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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

LU DWI G HAN SELMAN N<br />

dem hiesigen Apotheker ein vertrauliches Schreiben aus Hamburg einlief, laut<br />

<strong>des</strong>sen der kurbrandenburgische Agent dort gesagt haben sollte: sobald nur erst<br />

Münster dem Bischof unterworfen sei, würden die Belagerungsvölker Herzog<br />

August zur Verfügung gestellt und gegen <strong>Braunschweig</strong> herangefilhrt werden.<br />

Auch in der Nähe begaben sich Zeichen, womit die Oberen hier wohl zufrieden<br />

sein konnten. Als im Juni eines Tages der Küchenwagen Prinz Rudolf<br />

Augusts auf dem Rennelberge war, um Gemüse einzuholen, spieen etliche<br />

Bürger vor den Ohren <strong>des</strong> Kutschers und der Jungen mit lästerlichen Redensarten<br />

um sich in dem Sinne: es wäre eine Schande, <strong>das</strong>s den Fürsten, die die<br />

Bürgerschaft ausschmachten wollten, hier noch etwas verkauft werden dürfte.<br />

Dies wurde bei Hofe hinterbracht und natürlich sehr übel vermerkt, was<br />

Kanzler Schrader demnächst durch seinen Diener dem Bürgermeister andeuten<br />

liess mit dem Winke, dergleichen nicht zu dulden. Zugleich ward dem<br />

Rate bekannt, <strong>das</strong>s ähnliche Unziemlichkeiten auf dem Turme zu Rüningen<br />

vorgefallen waren; dort hatte ein anderer Bürgersmann die Worte gebraucht:<br />

er wollte, <strong>das</strong>s den Alten, Herzog August, der nichts in die Stadt lasse, Dieser<br />

und Jener holen möchte.<br />

Wenn dies Volkes Stimme war, - und in Wahrheit, die Folgen der Sperre<br />

drückten täglich und stündlich den kleinen Mann zu hart, als <strong>das</strong>s ihm insgemein<br />

sehr viel anders zu Mute sein konnte als Jenen, die laut damit wurden,<br />

- dann hatte es sobald noch keine Not um den Zauber der <strong>für</strong>stlichen Friedensschalmeien.<br />

Aber freilich, sich dem ärgerlichen Alten zum Trotz, der Stadtfreiheit zu<br />

Liebe hinfort soviel freudiger schatzen zu lassen, lag nicht in der Natur dieser<br />

ehrlichen Leute, und hätte ihr Zorn ja einmal einen Fittich regen wollen,<br />

solchen Aufschwung zu nehmen, so wäre er - dies soll nicht vergessen sein<br />

- alsbald von den Nöten der Zeit gelähmt worden.<br />

Auch unter den Stadtsoldaten hatte die Pest arg gehaust, nur ein kümmerlicher<br />

Rest war am Ende noch am Leben, neue Werbung unvermeidlich,<br />

wenn die Stadt nicht allen FährIichkeiten wehrlos gegenüberstehen sollte.<br />

Gleichwohl jedoch sträubten sich die Stände jetzt unter Berufung auf den<br />

Rückgang aller bürgerlichen Nahrung noch heftiger als vordem, den Denkspruch<br />

zu Herzen zu nehmen: Opus entm opz"bus, ut ßat quod est opus.<br />

Sie hörten kaum danach hin und liessen sichs keinesfaJls rühren, wenn der<br />

Rat ihnen vorhielt, <strong>das</strong>s nach Celsus, dem vornehmen Je tus, pecunz'a st'ne<br />

pecult"o res ./ragilz"s sei, hier aber <strong>das</strong> pecult"um nicht sowohl in Barschaften,<br />

als vielmehr einzig und allein in dem bisher nur noch mühsam erhaltenen<br />

Credite bestehe, und auch dieser letzte Anker brechen müsste, wenn die Bürgerschaft<br />

sich ausserordentlicher Beisteuer weigere und der Trese allein alles<br />

aufhalsen wollte.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042088

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