<strong>Trans*</strong> <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> <strong>und</strong> <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong>Fa<strong>ch</strong>kräften in den einzelnen beteiligten Disziplinen darstellen sowie die Aufgleisung derZusammenarbeit mit ihnen <strong>und</strong> permanentes prozessbegleitendes Monitoring.Au<strong>ch</strong> Haupt (2011) geht bei einer optimalen Begleitung von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> von CaseManagement aus, siedelt dies jedo<strong>ch</strong> im Primärärztli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> (Hausarzt / Hausärztin)oder im Klinis<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> (Psy<strong>ch</strong>otherapie) an (vgl. S. 61). Case Management für trans*<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> über <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> bietet dem gegenüber den Vorteil, si<strong>ch</strong> in einer entfernterenPosition der Stigmatisierung <strong>und</strong> Pathologisierung zu befinden. Bei Bedarf können jedo<strong>ch</strong>Fa<strong>ch</strong>kräfte aus dem medizinis<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> jederzeit involviert werden. Zudem dürftengerade bei sozialen Thematiken, unter denen trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> vermehrt zu leiden haben,wie in den Unterkapiteln über Norm <strong>und</strong> Abwei<strong>ch</strong>ung (vgl. 3.6., 3.6.1., 3.6.2.), Cis* <strong>und</strong>Heteronormativität (vgl. 3.6.3), Stigmatisierung (vgl. 3.7.) <strong>und</strong> Diskriminierung (vgl. 3.8.)aufgezeigt wurde, trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> eher bei Sozialarbeitenden Fa<strong>ch</strong>personen begegnen, dieihnen in ethis<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t den auss<strong>ch</strong>laggebenden Mehrwert bieten dur<strong>ch</strong> ihreprofessionelle Haltung, wie im Unterkapitel Relevanz <strong>Soziale</strong>r <strong>Arbeit</strong> für trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong>(vgl. 4.2.) aufgezeigt wurde. Dur<strong>ch</strong> eine Auslagerung des Case Management aus demKlinis<strong>ch</strong>en Kontext an die <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> wäre eine Begleitung von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> mögli<strong>ch</strong>,die ni<strong>ch</strong>t nur in den Ansätzen, sondern vollumfängli<strong>ch</strong> die <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong>re<strong>ch</strong>te <strong>und</strong> die<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong>würde von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> ni<strong>ch</strong>t nur respektieren, sondern sogar forcierenwürde. Dadur<strong>ch</strong> würde mit hö<strong>ch</strong>ster Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit eine Effizienz, Effektivität <strong>und</strong>Ressourcens<strong>ch</strong>onung aller involvierten Parteien errei<strong>ch</strong>t, die mit einem Case Management ineinem Primärärztli<strong>ch</strong>en oder Klinis<strong>ch</strong>en Kontext ni<strong>ch</strong>t errei<strong>ch</strong>t werden könnte.Rau<strong>ch</strong>fleis<strong>ch</strong> (2009) führt aus, dass es bei der Begleitung von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> während derakuten Phase von hö<strong>ch</strong>ster Relevanz ist, dass es zu einer e<strong>ch</strong>ten, partners<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en,partizipativen Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en professionellen Anspre<strong>ch</strong>personen <strong>und</strong> trans*<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> kommt, dass trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> als mündige <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> wahrgenommen <strong>und</strong>involviert werden, da sie si<strong>ch</strong> in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu Fa<strong>ch</strong>personenwährend den unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Behandlungsphasen befinden (vgl. S. 52 – 53). Au<strong>ch</strong>Böhnis<strong>ch</strong> (1975) spri<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> für Verfahren aus, die es erlauben, die Bedürfnisse der Klientelbesser in die Definitionsprozesse einzubeziehen (vgl. S. 151). Als wi<strong>ch</strong>tig im Umgang mittrans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> im Case Management dürfte sein, dass Case Management alsklientenorientierte, bedürfnisorientierte <strong>und</strong> potentialorientierte Funktion ausgeführt wird <strong>und</strong>ni<strong>ch</strong>t nur als administrative, angebotsorientierte Funktion.Dur<strong>ch</strong> die momentan dur<strong>ch</strong> die Zentralisierung der <strong>Trans*</strong>-Angebote auf die beiden für alletrans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> zugängli<strong>ch</strong>en Kompetenzzentren in Züri<strong>ch</strong> <strong>und</strong> Basel (abgesehen no<strong>ch</strong>vom Kanton Uri, der dur<strong>ch</strong> die Altdorfer Empfehlungen <strong>und</strong> die kantonale Anbindung vontrans*<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> an die Sozialpsy<strong>ch</strong>iatris<strong>ch</strong>en Dienste eine Ausnahme darstellen dürfte)Ba<strong>ch</strong>elorarbeit Jack Walker, WS08 Seite 79
