Fact Finding Mission - Max-Planck-Gesellschaft
Fact Finding Mission - Max-Planck-Gesellschaft
Fact Finding Mission - Max-Planck-Gesellschaft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
J AHRESBERICHT 2005<br />
Svante Pääbo<br />
52<br />
Vielversprechende Gene<br />
Sprache ist eine der einzigartigen Fähigkeiten, die Menschen von Tieren unterscheiden. Sie<br />
erlaubt es uns, selbst die abstraktesten Sachverhalte präzise zu beschreiben, unser Wissen<br />
mit anderen Menschen zu teilen und es an die nächsten Generationen weiterzugeben. Wie<br />
Sprache entstanden sein könnte, darüber rätseln die Wissenschaftler schon seit langem. Die<br />
Entdeckung des FOXP2-Gens hat sie der Lösung ein Stück näher gebracht. Dieses Gen<br />
scheint nämlich für die Entstehung der menschlichen Sprache von enormer Bedeutung zu<br />
sein. Allerdings – auch Mäuse und Schimpansen besitzen das FOXP2-Gen. Warum können<br />
Menschen also sprechen und Tiere nicht?<br />
Mit dieser Frage hat sich Prof. Dr. Svante<br />
Pääbo vom <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für evolutionäre<br />
Anthropologie in Leipzig befasst. Bei<br />
FOXP2 handelt es sich um einen so genannten<br />
Transkriptionsfaktor, der die Aktivität<br />
vieler anderer Gene steuert und so unter<br />
Umständen das Verknüpfen neuer Schaltkreise<br />
in unserem Gehirn ermöglicht und<br />
den Menschen zum Sprachwesen erhoben<br />
hat. Um herauszufinden, wie sich das Gen<br />
im Laufe der Evolution verändert hat, verglich<br />
Pääbo das FOXP2 von Menschen,<br />
Mäusen und Schimpansen. Er stellte fest,<br />
dass sich die tierischen Versionen des Proteins<br />
nur um einige wenige Bausteine von<br />
der des Menschen unterscheiden. Diese<br />
Veränderung hat sich in der menschlichen<br />
Population innerhalb der letzten 200 000<br />
Jahre durchgesetzt und scheint für die Entstehung<br />
der Sprache maßgeblich gewesen<br />
zu sein. Möglicherweise liegen die Ursachen<br />
für unser komplexes Denken und unsere<br />
Sprache aber auch weniger im Aufbau der<br />
Gene als in deren Benutzung. Pääbo und<br />
seine Mitarbeiter haben die Änderungen der<br />
Genaktivität in verschiedenen Geweben von<br />
Mensch und Schimpanse verglichen. Das<br />
Ergebnis: Die Benutzung der Gene im<br />
menschlichen Gehirn hat während der Evolution<br />
viermal mehr Änderungen durchlaufen<br />
als beim Schimpansen. Bei den Leberzellen<br />
durchliefen beide gleich viele<br />
Modifikationen. Das heißt, dass die Evolution<br />
von bestimmten Genen, die in die Entwicklung<br />
und Funktion des menschlichen<br />
Gehirns eingebunden sind, schneller verlief.<br />
Diese Beschleunigung könnte durch positive<br />
Selektion verursacht worden sein. Für<br />
seine herausragenden Erkenntnisse wurde<br />
Svante Pääbo 2005 mit dem Louis-Jeantet-<br />
Preis für Medizin ausgezeichnet.