus Bodenbelägen besteht.<br />

Hier stehen die Teilenummern.“<br />

Sobald ein Teil, beispielsweise ein<br />

„Außenspiegel rechts Standard“,<br />

vom Truck entladen und gescannt<br />

wurde, erstellt SAP dafür automatisch<br />

einen Transportauftrag. Von<br />

nun an lässt sich der Weg des Spiegels<br />

exakt nachverfolgen, durch die<br />

Hallen, Container und Gestelle, von<br />

Stapler zu Stapler, von Hand zu<br />

Hand. SAP weist dem Spiegel seinen<br />

Platz im Lager zu – und der erscheint<br />

auf dem Funkterminal des Staplerfahrers,<br />

sobald er mit seinem Handfunkscanner<br />

den Spiegel einscannt.<br />

59-06-1 – schon weiß der Staplerfahrer,<br />

wohin mit dem Spiegel. Wählt er<br />

versehentlich den falschen Behälter,<br />

sieht er sofort eine Fehlermeldung<br />

auf seinem kleinen Monitor. Das System<br />

korrigiert nahezu alle Irrtümer.<br />

Den weiteren Weg des Außenspiegels<br />

vom Lagerbehälter in die Fabrik<br />

bereitet seit neuestem Pick by voice,<br />

die digitale Lady. „Die Geschäftsstelle<br />

Hannover ist bei Schenker der erste<br />

Standort, der dieses System einsetzt“,<br />

sagt Jürgen Buch nicht ohne<br />

Stolz. Wieder ist er mit seinem PVZ<br />

einen Schritt voraus. Im September<br />

vergangenen Jahres liefen die ersten<br />

Digitale Lady Im sogenannten Pick-by-<br />

Voice-Verfahren werden alle Handgriff e des<br />

Mitarbeiters akustisch gesteuert.<br />

Barcode Ganz ohne Papier geht es nicht. Eine<br />

scannerlesbare Identifi zierung für alle Teile<br />

schaff t weitere Sicherheit im nahtlosen Ablauf.<br />

Tests an. Schnell lernten die Schenker-Mitarbeiter<br />

im Lager den Praxisvorteil<br />

der papier- und beleglosen<br />

Kommissionierung gegenüber dem<br />

bewährten Duett aus Barcode und<br />

Scanner zu schätzen. „Man hat die<br />

ganze Zeit beide Hände frei zum Grei-<br />

Angeschossen Lagerarbeiter sind keine Pistoleros, der Gebrauch sogenannter Scannerpistolen gehört allerdings zu ihrem Alltagsgeschäft.<br />

fen“, erklärt IT-Leiter Kor Straat,<br />

„beim Scanner ist eine Hand immer<br />

mit dem Gerät beschäftigt.“ Zudem<br />

sind Sprachanweisungen eindeutiger<br />

als eine Ziff ernkombination auf dem<br />

winzigen Scanner-Display. Jürgen<br />

Buch plant, seine Mannschaft im<br />

Lager nach und nach komplett mit<br />

Pick by voice auszustatten.<br />

Strategischer Vorteil<br />

Am meisten freuen sich vermutlich<br />

jene Schenker-Lageristen auf Pick by<br />

voice, die im hinteren Teil der Halle<br />

die Bodenbeläge für den T5 hin- und<br />

herwuchten. Zwei Meter achtzig lang<br />

sind die Gummimatten und fast<br />

20 Kilo schwer. Mit Headset statt<br />

Handfunkscanner fi ele die schweißtreibende<br />

Arbeit leichter; zumindest<br />

könnten die Männer immer mit beiden<br />

Händen zupacken.<br />

Schon heute ist Schenker hier<br />

nicht lediglich Logistikdienstleister,<br />

sondern übernimmt für Volkswagen<br />

die Vormontage der Beläge. Je nach<br />

Anordnung der Sitze im Auto – beim<br />

T5 existieren allein 16 Varianten –<br />

müssen an entsprechenden Stellen<br />

Löcher in die Bodenbeläge gestanzt<br />

werden. Die Lieferanforderung aus<br />

der Fabrik enthält zusätzlich zur<br />

Artikelnummer jeweils auch einen<br />

Code für die Stanzung. Der wird<br />

gescannt – und die Maschine stanzt<br />

die Löcher millimetergenau in den<br />

Bodenbelag.<br />

Wer in Zukunft weiter im Logistikgeschäft<br />

mit den großen Autoherstellern<br />

nennenswert mitmischen will,<br />

muss solche Prozesse zuverlässig beherrschen,<br />

weiß Jürgen Buch. Mit<br />

der SAP-Lösung im PVZ hat sich<br />

Schenker einen strategischen Vorteil<br />

verschaff t. Praktisch jederzeit können<br />

weitere Vormontagen in die modulare<br />

Systemlandschaft eingepasst<br />

werden; das System atmet nach<br />

Bedarf. „Die Autohersteller werden<br />

die Anforderungen an die Logistik<br />

weiter nach oben schrauben“, prognostiziert<br />

Jürgen Buch, „aber wenn<br />

ich sehe, was wir hier heute schon<br />

täglich bewerkstelligen, mache ich<br />

mir um die Zukunft keine Sorgen.<br />

Wir sind gerüstet.“<br />

In Hannover wird nichts dem Zufall überlassen, denn selbst<br />

der kleinste Fehler stoppt gleich die gesamte Produktion.<br />

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