Deutsche Bahn AG: Menschen bewegen – Welten verbinden
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Besprechung Dietrich Theurer und seine Ingenieure beraten mit ihren chinesischen Auftraggebern das weitere Vorgehen bei einem Bauabschnitt.<br />
Natürlich passen nicht alle Vorhaben in das DB-Portfolio.<br />
Zudem gibt es internationale Konkurrenz und harten<br />
Wettbewerb. Mehr oder weniger konkretisiert haben sich<br />
schon mehrere Projekte. Dabei geht es um Auf- und Ausbau<br />
des Container-Umschlaghafens im Emirat Abu Dhabi<br />
sowie, an gleicher Stelle, um Bau und vor allem Betrieb<br />
einer Güterbahn. Weit umfangreicher noch wäre die in<br />
Saudi-Arabien geplante 1.400 Kilometer<br />
lange Landbrücke quer durch<br />
die Wüste von Ad-Dammam am Persischen<br />
Golf über Riad nach Jiddah<br />
am Roten Meer. Sagt Bay: „Gedacht<br />
ist an Gütertransport mit Tempo 120,<br />
aber ebenso an Personenverkehre.<br />
Die sollen allerdings weitaus schneller,<br />
nämlich mit Spitzentempo 200<br />
unterwegs sein.“<br />
Das international übliche Prozedere<br />
solcher Großprojekte kennt allerdings<br />
einige Qualifi zierungshürden<br />
und erfordert, wie Bay weiß,<br />
beträchtliche Vorarbeit. „Wir warten nicht, bis jemand eine<br />
Ausschreibung macht, sondern qualifi zieren heißt für<br />
uns aktive Beteiligung bei Konzeption und Entwicklung<br />
sowie Planungsunterstützung.“<br />
Nach diesem Muster entwickelte sich auch Dietrich<br />
Theurers Arbeit in China. Die DE-Consult war bereits im<br />
frühen Stadium mit den Plänen des Ministry of Railways<br />
(MOR) befasst und erstellte anno 2003 beratend eine<br />
„Vorläufi ge Technische Spezifi kation für die Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
Peking–Schanghai“. Referenzen<br />
In Kladde Aufgabe der DE-Consult ist es,<br />
im „Design-Review“ sämtliche Konstruktionspläne<br />
zu überprüfen und zu begutachten.<br />
gab es darüber hinaus in Hülle und Fülle. Zum Beispiel<br />
die maßgebliche Beteiligung am Bau deutscher Schnellfahrtrassen<br />
oder die planerische Design-Mitgestaltung<br />
der 345 Kilometer langen High-Speed-Railway-Taipei–<br />
Kaohsiung auf Taiwan.<br />
Der Auftrag, abgewickelt in einer Arbeitsgemeinschaft,<br />
umfasste prüf- und abnahmetechnisch alle Bereiche des<br />
<strong>Bahn</strong>baus: vom Instandhaltungsmanagement<br />
über <strong>Bahn</strong>energieversorgung<br />
bis hin zum Gleisbau. Auch<br />
Theurer war ab 1988, als DE-Consult<br />
die Machbarkeit der Strecken nachwies,<br />
mehrfach vor Ort, und als mit<br />
Jahresbeginn 2007 der erste pfeilförmige<br />
Hochgeschwindigkeitszug in<br />
nur 90 Minuten die endgültig fertiggestellte<br />
Strecke befuhr und damit<br />
zugleich den Regelverkehr eröff nete,<br />
da ließ sich der Mann von DE-Consult<br />
das Ereignis selbst im fernen<br />
Xi’an nicht entgehen. „Zumindest<br />
vir tuell war ich dabei, online und via Internet.“<br />
Tags darauf ist wieder Alltag und Besprechung mit<br />
Ma Kayan, dem stellvertretenden Chef der chinesischen<br />
Projektgesellschaft. Ein noch junger, freundlicher, allerdings<br />
auch selbstbewusster, energischer Mann mit dem<br />
Sprachvermögen eines Diplomaten und glasklarer Zielvorgabe.<br />
„Unser Bauvorhaben ist gerade wegen des<br />
schwierigen Lössbodens eine große Herausforderung“,<br />
sagt Herr Ma. „Aber sicher ist: Es wird uns planmäßig bis<br />
2009 gelingen, eine im Weltmaßstab erstklassige Strecke<br />
Dort, wo Chinas neues Eisenbahnzeitalter Gestalt annimmt,<br />
verschmelzen Vergangenheit und Zukunft miteinander.<br />
