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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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124<br />

PAUL ZIMMERMANN<br />

<strong>das</strong> er <strong>das</strong> Verzeichnis seiner Schriften ebenso zusammengestellt haben wird,<br />

wie er seinen Lebenslauf eigenhändig aufzeichnete, der später <strong>für</strong> die Personalien<br />

hinter Overheidens Leichenpredigt verwandt wurdel). Pratje hat den<br />

61 Schriften, die v. Seelen aufführt, nur drei noch hinzugefügt: eine Leichenpredigt<br />

auf den Regierungsrat von Lissenhaim, die erst 171 2 gehalten wurde,<br />

also von Seelen noch nicht berücksichtigt werden konnte, und als Nr_ 49 und<br />

50 den "Tugend- und Liebesstreit" und <strong>das</strong> "Liebesgefängnis." Diese, 1671<br />

und 1678 gedruckt, hätte Seelen mit nennen müssen. Dass er es nicht tut,<br />

spricht entschieden gegen einen Anteil <strong>des</strong> Baldovius an den Stücken. Dagegen<br />

ist es leicht erklärlich, wenn Pratje ihm, von dem so viele Gelegenheitsschriften<br />

aus seiner Bevernschen Zeit herrühren, dadurch verfUhrt, auch<br />

diese mit zuschreibt. Allerdings entfaltete Baldovius eine nicht geringe dichterische<br />

Tätigkeit, aber diese ist, so weit sich aus den Titeln <strong>des</strong> Schriftenverzeichnisses<br />

sehen lässt, vollständig geistlich gerichtet. Dazu stimmt doch<br />

sehr schlecht der stark weltliche Geist der Schauspiele, gar nicht zu gedenken<br />

<strong>des</strong> sehr niedrigen Volkstons, den der Pickelhäring in dem älteren von ihnen<br />

anschlägt. Es ist an sich nicht recht glaublich, <strong>das</strong>s ein zwar blumenreich<br />

redender, aber doch ernstgesinnter Geistlicher, als welcher Baldovius skh<br />

uns überall zeigt, derartige Arbeiten gemacht habe. Auch entspricht es schwerlich<br />

der kirchlichen Gesinnung <strong>des</strong> Herzogs, seinen Hofprediger, der an demselben<br />

2. Februar die Einsegnungspredigt der Herzogin Christine hielt, <strong>für</strong><br />

jene Aufgaben heranzuziehen, wenn wir ihn auch bei den TheaterauffUhrungen<br />

- schon dies gewiss ein bemerkbares Zeichen von Toleranz und<br />

Unbefangenheit <strong>für</strong> jene Zeit - unter den Zuschauern nicht selten erblicken.<br />

Viel wahrscheinlicher kommt es mir daher vor, <strong>das</strong>s die Bearbeitung der<br />

Stücke von dem Herzoge selbst herrühre. Er war in jenen Jahren überhaupt<br />

literarisch sehr tätig. Auch liess er sein eigenes Licht recht gern leuchten,<br />

und ist es von vornherein anzunehmen, <strong>das</strong>s er an jenem Werke, <strong>das</strong> auf<br />

seine Kosten gedruckt wurde, auch geistigen Anteil hatte. Zudem lag ihm<br />

solche Arbeit keineswegs fern; von frühester Jugend auf war er mit theatralischen<br />

Auffuhrungen vertraut. Er machte es in seinen "Wunderlichen<br />

Begebnussen" S. 3 seinem alten Lehrer Schottelius geradezu zum Vorwurfe,<br />

<strong>das</strong>s er "Ihn allerhand Lustspiele zu spielen zwang, ehe Er kaum <strong>das</strong> ABC<br />

kunte", obwohl er selbst mehr Lust hegte, "was Fürstliches und rechtschaffenes<br />

als solche Possen zu lernen." Einen anderen Lehrer, Sigismund von<br />

Birken, lobt er dagegen, weil er ihn "in der Dichtkunst rUhmlich unterwiess."<br />

Die Liebe zu dieser hat er im späteren Leben eifrig betätigt, und auch gegen<br />

<strong>das</strong> Theater haben ihn jene Jugenderinnerungen nicht einnehmen können;<br />

1) Vergl. Personalien S. 1 u. 14.<br />

Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

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