<strong>Trans*</strong> <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> <strong>und</strong> <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong>entsteht in den grössten Teilen der S<strong>ch</strong>weiz eine sehr unbefriedigende Situation für trans*<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong>. Wüns<strong>ch</strong>enswert wäre ein dezentralisiertes Case Management-System, überwel<strong>ch</strong>es zumindest kantonal, vorteilhafter no<strong>ch</strong> regional, eine Anbindung von trans*<strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> stattfinden könnte. Denkbar wäre dies über bereits bestehende Angebote der<strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> in den Berei<strong>ch</strong>en Familienberatung, Sexualberatung etc. Eine hervorragendeVernetzung zu lokalen Endokrinologen sowie eine eher zentralisierte Versorgung beioperativen Massnahmen wie bis anhin würden dieses Modell abr<strong>und</strong>en.Case Management kann die Berei<strong>ch</strong>e im Leben von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> abdecken, währenddenen sie in der akuten Phase auf Unterstützung von anderen <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> angewiesen sind.Es kommen jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> sehr viele Berei<strong>ch</strong>e im Leben von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> vor, die sieselbst abdecken können. Na<strong>ch</strong> der Betra<strong>ch</strong>tung von Case Management <strong>und</strong> seinem Nutzenfür trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> in diesem Unterkapitel während der eher akuten Phase des <strong>Trans*</strong>-Seins wird daher im nä<strong>ch</strong>sten Unterkapitel auf Empowerment <strong>und</strong> <strong>Trans*</strong> eingegangen,wel<strong>ch</strong>es au<strong>ch</strong> die Bedürfnisse von trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> in den eher latenten Phasen abdeckenkann.4.2.2. Empowerment <strong>und</strong> <strong>Trans*</strong>„Das Ziel eines jeden, der für andere <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> fühlt, sollte sein, ihre Entwicklung zu fördern,ihre Kraft zu mehren, ihren Charakter zu stärken – <strong>und</strong> dieses Ziel kann am besten errei<strong>ch</strong>twerden, wenn ein Mens<strong>ch</strong> seine S<strong>ch</strong>wierigkeiten selber löst“ (Salomon, 1926, S. 57).In diesem Unterkapitel wird auf die Verbindung von Empowerment <strong>und</strong> <strong>Trans*</strong> eingegangen,da trans* <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> vor allem in den eher latenten Phasen, aber au<strong>ch</strong> in ihrer eher akutenPhase, ihre Lebensberei<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> ihre Bedürfnisse selbst besser abdecken können, als essonst irgendjemand für sie je tun könnte. Dabei wird hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> den Ausführungendes Empowerment-Konzepts na<strong>ch</strong> Norbert Herriger vorgegangen.Herriger (2010) erklärt das Empowerment-Konzept dur<strong>ch</strong> die wörtli<strong>ch</strong>e Übersetzung desWortes Empowerment, das Selbstbemä<strong>ch</strong>tigung, Stärkung von Autonomie <strong>und</strong>Selbstbestimmung bedeutet. Empowerment als Begriff bezei<strong>ch</strong>net Entwicklungsprozesse inder Dimension jener Zeit, während der <strong>Mens<strong>ch</strong>en</strong> die Kraft erlangen, die sie benötigen, umein na<strong>ch</strong> eigenen Massstäben besseres Leben zu erlangen (vgl. S. 13).Herriger (2010) unters<strong>ch</strong>eidet zwei unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Traditionslinien von Empowerment:1) Empowerment als kollektiver Prozess der Selbstaneignung von politis<strong>ch</strong>er Ma<strong>ch</strong>t. DieGes<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Empowerments ist stark in den sozialen Bewegungen deramerikanis<strong>ch</strong>en Bürgerre<strong>ch</strong>tsbewegungen verankert. Der Kampf der farbigenBevölkerung, die Friedensbewegung, die Frauenbewegung etc. stehen in denBa<strong>ch</strong>elorarbeit Jack Walker, WS08 Seite 80