Schauplätze der Umweltgeschichte - Werkstattbericht - SUB Göttingen
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Das Walchenseekraftwerk<br />
in <strong>der</strong> Argumentation <strong>der</strong> Heimatschutzbewegung eine vorrangige Stellung ein<br />
(Rollins 1993, 150f.).<br />
Wie bereits angemerkt, war auch die Heimatschutzbewegung nicht gegen die herrschende<br />
Technikfaszination gefeit. Rudorff nahm gegenüber elektrischer Energie<br />
eine ambivalente Haltung ein. Während er einerseits Hoffnungen hegte, die Elektrizität<br />
könne die Rauchschlote <strong>der</strong> kohlefressenden Industrie beseitigen, verurteilte<br />
er an<strong>der</strong>erseits die für den Bau eines Wasserkraftwerkes notwendigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
des Landschaftsbildes als „einen gewaltsamen Eingriff größten Maßstabs in die<br />
natürlich gewordene Gestalt <strong>der</strong> Landschaft“, die „niemals als eine Verschönerung<br />
<strong>der</strong> Natur angesehen werden (kann)“ (Ernst Rudorff, Zur Talsperrenfrage, in:<br />
Mitteilungen des Bundes Heimatschutz 1 (1904/05), S. 175, zit. n. Knaut 1991, 29).<br />
Auch die Ressentiments <strong>der</strong> Heimatschutzbewegung gegenüber Wasserkraftwerken<br />
zeigten sich vielerorts. So beispielsweise beim Laufenburger Wasserkraftwerk:<br />
Hier beklagte die Heimatschutzbewegung den ästhetischen Verlust des<br />
Landschaftsbildes, <strong>der</strong> mit dem Bau von technischen Anlagen verbunden sei. Diese<br />
kämen einer direkten körperlichen Bedrohung gleich (Bin<strong>der</strong> 1999, 252, 255).<br />
Inwiefern die Heimatschutzbewegung konkret am hier behandelten Schauplatz<br />
Walchenseekraftwerk aktiv wurde und wieweit die Ansichten mit denen <strong>der</strong> betroffenen<br />
Bevölkerung konform gingen, kann in diesem Beitrag nicht beantwortet<br />
werden.<br />
Zumindest von Seiten <strong>der</strong> am Walchensee wohnenden Bevölkerung regte sich<br />
Unmut gegenüber den Bauplänen. Befürchtet wurde die Zerstörung des bis dato<br />
als harmonisch wahrgenommenen Landschaftsbildes und damit einhergehend<br />
wurden mögliche negative Konsequenzen für die Attraktivität <strong>der</strong> Region als touristisches<br />
Ausflugsziel vermutet. Die visuelle Erscheinungsweise des Sees wurde<br />
hierzu von Seiten <strong>der</strong> Betreiber als Gegenargument angebracht: Da <strong>der</strong> Walchensee<br />
nicht ganzjährig als Speicher genutzt werde, son<strong>der</strong>n ausschließlich in den Monaten<br />
November bis Mai, sei nur in dieser Zeit die Spiegelhöhe des Sees verän<strong>der</strong>t.<br />
Von Ende Mai bis Ende Oktober habe <strong>der</strong> See jedoch seine normale Spiegelhöhe<br />
und damit auch sein gewohntes Aussehen. Aus diesem Grund zeige „das Landschaftsbild<br />
[…] während dieser Zeit keine Verän<strong>der</strong>ung gegenüber jener vor dem<br />
Ausbau des Walchenseewerkes […]“ (Menge 1925, 92). Inwiefern die technische<br />
Anlage Konsequenzen einerseits für landschaftsästhetische Vorstellungen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
haben würde, und welche Verän<strong>der</strong>ungen sich an<strong>der</strong>erseits für den Lebensraum<br />
<strong>der</strong> Tier- und Pflanzenwelt, z.B. bei eventuellen großflächigeren Umstellungen<br />
<strong>der</strong> Flussläufe, ergäben, wurde hier nicht zur Diskussion gestellt. Eine<br />
Notwendigkeit <strong>der</strong> Problematisierung dieser Fragen hat offensichtlich – zumindest<br />
von Seiten <strong>der</strong> Behörden – nicht bestanden. Diese Auseinan<strong>der</strong>setzung um eine<br />
ästhetische Umgestaltung des gewohnten Landschaftsbildes blieb über mehrere<br />
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