für Hochgeschwindigkeitszüge zu etablieren. Wir haben<br />
die DE-Consult zur Mitarbeit eingeladen und sind sicher,<br />
sie wird dabei auch für zukünftige Aufgaben viele wertvolle<br />
Erfahrungen sammeln.“<br />
Was Theurer betriff t, so haben er und seine Mitarbeiter<br />
schon einige Komplimente erhalten, vor allem, wie<br />
Ma Kanyan es ausdrückt, für die Flexibilität in der Zusammenarbeit<br />
mit den chinesischen Partnern. Erfreut sei<br />
er, so Ma, „wie man es geschaff t hat, sich auf veränderte<br />
Gegebenheiten einzustellen und deutsche Erfahrung sowie<br />
chinesische Praxis zu aller Nutzen zu <strong>verbinden</strong>.“<br />
Moderation ist dafür ein wichtiges Stichwort. Eine<br />
Aufgabe, die Dietrich Theurer im wahrsten Sinne des<br />
Wortes tagtäglich umtreibt und auf Trab hält. Ob nun in<br />
Konferenzen, am Telefon, per Internet mit Hunderten<br />
von E-Mails oder bei seinen zahlreichen Fahrten zu einzelnen<br />
Bauabschnitten entlang der Strecke. Bewundernswert<br />
die Kondition trotz seiner 62 Jahre, aber, so sagt der<br />
vierfache Familienvater: „China, das ist für mich wie ein<br />
regelrechter Jungbrunnen.“<br />
Aufbruch also, dorthin wo das neue Eisenbahnzeitalter<br />
Gestalt annimmt. Zu Tunnel- und Brückenbauten, die<br />
knapp 150 Kilometer entfernt zu Füßen des berühmten<br />
Qinling-Gebirges mit seinem heiligen Huashan-Berg<br />
stattfi nden und normalerweise westlichen Augen verborgen<br />
bleiben. Was man sieht, ist in seinen Dimensionen gewaltig,<br />
schwingt sich über Täler und gräbt sich durch<br />
ockerfarbenen Löss. Bunte Fahnen wehen allerorten an<br />
den Baustellen, die über eine parallel verlaufende vierspurige<br />
Autobahn recht mühelos erreichbar sind.<br />
Herausforderung Lössboden<br />
Der Boden übrigens ist tückisch, denn seine feste Ton-<br />
Anmutung täuscht: Bei Regen kollabiert der Untergrund<br />
und fällt in sich zusammen. Eine besondere Herausforderung<br />
vor allem für Geophysiker wie Dieter Jung von DB<br />
International. Seine Aufmerksamkeit gilt unter anderem<br />
den Bodenverdichtungsarbeiten, welche gerade im Bereich<br />
eines Kreuzungsbahnhofs nahe der Stadt Lintong<br />
stattfi nden.<br />
Fleischer wiederum, DB International-Experte für<br />
Brückenbau, interessiert sich mehr für die Vorfertigung<br />
von 32 Meter langen und rund 900 Tonnen schweren<br />
Betonelementen, wie sie in der Nähe des berühmten<br />
Xiyue-Tempels in modernster Bauweise wie am Fließband<br />
produziert werden. Gerade dort, vor der Silhouette<br />
holzgeschnitzter Pagodendächer, verschmilzt auf eindrucksvolle<br />
Weise Jahrhunderte alte Geschichte mit<br />
moderner Gegenwart und hochtechnisierter Zukunft.<br />
Für Dietrich Theurer, den seine Frau Thurid (Thors Schöne)<br />
„einen Romantiker“ nennt, bieten solche Momente<br />
immer wieder Gelegenheit zu kleinen geistigen<br />
Gedankenfl ügen. Befeuert von einem einheimischen<br />
Ingenieur, taucht er ab in die Untiefen chinesischer Historie<br />
und landet diesmal bei General Sunzi. Der legte vor<br />
2.500 Jahren Schriften zur „Kunst des Krieges“ vor und<br />
prägte dabei eine Wahrheit, an die sich Theurer noch<br />
heutzutage in Ehe und Arbeitsalltag hält: „Wahrhaft<br />
siegt, wer nicht kämpft.“<br />
Eingeschalt In unmittelbarer Nachbarschaft des vor Urzeiten aus Holz<br />
gefertigten Xiyue-Tempels regieren heute Beton und Stahl.<br />
Wie am Fließband 900 Tonnen wiegt jedes einzelne Brückenelement.<br />
In diesem Betrieb entstehen rund 500 solcher Kolosse.<br />
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